Darum gehts
- Air-India-Maschine mit 242 Menschen an Bord in Indien abgestürzt
- Experte nennt mehrere mögliche Ursachen
- Eine Person wurde lebend geborgen, Flugzeug war vollgetankt
Aviatikexperte Hansjörg Egger (73) hat schon viele Videos von Flugzeugabstürzen gesehen. Doch was am Donnerstag in Ahmedabad im Westen Indiens passierte, macht auch den ehemaligen Angehörigen der Schweizer Luftwaffe fassungslos. «Heftig», «unglaublich» und «rätselhaft» sei dieser Absturz einer Air-India-Maschine mit 242 Menschen an Bord.
«Die Maschine kommt kontrolliert auf dem Boden auf und nicht im Sturzflug», beschreibt Egger den Aufprall. Einen Pilotenfehler schliesst der Experte daher aus. «Wir befinden uns in Bodennähe. Ich halte einen Vogelschlag oder ein Triebwerksausfall für wahrscheinlich», sagt er zu Blick. «Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Piloten ein Abenteuer eingegangen sind.» Egger hat aber noch eine weitere Theorie.
Vorfall in Indien erinnert an Concorde-Unglück
«Auf der Piste könnten Teile von anderen Flugzeugen gelegen haben», glaubt der Luftfahrtfotograf. «In Indien fliegen im Inland allerhand Flugzeuge herum, die bei uns gar nicht zugelassen werden», schiebt er nach. Ihn erinnert der Vorfall an den Air-France-Flug 4590. Am 25. Juli 2000 war eine vollbesetzte Concorde kurz nach dem Start in der Nähe des Flughafens Paris-Charles de Gaulle verunglückt. Alle 109 Insassen sowie vier Personen am Boden kamen ums Leben.
An der Titanlegierung eines anderen Flugzeugs hatte sich ein Blechstreifen gelöst. Das Teil schnitt bei 324 km/h einen Reifen des linken Hauptfahrwerks der Concorde auf, woraufhin dieser platzte. Ein knapp 4,5 Kilogramm schweres Stück eines Reifens prallte im Anschluss mit einer Geschwindigkeit von etwa 500 km/h gegen die Flügelunterseite und beschädigte das Fahrwerk. Es bildete sich ein Riss in einem der Kerosintanks, woraufhin das Flugzeug zu brennen begann und zwei Minuten nach Beginn des Starts in der Nähe des Flughafens aufschlug.
Experte glaubt nicht an Pilotenfehler
Der Passagierjet von Air India war am Donnerstag ebenfalls kurz nach dem Start abgestürzt. Eine entscheidende Phase, wie der Zivilluftfahrtexperte deutlich macht. «Die meisten Unfälle passieren bei Start und Landung.»
Ersten Berichten zufolge war das Fahrwerk zum Zeitpunkt des Unglücks noch ausgefahren. Gleichzeitig scheinen die Landeklappen bereits eingefahren gewesen zu sein – ein möglicher Hinweis auf einen schwerwiegenden Bedienungsfehler im Cockpit, wie der «Spiegel» schreibt. Erste Spekulationen deuten auf eine Verwechslung der Hebel für Fahrwerk und Klappen hin. Also doch ein Pilotenfehler? Ob dies tatsächlich der Fall war, müssen die Auswertungen der Flugschreiber zeigen.
«Dann reisst es das Flugzeug auseinander»
Eine Person wurde bislang lebend geborgen. «Ein Wunder», wie Egger sagt. Die Hoffnung, dass es viele Überlebende gibt, hat er nicht. «Die Maschine war vollgetankt. Das Feuer nach dem Aufprall ist für die Überlebenden eine tödliche Gefahr», erläutert er. Dabei spielt auch der Absturzort eine Ursache.
«Auf einer Wiese bekommt man eine kontrollierte Landung besser hin. Wenn ein Flugzeug in ein Wohngebiet stürzt, wird es ungünstig», erläutert der Fachmann. Auch im Wald sei es heikel. «Dann reisst es das Flugzeug auseinander.»
Angst, in ein Flugzeug zu steigen, muss man laut dem Experten aber nicht haben. «Das Flugzeug ist eines der sichersten Verkehrsmittel der Welt. Es gibt keinen Grund, nicht in ein Flugzeug zu steigen», beruhigt er. So sei es beispielsweise viel gefährlicher, mit einem E-Bike unterwegs zu sein.