Darum gehts
Russland greift die Ukraine unvermindert an
Gleichzeit häufen sich Nato-Luftraumverletzungen
Experten sind sich sicher: Putin testet das Bündnis
Trump geht auf Distanz zu Putin
Putin droht mit Angriff auf ukrainische AKWs
Von Marian Nadler, Redaktor am Newsdesk
Seit mehr als einer Woche wird das grösste Kernkraftwerk Europas in Saporischschja nur mithilfe von Stromgeneratoren betrieben. Zudem hatte die Schutzhülle, die beim ehemaligen AKW in Tschernobyl den Austritt von Radioaktivität um einen Reaktorblock verhindert, nach einem russischen Angriff zeitweise keinen Strom.
Die Kampfhandlungen rund um die Atomkraftwerke ist ein Risiko. Und beide Seiten scheinen keine Anstalten zu machen, mit dem gegenseitigen Beschuss rund um die Reaktoren aufhören zu wollen.
Am Donnerstag drohte der Kremlchef mit Schlägen gegen ukrainische Kernkraftwerke, wenn die Ukraine nicht ihre angeblichen Attacken gegen das russisch besetzte AKW Saporischschja einstellt. Die Ukraine wirft wiederum Moskau vor, mit Angriffen die nukleare Sicherheit zu gefährden.
Putin warf der ukrainischen Armee jetzt vor, zwar nicht das AKW direkt, aber dessen Umfeld mit Artillerie zu beschiessen. So sei die letzte Hochspannungsleitung zum Kernkraftwerk Saporischschja zerstört worden, das derzeit nur noch mit Strom aus Dieselgeneratoren gekühlt werde.
«Das ist ein gefährliches Spiel», sagte Putin in Sotschi beim politischen Diskussionsklub Waldai. Die Ukrainer sollten an ihre anderen Kernkraftwerke denken. «Was hindert uns daran, symmetrisch zu reagieren?», fragte der Kremlchef. Vorwürfe der Kiewer Seite, Russland beschiesse selbst das von ihm besetzte AKW Saporischschja, seien Unsinn.
Die Notlage ohne Strom in Saporischschja, der grössten Atomanlage Europas, dauert schon seit dem 23. September an. Die Internationale Atomenergiebehörde IAEA ist besorgt.
Was passiert, wenn die Dieselreserven in den Generatoren knapp werden? Die Antwort liest du hier.
Wie die Ukraine die russische Sommeroffensive zum Scheitern brachte
Von Guido Felder, Auslandredaktor
Ich muss zugeben: Es gab Momente, in denen ich skeptisch war, dass die Ukraine sich im Krieg weiterhin gegen die Russen behaupten könnte. Auch nachdem die Russen eine Sommeroffensive begonnen und das Land unter Dauerbeschuss genommen hatten, sah es für die Ukraine schlecht aus.
Doch die Bilanz dieser Sommeroffensive zeigt: Den Russen ist es weder gelungen, die Fronten in grösserem Masse zu knacken, noch die Moral der Ukrainer zu brechen. Da nützten auch die neuen thermischen Tarnanzüge nichts.
Militärexperten bezeichnen die Sommeroffensive der Russen als gescheitert. Ja, das Blatt könnte sich sogar wenden, wie wir in unserem Artikel «Wie die Ukraine den russischen Durchmarsch zum Scheitern brachte» schreiben.
USA liefern Ukraine Informationen für Angriffe auf Ziele in Russland
Von Sandra Marschner, Redaktorin am Newsdesk
Im modernen Krieg sind Geheimdienstinformationen oft entscheidender als Waffen. Wer weiss, wo der Feind schwach ist, kann gezielt zuschlagen. Jetzt will Donald Trump diese Macht der Ukraine zugänglich machen – mit weitreichenden Folgen.
Laut dem «Wall Street Journal» hat US-Präsident Donald Trump (79) den Geheimdiensten und dem Pentagon die Erlaubnis erteilt, der Ukraine künftig Daten für Angriffe auf Ziele in Russland zu liefern.
Bisher teilten die USA zwar Informationen, aber vor allem zur Verteidigung gegen russische Attacken. Nun soll Kiew auch präzise Aufklärungsdaten erhalten, um eigene Offensiven tief in russischem Gebiet zu planen – inklusive möglicher Ziele wie Raffinerien, Pipelines und Kraftwerke. Die USA wollen laut dem Bericht zudem Nato-Partner bitten, sich dieser Unterstützung anzuschliessen.
Parallel prüft Washington, ob die Ukraine zusätzlich Tomahawk-Langstreckenraketen bekommt. Diese könnten bis zu 2500 Kilometer weit fliegen – damit wäre sogar Moskau in Reichweite. Wie die Raketen funktionieren, hat meine Kollegin Janine Enderli hier erklärt. Eine endgültige Entscheidung über die Waffenlieferungen ist noch nicht gefallen, doch die strategische Wende ist klar erkennbar.
