Russischer Ex-Top-Politiker wettert gegen Putin
«Ihr habt alles verkackt»

Russlands ehemaliger stellvertretender Ministerpräsident kann nicht fassen, was in der Ukraine passiert. Für ihn ist klar: Die «Spezialoperation» war ein fataler Fehler, der sein Land zugrunde richten wird.
Publiziert: 14.03.2023 um 17:11 Uhr
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Aktualisiert: 14.03.2023 um 19:50 Uhr
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Der ehemalige stellvertretende Ministerpräsident Alfred Koch ist entsetzt darüber, was die russische Politik dem Land mit seinen Verbrechen in der Ukraine antut.
Foto: imago/Müller-Stauffenberg
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Jenny WagnerRedaktorin News

Die Front zwischen der Ukraine und Russland bewegt sich kaum. Und jeden Tag verlieren beim Stellungskrieg viele Soldaten ihr Leben. Für Alfred Koch (62), der bis 1997 als stellvertretender Ministerpräsident an Boris Jelzins (1931–2007) Seite stand, ist klar: Der Krieg war ein grosser Fehler. «Russland, Russland. Was habt ihr euch angetan. Mein Gott», schreibt er in einem Post auf Telegram entsetzt. Und er findet drastische Worte: «Ihr habt alles verkackt.»

Koch war Teil der russischen Regierung, bevor Wladimir Putin (70) an die Macht kam. Mittlerweile erkennt er sein Land nicht mehr wieder. Was Putins Soldaten in der Ukraine getan hätten, sei schrecklich. «Es gibt kein Verbrechen, das sie nicht schon begangen haben.» Dadurch wurde der Ruf von Russland für immer zerstört.

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Koch zeigt auf, dass die Russen keine echten Erfolge aufweisen können. Die eroberten Dörfer würden niemanden beeindrucken. Zurückbleiben würden nur Ruinen, die zeigen, wie schlimm die Kämpfe waren.

«Der Krieg wird weitergehen, bis sie von dort verschwinden»

Koch beschreibt, welch fataler Fehler es war, die Regionen wie Luhansk oder Saporischschja im Donbass zu annektieren. «Sie müssen unter grossen Verlusten verteidigt werden, denn niemand in der Welt erkennt ihr Recht auf diese Gebiete an, und man hat ihnen klar gesagt, dass der Krieg so lange weitergehen wird, bis sie von dort verschwunden sind.»

Das Ausmass der Katastrophe werde den Bürgern erst später bewusst. «Wie werdet ihr, meine ehemaligen Mitbürger, die Last all eurer Verbrechen tragen?», fragt er sich.

Aus Rache, aus dem Wunsch nach der Expansion, habe Russland sein ganzes Vermögen verschwendet. Koch prangert an: «Euer Leben, das Leben eurer Kinder. Den Respekt der übrigen Welt. Eure Zukunft.»

«Russland ist ein kleines, mittelmässig entwickeltes Land»

Koch verbrachte 45 Jahre in Russland und erklärt, dass er das Land und die Menschen dort noch immer liebt. Gerade deshalb schmerze es ihn, zuzusehen, wie das Land zugrunde geht.

Putin beschreibt Russland noch immer als aufsteigende Weltmacht – weswegen sich der Westen gegen es verschworen haben soll. Und viele glauben es. Laut Koch sind die grossen Zeiten Russlands als vorbei. «Russland ist ein kleines, mittelmässig entwickeltes Land mit schlechter Infrastruktur und einer archaischen Wirtschaft.» Denn Russen seien meist schlecht ausgebildet und hätten wenige Qualifikationen. Das sei der Grund, weshalb der «Propagandazauber» des Kremls noch immer funktioniert.

Seit 2015 lebt Koch in Deutschland und erhielt auch die deutsche Staatsbürgerschaft. Nach der Annexion der Krim kritisierte Koch immer wieder öffentlich und in sozialen Medien die russischen Behörden. Auf seinem Telegramkanal postet er täglich ein Update über seine Gedanken zum Krieg. Am 380. Tag nach dem Einmarsch sind seine Worte klarer denn je: «Das Leben einer ganzen Generation von Russen wurde die Toilette hinuntergespült!»

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