Darum gehts
- Ukrainische Journalistin Victoria Roshchyna in russischer Haft zu Tode gefoltert
- Zeugenaussagen enthüllen grausame Haftbedingungen und Folter in russischen Gefängnissen
- 27-jährige Roshchyna starb nach acht Tagen im Gefängnis Kisel
Ihr fehlten Organe, sie starb unter mysteriösen Umständen und wurde gefoltert. Die Ukrainerin Victoria Roshchyna (†27) starb 2024 in einem russischen Gefängnis. Anfang April wurde ihre Leiche in die Ukraine überführt, wo zahlreiche Folterspuren am Körper der Journalistin gefunden wurden.
Die damals 26-jährige Roshchyna war im August 2023 verschwunden, nachdem sie für ihre journalistische Arbeit in die von Russland besetzten Teile Saporischschjas gereist war. Russland bestätigte ihre Inhaftierung im April 2024. Im September desselben Jahres starb sie in Haft unter ungeklärten Umständen. Nun kommen neue Details über die letzten Tage Roshchynas ans Licht.
Hunderte Kilometer nach Osten verlegt
Ein ukrainischer Soldat der ukrainischen Asow-Brigade wurde diesen Sommer freigelassen. Er hatte während seiner Gefangenschaft mehrfach Kontakt mit der Journalistin, wie «The Guardian» unter Berufung auf einen Bericht schreibt. Roshchyna sei kurz nach seiner Verlegung in das Gefängnis Sizo-3 in der Stadt Kisel (Nähe Uralgebirge) gestorben.
Im Gespräch mit Reportern des Rechercheprojekts «Viktoriia», einer Untersuchung von «The Guardian» und internationalen Medienpartnern zum Fall, sagte der Soldat Mykyta Semenov: «Roshchynas letzte Reise begann mit dem Zug und endete auf einem Lastwagen.»
«Sie hatte einen kleinen Kosmetikspiegel dabei»
Semenov und Roshchyna seien im gleichen Zug nach Kisel transportiert worden, erzählt der junge Mann. Die Reise habe am 9. September 2024 begonnen. Er habe sie erstmals gesehen, als sie den Korridor herunterlief, um auf die Toilette zu gehen. «Sie trug ein hellblaues Sommerkleid mit Blumenmuster. Dazu hatte sie sportliche Turnschuhe mit weissen Sohlen an. Und sie hatte einen kleinen Kosmetikspiegel dabei, den sie mit sich trug.»
«Sie haben sie in eine Mumie verwandelt»
Am 11. September 2024 seien sie mit dem Zug in Kisel angekommen. «Sie war sehr, sehr dünn. Kaum in der Lage zu stehen. Ich konnte sehen, dass sie einmal ein schönes Mädchen gewesen war, aber sie hatten sie in eine Mumie verwandelt: gelbe Haut, Haare, die aussahen, als wären sie nicht mehr lebendig.»
Die Bedingungen in Kisel seien grauenhaft gewesen. «Die Gefangenen mussten fragen, ob sie trinken oder auf die Toilette gehen dürfen. Sie mussten die meiste Zeit stehen», so Semenov. Regelmässig wurden sie für Prügel abgeholt. Nahrung gab es fast keine.
Der damalige Gefängnisleiter, ein Russe (39), wollte sich auf Anfrage von «The Guardian» nicht zu den Vorwürfen äussern.