Nach russichem Angriff: Schutzhülle über Tschernobyl ohne Strom
Von Daniel Macher, Redaktor am Newsdesk
Nach den besorgniserregenden Nachrichten rund um das AKW Saporischschja meldete das ukrainische Energieministerium ebenfalls Probleme beim ehemaligen AKW Tschernobyl. An der Schutzhülle um den zerstörten Reaktorblock des Kernkraftwerks war nach Kiewer Regierungsangaben wegen eines russischen Luftangriffs der Strom ausgefallen. Fachleute arbeiteten daran, die Versorgung wiederherzustellen, teilte das Ministerium auf Telegram mit.
Dann die Entwarnung: Nach dem dreistündigen Ausfall konnte die Stromversorgung wiederhergestellt werden, gab die ukrainische Energieministerin Svitlana Hrynchuk am späten Mittwochabend auf der Plattform Telegram bekannt.
Der russische Angriff hatte ein Umspannwerk in der Stadt Slawutytsch getroffen, die knapp 50 Kilometer vom früheren AKW Tschernobyl entfernt liegt. Auch in der Kleinstadt, in der früher die Bedienungsmannschaften des Werks lebten, fiel der Strom aus.
In Tschernobyl ereignete sich 1986 das schwerste Unglück in der Geschichte der Atomkraft. Die Reste eines explodierten Reaktorblocks sind seit 2019 mit einer 100 Meter hohen Schutzhülle ummantelt. Zum Betrieb dieser Anlage, unter anderem der Lüftung, ist Strom notwendig. Im Februar 2025 beschädigte eine russische Drohne den doppelwandigen sogenannten Sarkophag.
IAEA: Treibstoff für Stromgeneratoren reicht nur noch für zehn Tage
Von Daniel Macher, Redaktor am Newsdesk
Noch genau für zehn Tage soll der Treibstoff für die Generatoren reichen, die das Kernkraftwerk Saporischschja derzeit mit Strom versorgen, nachdem dieser erneut ausgefallen war. «Europas grösstes Atomkraftwerk hat jetzt seit mehr als einer Woche keinen Strom von aussen, was mit Abstand der längste Fall in mehr als dreieinhalb Jahren Krieg ist», erklärte IAEA-Generaldirektor Rafael Grossi in Wien. Er sei mit Russland wie der Ukraine in Kontakt, um die Stromversorgung wiederherzustellen.
Obwohl die sechs Reaktoren des AKW abgeschaltet sind, brauchen sie weiter Strom, um die Kühlung in Gang zu halten. Derzeit werde die Kühlung durch acht Dieselgeneratoren sichergestellt, sagte Grossi. «Es gibt keine unmittelbare Gefahr, solange sie arbeiten, aber es ist eindeutig kein Dauerzustand mit Blick auf die nukleare Sicherheit», erklärte er. Der Dieselvorrat reiche nach Angaben der von Moskau eingesetzten Werksleitung noch für etwa zehn Tage.
Die Folgen wären verheerend: Wenn die Dieselgeneratoren ausfallen und es keine externe Stromquelle gibt, kommt es in kurzer Zeit zu einer «station blackout»-Krise.Ohne Notmassnahmen würde dies mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einer Kernschmelze und möglicherweise auch zu einer Freisetzung radioaktiver Stoffe führen – mit schwerwiegenden regionalen bis internationalen Folgen: weite Teile der Süd- und Ostukraine könnten verseucht werden. Abhängig von Wind und Wetter wären auch Nachbarländer in Europa betroffen.
Ganze Regionen könnten für Jahrzehnte unbewohnbar werden. Hunderttausende Menschen müssten evakuiert werden. Die Folge wären sonst akute Strahlenschäden und ein stark erhöhtes Krebsrisiko.
Selenski warnt vor Katastrophe: «Das ist noch nie passiert»
Marian Nadler, Redaktor am Newsdesk
Die Nuklearkatastrophe von Tschernobyl 1986 gilt als schlimmste nukleare Katastrophe der Geschichte. Seit dem Ereignis steht mit Prypjat eine ganze Stadt still, wie dieses Video zeigt. Bis heute darf man in bestimmten Teilen Europas wegen der radioaktiven Belastung keine Pilze aus dem Wald verzehren, so lange hallt dieses Geschehnis nach.
Warum schreibe ich das hier? Weil das ehemalige Kernkraftwerk Tschernobyl auf dem Gebiet der heutigen Ukraine liegt. Erst musste der zerstörte Reaktorblock 4 des AKW mit einem riesigen Betonsarkophag umhüllt werden, um die Freisetzung von Radioaktivität zu begrenzen. Heute sichert ein riesiger, mobiler Stahlbogen den alten, mittlerweile brüchigen Sarkophag. Denn Tschernobyl strahlt noch immer.
