Neue Eskalation im Streit zwischen den USA und China: Was die Konsulat-Schliessungen bedeuten
Diplomaten-Krimi um Corona-Impfstoff

Der Streit zwischen Washington und Peking hat diese Woche ein neues Level erreicht. Nach der Zwangsschliessung des chinesischen Konsulats in Houston und der Retourkutsche aus China könnte der Zwist nun vollends eskalieren.
Publiziert: 25.07.2020 um 16:48 Uhr
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Aktualisiert: 02.08.2020 um 01:51 Uhr
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Grosseinsatz am Dienstagabend im texanischen Houston vor dem chinesischen Konsulat.
Foto: keystone-sda.ch
Nicola Imfeld aus San Diego (USA)

Dienstagabend in Houston im US-Bundesstaat Texas: Schwarzer Rauch steigt über dem chinesischen Konsulat auf. Einsatzkräfte eilen herbei, darunter Feuerwehr- und Ambulanzautos. Doch am Eingang ist Schluss. Die Helfer in der Not werden weggewiesen. Derweil lodert der Brand im Aussenbereich des Konsulats weiter. Wie sich kurze Zeit später herausstellt: Die Chinesen selbst hatten Mülltonnen angezündet. Um in Eile wichtige Akten zu verbrennen?

Wenige Stunden zuvor hat das Justizministerium in Washington Anklage gegen zwei chinesische Hacker erhoben. Sie sollen mit der Hilfe von Geheimdienstmitarbeitern versucht haben, amerikanische Firmen auszuspionieren, die an der Entwicklung von Corona-Impfstoffen arbeiten. Die US-Regierung um Präsident Donald Trump (74) forderte Peking daraufhin in einem bis dato beispiellosen Schritt auf, das Konsulat in Houston dichtzumachen. Den Diplomaten wurden nur 72 Stunden gegeben, um das Land zu verlassen.

Chinas Vergeltung und ein FBI-Bericht

US-Aussenminister Mike Pompeo (56) begründete die Zwangsschliessung mit der nationalen Sicherheit. Das chinesische Konsulat in Houston sei zu einem «Drehkreuz der Spionage und des Diebstahl geistigen Eigentums» geworden. Belege dazu lieferte er vorderhand nicht. China dementierte die Anschuldigungen und rächte sich am Freitagmorgen mit der Schliessung des US-Konsulats in Chengdu im Südwesten des Landes. Es sei eine «legitime und notwendige Reaktion auf die unvernünftigen Handlungen der USA», liess das Aussenministerium in Peking verlauten.

Ende Woche kam etwas Licht ins Dunkel. Die «New York Times» erhielt Einblick in einen siebenseitigen FBI-Bericht, der die Ermittlungen gegen die chinesische Vertretung in Houston zusammenfasst. Demnach sollen die Botschafter daran gearbeitet haben, über 50 Wissenschaftler in der Region dazu zu bewegen, streng geheim gehaltene Forschungsarbeiten an chinesische Institutionen zu übergeben. Auch hier sollen die Chinesen, unter anderem, an Erkenntnissen zur Corona-Pandemie interessiert gewesen sein.

Abbruch der diplomatischen Beziehungen droht

Die Zwangsschliessung stellt eine neue Eskalationsstufe zwischen den beiden grössten Volkswirtschaften der Welt dar. Neben dem Handelsstreit zoffen sich die USA auch wegen des neuen Sicherheitsgesetzes in Hongkong und dem Ausbruch der Coronavirus-Pandemie mit China. Manche Experten wie der britische Historiker Niall Ferguson (56) gehen gar noch einen Schritt weiter, sprechen von einem neuen Kalten Krieg.

Klar ist: Das Verhältnis zwischen den beiden Weltmächten ist so schlecht wie seit Aufnahme der diplomatischen Beziehungen im Jahr 1979 nicht mehr. Und jetzt droht gar die totale diplomatische Eskalation. Cheng Xiaohe, Professor an der Chinesischen Volksuniversität in Peking, warnt in der «New York Times»: «Wenn sich die Beziehungen zwischen China und den USA ungebremst weiter verschlechtern, wird das nächste Ergebnis der Abbruch der diplomatischen Beziehungen sein.»

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