Neue Hoffnung zur Therapie der bisher unheilbaren Erkrankung
Erstmals Behandlung für Huntington-Krankheit gefunden

Eine neue Studie bringt grosse Hoffnung für die Behandlung der Huntington-Krankheit. Bisher gilt die vererbbare Gehirn-Erkrankung als unheilbar. Eine neue Gen-Therapie verlangsamt den Krankheitsverlauf jedoch um 75 Prozent – und könnte noch mehr erreichen.
Publiziert: 20:49 Uhr
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Eine neue Studie verspricht erstmals eine Behandlungsmöglichkeit der Huntington-Krankheit. (Symbolbild)
Foto: imago/Westend61

Darum gehts

  • Neue Gentherapie verlangsamt Verfallsprozess der Huntington-Krankheit um 75 Prozent
  • Behandlung könnte Lebensqualität von Patienten jahrzehntelang verbessern
  • In Europa sind 6 bis 12 von 100'000 Menschen von Huntington betroffen
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Sandra MarschnerRedaktorin News-Desk

Sie ist selten, wird genetisch vererbt, zerstört Hirnzellen und kann tödlich enden – für die Krankheit Chorea Huntington, auch Huntington-Krankheit oder Morbus Huntington genannt, gab es bisher keine bekannte Behandlungsmethode. 

Doch das könnte sich nun ändern. Das Gentherapie-Unternehmen uniQure hat eine neue Gentherapieform in einer Studie mit 29 Patienten getestet. Mit wegweisendem Erfolg. Die neue Behandlungsmöglichkeit verlangsamte den Krankheitsverlauf um 75 Prozent, so das Ergebnis der Studie. Diese wurde am Mittwoch in einer Mitteilung des Unternehmens vorgestellt. 

Was ist die Huntington-Krankheit?

Chorea Huntington ist eine vererbbare Erkrankung des Gehirns. Verursacht wird diese durch eine Funktionsstörung in einem Teil der DNA – dem sogenannten Huntington-Gen. Die Mutation, bei der zu viele Gen-Bausteine vorliegen, verändert das spezifische Protein Huntingtin so sehr, sodass in der Folge Gehirnzellen angegriffen werden.

Vererbt wird die Erkrankung dabei von Generation zu Generation. Ist ein Elternteil erkrankt, liegt bei Kindern eine 50-prozentige Chance vor, das mutierte Gen ebenfalls zu erben.

Wie die deutsche Universitätsklinik Freiburg auf ihrer Webseite schreibt, geht man in Europa von sechs bis zwölf Betroffenen auf 100'000 Einwohnern aus. Die Stiftung der Schweizerischen Huntington-Vereinigung (SHV) erklärt auf ihrer Webseite, dass man mit etwa 500 bis 700 Betroffenen in der Schweiz rechne. 

Was sind die Symptome der Erkrankung?

Erste Anzeichen zeigen sich etwa im Alter von 30 bis 50 Jahren. Das äussere sich besonders in Ungeschicklichkeit, schlechter Balance und unwillkürlichen Bewegungen, so die SHV. Diese Symptome können auch zur Gehunfähigkeit führen. Schreitet die Krankheit fort, können Beschwerden beim Sprechen und Schlucken auftreten.

Zusätzlich wird die kognitive Leistung eingeschränkt: Konzentration und Gedächtnisleistung nehmen ab. Weiter können sich im Krankheitsverlauf Persönlichkeitsveränderungen, Depressionen und zunehmend aggressives Verhalten entwickeln. 

Die SHV betont, dass die Symptome jedoch variieren können. Typischerweise verschlechtere sich die Krankheit jedoch über einen Zeitraum von 10 bis 25 Jahren und könne schliesslich tödlich enden. 

Welche Behandlung gab es bisher?

Eine Heilung für die Huntington-Krankheit gibt es bisher nicht. Die Behandlung konzentriert sich vor allem auf die Linderung der Symptome. Dafür können Medikamente gegen Bewegungsstörungen oder Depressionen eingesetzt werden sowie Physio- und Sprachtherapien. 

Welche Therapie wurde nun in der Studie entwickelt?

Die neue Gentherapie zielt darauf ab, den Anteil des veränderten Proteins zu senken. Hierzu wurde den Patienten in der klinischen Studie ein ungefährliches Virus tief in zwei Gehirnregionen injiziert. Für den neurochirurgischen Eingriff waren zwischen zwölf bis 18 Stunden nötig. 

Das Virus wird dabei mit einer ganz spezifischen DNA-Sequenz ausgestattet. Diese übermittelt dem Gehirn dabei quasi, das Absterben der Nervenzellen zu verhindern. Als Konsequenz sinke dabei auch der Spiegel des mutierten Proteins Huntingtin. 

Was bedeutet das für die Behandelbarkeit der Krankheit?

Die Studie zeigte: Mit der neuen Gentherapie konnte der Krankheitsverlauf der Patienten um 75 Prozent verlangsamt werden. Gegenüber BBC erklärt Sarah Tabrizi, eine Versuchsleiterin der Studie, dass der Krankheitsverfall, den man normalerweise innerhalb eines Jahres erwarten würde, nach der Behandlung um vier Jahre verzögert werde.

Patienten könnten damit jahrzehntelang eine «gute Lebensqualität» geniessen, betont sie gegenüber dem Sender. Zudem zeigte sich: Auch Gehirnzellen konnten durch die Behandlung gerettet werden. «Das ist das Ergebnis, auf das wir gewartet haben», betont Versuchsleiter Ed Wild gegenüber der BBC. 

Welchen Ausblick gibt die Studie?

Wild nimmt an, dass die Therapie «lebenslang wirken sollte». Versuchsleiterin Tabrizi wagt einen weiteren hoffnungsvollen Blick – sie verdeutlicht, dass die Gentherapie erst «der Anfang» sei. BBC erzählt sie, dass sie bereits mit einer Gruppe von jungen Menschen zusammenarbeite, die das Gen hätten, aber noch keine Symptome zeigten. 

Studien mit einer solchen Gruppe könnten wegweisend für die Prävention der Krankheit sein. Dabei könne der Frage nachgegangen werden, ob die Krankheit deutlich verzögert oder sogar vollständig gestoppt werden könne.

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