Sie ist die erste Frau an der Spitze der japanischen Regierung. Am Dienstag wurde die Politikerin Sanae Takaichi (64) zur neuen Ministerpräsidentin ernannt. Wer ist die Frau? Und wofür steht sie?
Sanae Takaichi kommt nicht aus einer elitären Familie, so wie andere führende Politiker ihrer Partei. Sie wuchs in eher bescheidenen Verhältnissen auf.
Takaichi zog 1993 ins Parlament ein
Ihre Mutter war Polizistin, ihr Vater arbeitete für ein Unternehmen in der Automobilbranche. In ihrer Jugend spielte Takaichi Schlagzeug in einer Heavy-Metal-Band.
Ihre politische Karriere begann sie Ende der 1980er-Jahre in den USA nach ihrem Studium an der wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Universität Kobe.
1992, zurück in Japan, unterlag Takaichi dem offiziellen Kandidaten der Liberaldemokratischen Partei (LDP) bei der Oberhauswahl.
Ein Jahr später zog sie erstmals ins Parlament ein, nachdem sie sich bei der Unterhauswahl in Nara gegen sieben andere Kandidaten durchgesetzt hatte.
Nationalistische Hardlinerin
Takaichi nennt Margaret Thatcher (1925–2013) ihr Vorbild. Thatcher war ihrerseits erste Premierministerin Grossbritanniens. Die japanische Politikerin bezeichnet sie als Quelle der Inspiration – insbesondere wegen ihres Charakters und ihrer Überzeugungen.
Die Chefin der regierenden LDP wurde vom Parlament zur ersten Ministerpräsidentin Japans ernannt. Die 64-Jährige war vor ihrer Wahl Ministerin für wirtschaftliche Sicherheit. Sie positionierte sich zuletzt als nationalistische Hardlinerin, deren politische Schwerpunkte bei Wirtschaft und Verteidigung liegen.
Mit der Unterzeichnung eines Koalitionsvertrags mit der rechtsgerichteten Oppositionspartei JIP hatte Takaichi am Montag den Weg freigemacht für ihre Wahl zur Regierungschefin.
Fokus auf Einwanderung und Tourismus
An der Spitze einer Minderheitsregierung stehen ihr einige Herausforderungen bevor: Zuletzt hatten sich aufgrund der Inflation im Land und eines Bestechungsskandals innerhalb der LDP zahlreiche Wählerinnen und Wähler von der Partei abgewandt.
Um die Stimmen zurückzugewinnen, vertrat Takaichi im Wahlkampf eine harte Haltung gegenüber Einwanderung und ausländischen Touristen.
Takaichi wird vom konservativen Flügel der LDP unterstützt – insbesondere von Anhängerinnen und Anhängern des im Juli 2022 ermordeten ehemaligen Ministerpräsidenten Shinzo Abe.
Sie werde die Wirtschaft stärken und «Japan zu einem Land umgestalten, das Verantwortung für künftige Generationen übernehmen kann», erklärte Takaichi am Vortag der Wahl.
Konservative Haltung bei Geschlechterrollen
Obwohl Takaichis Wahl als erste Ministerpräsidentin in der Geschichte Japans «einen Fortschritt für die Beteiligung von Frauen in der Politik» darstelle, habe sie bislang wenig Neigung gezeigt, patriarchale Normen zu bekämpfen, sagte der Politikwissenschaftler Sadafumi Kawato der Nachrichtenagentur AFP.
Mit ihren Ansichten zum Thema Geschlechterrollen stehe Takaichi rechts von der ohnehin schon konservativen LDP.
So lehnt sie eine Revision eines Gesetzes aus dem 19. Jahrhundert ab, wonach Ehepaare denselben Nachnamen tragen müssen. In den meisten Fällen führt diese Regel dazu, dass Frauen den Namen ihres Mannes annehmen.
Nur zwei Frauen im eigenen Kabinett
Takaichi selbst war zweimal mit demselben Mann verheiratet, einem ehemaligen Parlamentsabgeordneten. In ihrer ersten Ehe nahm sie seinen Namen an, in der zweiten Ehe übernahm er ihren.
In ihrer Wahlkampfrede versprach die Politikerin eine Erhöhung des Frauenanteils im Kabinett auf «nordisches Niveau». Nach ihrer Wahl berief sie jedoch lediglich zwei Frauen in ihr 19-köpfiges Kabinett.
Japan belegte im Gender-Gap-Bericht des Weltwirtschaftsforums 2025 Platz 118 von 148, vor allem wegen der Unterrepräsentation von Frauen in der Regierung. Island, Finnland und Norwegen belegen dabei die ersten drei Plätze.