Seine Sparwut schwächte den Wetterdienst und das Warnsystem
Ist Trump wirklich schuld an den Flut-Opfern in Texas?

Während der Todesflut von Texas fehlte es an wichtigem Katastrophen-Personal. Dies, nachdem Trump mehrere Hundert Stellen beim Wetterdienst gestrichen hatte. Hätten ohne diese Sparmassnahmen mehr Menschenleben gerettet werden können?
Publiziert: 15:15 Uhr
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Aktualisiert: 16:14 Uhr
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Bei Kerrville wurden ganze Landstriche überflutet.
Foto: IMAGO/Anadolu Agency

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Guido FelderAusland-Redaktor

Die Camper hatten im Schlaf keine Chance: Am Freitagmorgen um 5 Uhr liessen starke Regenfälle den Guadalupe River in Texas innert Kürze um bis zu acht Meter anschwellen. Die Sturzflut verschlang Wohnwagen, Häuser, Fahrzeuge und ganze Landstriche. Bisherige Bilanz der Naturkatastrophe: mindestens 82 Tote und 40 Vermisste – viele davon Urlauber, und viele davon Kinder.

Nach der Todesflut von Texas gerät US-Präsident Donald Trump (79) unter Druck. Denn im Rausche seiner Sparwut hatte er beim nationalen Wetterdienst (NWS) Hunderte von Stellen gestrichen, darunter auch in der von der Flut getroffenen Region. Trägt er eine Mitschuld an der hohen Opferzahl?

Jedenfalls war Trump gewarnt worden. Vor wenigen Wochen hatten fünf ehemalige Direktoren des NWS die Budgetkürzungen kritisiert und auf mögliche tödliche Folgen hingewiesen. Doch Trump liess dies kalt.

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Beim Camp Mystic in Hunt verbrachten viele Kinder ihre Ferien.
Foto: AFP

Massive Sparmassnahmen im Wetterdienst

Unter ihm sind beim NWS rund 600 Stellen durch Entlassungen oder Frühpensionierungen aufgehoben worden. Darunter befanden sich viele erfahrene Meteorologen und andere Wissenschaftler. Auch bei der nationalen Ozean- und Atmosphärenbehörde (NOAA) wurden bis zu 30 Prozent des Budgets und bis zu 18 Prozent des Personals eingespart. Das betraf unter anderem ein Labor, das an Technologien zur besseren Vorhersage von Sturzfluten arbeitet.

Wohl wegen der Sparmassnahmen fehlten zum Zeitpunkt der Flut in zwei NWS-Büros in Texas wichtige Mitarbeiter, die für die Kommunikation verantwortlich waren. So war in San Antonio laut Tom Fahy, Direktor der NWS-Gewerkschaft, ein wichtiger Angestellter in den Ruhestand geschickt worden, der als Bindeglied zwischen Meteorologen und Notfallmanagern diente.

Trump trägt zumindest eine gewisse Mitschuld. Der in Miami ansässige Meteorologe John Morals schrieb auf X, dass die Vakanzen in den Büros zwar keinen Einfluss auf den Warnprozess gehabt hätten, aber möglicherweise auf die Koordination der Hilfe. Für wie viele Menschen in Not deswegen die Hilfe zu spät kam, kann nicht beantwortet werden.

Zeitraffer zeigt rasend schnelle Sturzflut in Texas
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Über 70 Todesopfer in Texas:Zeitraffer zeigt rasend schnelle Sturzflut in Texas

Warnsysteme ungenügend

Für Philipp Adorf, USA-Experte an der Universität Bonn, ist es schwer zu beurteilen, inwieweit der Stellenabbau zur Katastrophe beigetragen hat. Die Hauptverantwortung sieht er eher bei den lokalen Behörden. «Der nationale Wetterdienst hatte bereits mehrere Stunden vor der Katastrophe Warnungen herausgegeben, in einem betroffenen Landkreis sogar schon zwölf Stunden zuvor.»

Kommt dazu, dass es in den betroffenen Gebieten schon vor Jahren – also vor Trump – Pläne für ein besseres Warnsystem gegeben hatte. So hätten örtliche Behörden darüber diskutiert, Sirenen und Pegelanzeigen zu installieren. Aus Kostengründen sei dies aber verworfen worden, schreibt die «New York Times». Stattdessen seien die Menschen nun über Textnachrichten gewarnt worden, die für einige zu spät gekommen oder übersehen worden seien.

Trump selber ist sich keiner Schuld bewusst. Zur Frage eines Reporters, ob die Sparmassnahmen mitverantwortlich seien, antwortete Trump ausweichend: «Ich kann Sie nicht hören», und widmete sich der nächsten Frage. Für das mangelhafte Warnsystem macht er seinen Vorgänger Joe Biden verantwortlich.

Seine Sprecherin Abigail Jackson doppelte nach. Sie bezeichnete die Kritik an den Finanzierungskürzungen als «beschämend und abstossend» und warf den Kritikern vor, eine Katastrophe politisieren zu wollen.

Gefahr auch beim Fliegen?

Adorf schliesst nicht aus, dass Trumps Sparmassnahmen gefährliche Folgen haben könnten. Auch in andern Bereichen, etwa im Flugverkehr. Adorf: «Viele Fluglotsen arbeiten an der Belastungsgrenze, was beträchtliche sicherheitsrelevante Folgen haben kann.» Auch der Abbau von Umweltstandards könne massgeblichen Einfluss haben, so etwa auf die Gesundheit der Bevölkerung – und das vor allem in Staaten, die unter republikanischer Kontrolle stünden. 

Für Texas ist die Flutkatastrophe noch nicht ausgestanden. Meteorologen warnen vor weiteren Regenfällen und Überschwemmungen. Doch trotz angesagter Wetterkatastrophen: Trump bleibt bei seinem Sparkurs. Von einer Wiederaufstockung der abgebauten Stellen will er nichts wissen.

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