Vorwurf Falschaussage
Anklage gegen Ex-Minister in Deutschland

Die Berliner Staatsanwaltschaft hat Anklage gegen den ehemaligen deutschen Verkehrsminister Andreas Scheuer wegen des Vorwurfs einer uneidlichen Falschaussage vor dem Untersuchungsausschuss des Bundestags zur gescheiterten Pkw-Maut erhoben.
Publiziert: 09:33 Uhr
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ARCHIV - Andreas Scheuer, CSU-Bundestagsabgeordneter und ehemaliger Bundesverkehrsminister, kommt am Rande der Sitzung des Bundestags zu einer Abstimmung. Foto: Kay Nietfeld/dpa/Archivbild
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Keystone-SDADie Schweizer Nachrichtenagentur

Mit angeklagt ist der ehemalige Staatssekretär Gerhard Schulz, wie ein Sprecher der Staatsanwaltschaft der Deutschen Presse-Agentur (dpa) sagte. Zuvor hatte die «Bild» berichtet.

Scheuer, ein ehemaliger Politiker der bayerischen christdemokratischen Partei CSU, hatte den seit 2022 juristisch verfolgten Vorwurf damals bestritten. Die Pkw-Maut - ein Prestigeprojekt der CSU in der damaligen deutschen Regierung von Kanzlerin Angela Merkel - war 2019 vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) als rechtswidrig gestoppt worden.

Der «Bild»-Zeitung sagte Scheuer jetzt: «Die Entscheidung, nun Anklage zu erheben, ist für mich nicht nachvollziehbar und macht mich betroffen. Die Motive und der Zeitpunkt für die Anklage sind mir unverständlich und erscheinen mehr politisch motiviert. Nach einer so langen Zeit der Untersuchung nutzt der Staatsanwalt genau das sogenannte mediale «Sommerloch» für die Anklageerhebung.» Für eine Anfrage der dpa war Scheuer zunächst nicht zu erreichen.

Ermittlungsverfahren 2022 eingeleitet

Die Staatsanwaltschaft in der deutschen Hauptstadt hatte im Mai 2022 wegen des Verdachts einer Falschaussage im Untersuchungsausschuss des Parlaments ein Ermittlungsverfahren gegen Scheuer sowie den früheren Verkehrsstaatssekretär Schulz eingeleitet. Es bestehe der Anfangsverdacht, dass Scheuer und Schulz bei einer Zeugenaussage «bewusst wahrheitswidrig» ausgesagt hätten, hiess es damals.

Wer vor Gericht oder vor einer anderen zur eidlichen Vernehmung von Zeugen oder Sachverständigen zuständigen Stelle als Zeuge oder Sachverständiger uneidlich falsch aussagt, wird laut deutschem Strafgesetzbuch mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft

Pkw-Maut war Prestigeprojekt der CSU

Konkret ging es darum, dass Scheuer im Oktober 2020 vor dem Untersuchungsausschuss gesagt hatte, nach seiner Erinnerung habe es kein Angebot des designierten Mautbetreiberkonsortiums gegeben, den Vertragsabschluss zur Pkw-Maut auf einen Zeitpunkt nach dem zu erwartenden Urteil des EuGH zu verschieben. Manager der eigentlich vorgesehenen Maut-Betreiberfirmen hatten im Ausschuss von einem solchen Angebot an Scheuer berichtet, dieser habe dies abgelehnt.

Der Untersuchungsausschuss befasste sich mit möglichen Fehlern Scheuers, der von März 2018 bis Dezember 2021 Verkehrsminister war. Die Opposition warf ihm schwere Fehler im Haushalts- und Vergaberecht zulasten der Steuerzahler vor. Er habe Verträge zur Pkw-Maut abgeschlossen, noch bevor Rechtssicherheit beim EuGH bestand. Scheuer bestritt die Vorwürfe stets.

Der deutsche Staat musste infolge des Maut-Debakels 243 Millionen Euro (etwa 229 Millionen Franken) Schadenersatz an die einst vorgesehenen Betreiber zahlen. Das ergab eine Verständigung nach einem Schiedsverfahren. Scheuer sagte im Mai 2022, er habe vor dem Untersuchungsausschuss wahrheitsgemäss ausgesagt: «Ich gehe fest davon aus, dass auch eine Überprüfung zu keinem anderen Ergebnis kommen wird.» Laut den damaligen Angaben der Staatsanwaltschaft lagen dem Ermittlungsverfahren mehrere Strafanzeigen von Privatpersonen zugrunde.

Scheuer legte im April 2024 sein Bundestagsmandat nieder. Er hat inzwischen eine Beratungsfirma gegründet.

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