Sie hatten ihre Anschläge bereits geprobt! Ermittlern ist es rechtzeitig gelungen, drei mutmassliche Attentäter in Deutschland und in der Schweiz zu stoppen. Das Trio hatte offenbar in russischem Auftrag Anschläge mit Paketbomben vorbereitet.
Die Aktion beweist: Putins Handlanger leben mitten unter uns. In mehreren europäischen Ländern haben sie schon zugeschlagen. Doch das dürfte laut Experten erst der Anfang sein.
Wie die deutsche Bundesanwaltschaft am Mittwoch mitteilte, erfolgten die Zugriffe in Konstanz, Köln und im Kanton Thurgau, wo einer der drei gemäss Blick-Informationen aus einer Flüchtlingsunterkunft operierte. Die Beschuldigten hatten zum Test bereits Pakete mit GPS-Trackern verschickt, um die Transportwege auszukundschaften.
Den drei Männern – es handelt sich laut der Bundesanwaltschaft um die Ukrainer Vladyslav T., Daniil B. und Yevhen B. – wird «Agententätigkeit zu Sabotagezwecken» vorgeworfen. Sie hätten sich gegenüber «im Auftrag russischer staatlichen Stellen handelnden Personen» bereiterklärt, Brand- und Sprengstoffanschläge auf den Gütertransport in Deutschland zu begehen.
Den Taurus im Visier
Für Ralph D. Thiele, deutscher Sicherheitsexperte und Autor des Buches «Hybride Kriegsführung, Zukunft und Technologien», gehören die nun verhinderten Anschläge zum Muster der hybriden Kriegsführung der Russen. Sabotageaktionen auf Transportmittel, so wie es die Verhafteten offenbar planten, hätten zwei Ziele: Einerseits wolle der Kreml damit den Politbetrieb der neuen deutschen Regierung stören. Andererseits wolle er damit beweisen, dass er Lieferketten und Transportwege unterbrechen könne. Thiele: «Bekanntlich ist der neue Kanzler ja dafür offen, der Ukraine den Marschflugkörper Taurus zu liefern.»
Laut Geheimdienstexperte Adrian Hänni vom Institut für Zeitgeschichte München könnte es sich bei den Verhafteten um sogenannte «Wegwerf-Agenten» handeln. «Das sind vor allem junge Männer in Europa, die von russischen Geheimdienstmitarbeitern auf digitalen Plattformen rekrutiert werden. Sie verfügen über keinerlei Spionageausbildung und sind in der Regel durch Geld motiviert.» Die Bezahlung der Wegwerfagenten erfolge meist mittels Krypto-Währungen.
Die Wegwerf-Agenten würden häufig über Telegram instruiert. Hänni: «Die Aufträge können sehr unterschiedlich sein – sie reichen von Spionage über Propaganda zu Sabotage – und von banalen Aufgaben wie dem Anbringen von Propaganda-Nachrichten im öffentlichen Raum bis zu Brand- und Sprengstoffanschlägen.»
Auch die Schweiz gefährdet
Im Jahr 2023 und 2024 kam es in mehreren europäischen Ländern zu mutmasslichen Sabotageakten, die von russischen Geheimdiensten geplant wurden und sich gegen kritische Infrastruktur, Logistikzentren und Unternehmen mit Verbindungen zur Ukraine richteten. Dazu zählen Brandanschläge auf die Rüstungsfirma Diehl in Berlin, ein Lagerhaus in London sowie Angriffe auf Güterzüge in Schweden und Störungen im Luftverkehr.
Selbst die Schweiz könnte zum Ziel werden. Im Vorfeld der Bürgenstock-Konferenz Mitte Juni 2024 konnte ein mutmasslicher russischer Agent gestoppt werden, der offenbar versucht hatte, Waffen und Stoffe für Anschläge zu beschaffen. Thiele: «Die Schweiz steht zwar nicht im Zentrum, ist aber gefährdet, weil sie die Ukraine finanziell unterstützt und weil ein Teil der internationalen Finanzierung über die Schweiz läuft.»
Thiele betrachtet die hybride Kriegsführung, zu der nebst Sabotagen auch Cyberangriffe und Propaganda zählen, im globalen Kampf als zentrales Element der Zukunft – gerade auch in Verbindung mit Künstlicher Intelligenz und Drohnen. Thiele sagt: «Was wir gerade erleben, ist nur das Anfangsstadium.»