Gleichzeitig tobt im Land, in dem das frühere Kernkraftwerk liegt, heute ein Krieg. Und nun könnte es zu einer neuen Katastrophe kommen, warnt der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski (47). Er bezieht sich allerdings auf das grösste Kernkraftwerk Europas – jenes in Saporischschja.
«Es ist nun schon der siebte Tag – und das ist noch nie passiert –, an dem sich im Kernkraftwerk Saporischschja eine Notsituation befindet. Wegen russischen Artilleriebeschusses ist das Kraftwerk vom Stromnetz getrennt und wird nun von Dieselgeneratoren mit Strom versorgt», berichtet er und nennt diese Situation «aussergewöhnlich». «Die Generatoren und das Kraftwerk waren nicht dafür ausgelegt und wurden nie lange in diesem Modus betrieben. Uns liegen bereits Informationen vor, dass ein Generator ausgefallen ist», schildert Selenski weiter.
Er wirft den Russen vor, durch ihren Beschuss, die Reparatur der Stromleitungen, die zum Kraftwerk führen und die Wiederherstellung der grundlegenden Sicherheit zu verhindern. «Dies ist eine Bedrohung für alle», glaubt Selenski. Kein Terrorist der Welt habe es je gewagt, einem Atomkraftwerk das anzutun, was Russland tue, so Selenski.
Das AKW Saporischschja wurde kurz nach Kriegsbeginn 2022 von russischen Truppen besetzt. Wegen der anhaltenden Kämpfe und dem Auslaufen des für die Kühlung genutzten Stausees musste die Anlage im vergangenen Jahr heruntergefahren werden. Beobachter der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) sollen im Kraftwerk für die Sicherheit der Anlage sorgen. IAEA-Chef Rafael Grossi hat mehrfach mit beiden Kriegsparteien verhandelt, um die Lage am AKW zu deeskalieren.
Nach einem schnellen Ende des Ukraine-Kriegs sieht es aktuell nicht aus. Sollte es im Kernkraftwerk Saporischschja aber zu einem gravierenden Problem kommen, wären beide Seiten davon bedroht – und müssten wohl oder übel zusammenarbeiten.
Ukraine schiesst russischen Helikopter mit Drohne ab
Von Angela Rosser, Redaktorin am Newsdesk
Der Chef der ukrainischen Drohnentruppe, Robert Browdi, teilte auf Telegram mit, dass das ukrainische Militär einen russischen Helikopter abgeschossen habe. Es habe sich dabei um einen Mi-8-Helikopter gehandelt, heisst es weiter.
Bilder und Videos auf X zeigen den Absturz des Helikopters.
Nach Angaben der 59. Brigade erfolgte der Abschuss im Bereich der Ortschaft Kotljariwka im ostukrainischen Gebiet Donezk. Mehrzweckhelikopter des sowjetischen Typs Mi-8 werden seit den 1960er Jahren produziert.
Die Frontlinie verläuft nur wenige Hundert Meter von dem Dorf entfernt. Eingesetzt worden sei dabei eine ferngesteuerte Kamikaze-Drohne des US-amerikanischen Typs «Shrike». Deren Herstellung kostet nach Medienberichten nur wenige Hundert US-Dollar.
In einigen Beiträgen auf X heisst es, dass der Helikopter eine Notlandung durchgeführt habe und die Menschen an Bord überlebt hätten. Andere wiederum schreiben, dass die gesamte Crew ums Leben gekommen sei. Welche der Aussagen stimmt, liess sich noch nicht unabhängig prüfen.
Blackout in russischer Grossstadt Belgorod
Von Janine Enderli, Redaktorin am Newsdesk
Tausende Häuser ohne Strom, Menschen stecken in Fahrstühlen fest oder sitzen zu Hause im Dunkeln. Das erste Mal seit Kriegsbeginn erlebt die russische Stadt Belgorod einen flächendeckenden Stromausfall. Der Grund: ein ukrainischer Angriff.
Augenzeugen berichten auf X, dass eine Rakete in ein Heizkraftwerk einschlug. Videos zeigen schwere Explosionen und eine Rauchwolke.
Gebietsgouverneur Gladkow spricht von «bedeutsamen» Stromausfällen, mehreren Verletzten und weiter bestehendem Luftalarm. Kliniken arbeiten mit Notstromaggregaten, Strassen sind nur noch durch Auto-Scheinwerfer erhellt.
In den vergangenen Monaten versucht die Ukraine in ihrem Abwehrkampf gegen Russland gezielt kritische Infrastruktur und Militärlogistik anzugreifen. In dem über dreieinhalb Jahre andauernden Krieg setzten russische Angriffe auf Energieinfrastruktur ukrainische Grossstädte regelmässig ausser Gefecht.
Am Sonntagmorgen erschütterte ein russischer Grossangriff mit 500 Drohnen das Land. Es war der grösste Angriff der letzten Tage.
Sie können Moskau treffen: Trump-Regierung erwägt Lieferung von Tomahawk-Raketen
Von Janine Enderli, Redaktorin am Newsdesk
Die Entscheide und Aussagen der Trump-Regierung sorgen praktisch täglich für Aufregung. Es gehört zum Politikstil des US-Präsidenten dazu, Bevölkerung und Medien mit kurzen Botschaften zu versorgen, die es in sich haben. Doch die neuste Aussage von US-Vizepräsident J. D. Vance ist besonders brisant.
Laut dem 40-Jährigen erwägen die USA erstmals die Lieferung von Tomahawk-Raketen an die Nato – mit dem Ziel, sie anschliessend an die Ukraine weiterzugeben. «Sie stellen diese Frage nach den Tomahawks», so Vance im Interview mit Fox News. «Es ist etwas worüber der Präsident die finale Entscheidung treffen wird», erklärte er und ergänzte: «Wir haben Gespräche in diesen Minuten über dieses Thema.»
Zur Erinnerung: Mitte Juli haben sich die Nato und US-Präsident Trump geeinigt, der Ukraine gemeinsam zu helfen. Die USA verkaufen Waffen an die Nato, diese reichen sie der Ukraine weiter. Die detaillierte Entscheidung kannst du hier nachlesen.
Vance zeigte sich im Interview zudem enttäuscht darüber, dass Russland bisher kein Interesse daran habe an Friedensverhandlungen. Dies sei der Grund für die Tomahawk-Überlegung.
Die Tomahawk-Marschflugkörper haben eine Reichweite von bis zu 2500 Kilometer und könnte theoretisch Moskau erreichen. Im Kampf gegen Russland wären sie also eine gewaltige Stärkung für die Ukraine. Wofür die Raketen genau entwickelt wurden, erfährst du hier.
Tote und Verletzte nach russischen Angriffen in Kiew
Von Daniel Macher, Redaktor am Newsdesk
Während sich die Augen des Westens derzeit in erster Linie auf seine Grenze zu Russland richtet, deren Sicherheit durch die ständigen Luftraumverletzungen vonseiten Russlands gefährdet ist, geht der Angriff auf die Ukraine unvermindert weiter. So stellt sich die Frage, ob Kreml-Chef Wladimir Putin mit seiner Taktik die Nato-Staaten nicht nur verunsichert und auf ihre Verteidigungsfähigkeit testen will, sondern gleichzeitig vom eigentlichen Brandherd ablenkt. Denn in der Ukraine herrscht nach wie vor Krieg, wie uns aktuelle Berichte aus Kiew zeigen.
In der Nacht auf Sonntag hat das russische Militär die ukrainische Hauptstadt massiv angegriffen. Bei den Drohnen- und Raketenangriffen sind nach Behördenangaben mindestens vier Menschen getötet worden. Unter den Todesopfern sei ein zwölfjähriges Mädchen, das laut Behörden von einer Betonplatte erschlagen wurde. Zuvor hatte Kiews Bürgermeister Vitali Klitschko von fünf Verletzten gesprochen. Ein fünfstöckiges Wohnhaus sei in Teilen zerstört worden, auch andere Gebäude und Autos seien durch herabfallende Trümmer von Drohnen in Brand geraten.
«Bestialische Schläge, bewusster und zielgerichteter Terror gegen gewöhnliche Städte – fast 500 Kampfdrohnen und über 40 Raketen, darunter (die Hyperschallrakete) Kinschal», schrieb der ukrainische Staatschef Wolodimir Selenski in sozialen Netzwerken. Der Angriff dauerte demnach gut zwölf Stunden. Landesweit gab es dem Innenminister Ihor Klymenko zufolge über 70 Verletzte, mehr als 100 zivile Objekte wurde beschädigt.
Das Nachrichtenportal The Kyiv Independent berichtete unter Verweis auf Behördenvertreter, Russland habe mit einem massiven Raketen- und Drohnenangriff auch andere ukrainische Städte ins Visier genommen. Aus Kiew, Saporischschja und Chmelnyzkyj seien Explosionen gemeldet worden. In Saporischschja habe der Angriff eine Schule beschädigt und einen Brand in einem Hochhaus verursacht, berichtete das Portal unter Berufung auf den regionalen Gouverneur, Iwan Fedorow. Vier Menschen in der Stadt seien verletzt worden.