US-Forschern ist nach eigenen Angaben erstmals die Umwandlung menschlicher Hautzellen in befruchtungsfähige Eizellen gelungen. Wie die Wissenschaftler am Dienstagabend in der Zeitschrift «Nature Communications» bekanntgaben, verwendeten sie dafür im Labor die DNA von Menschen anstatt von Mäusen.
Das Verfahren nennt sich «In-vitro-Gametogenese (IVG) und könnte, bei einem Erfolg, älteren und unfruchtbaren Frauen dabei helfen, eigene Kinder zu bekommen. Auch gleichgeschlechtlichen Paaren könnte das Verfahren ermöglichen, «ein Kind zu bekommen, das genetisch mit beiden Partnern verwandt ist», sagte die Mitautorin Paula Amato von der Oregon Health & Science University der Nachrichtenagentur AFP.
Wurde das Verfahren bereits angewendet?
Ja, aber bisher nur bei Mäusen. Japanische Forscher schufen damit Mäuse mit zwei biologischen Vätern. Dies wurde im Juli bekanntgegeben.
Ist das Verfahren auch bei Menschen anwendbar?
Jein. Die Studie mit menschlicher DNA stellt nun zwar einen bedeutenden Fortschritt dar, allerdings räumen die Forscher ein, dass das Verfahren noch Jahre davon entfernt ist, potenziellen Eltern zur Verfügung zu stehen. Die grösste Hürde besteht Amato zufolge darin, «genetisch normale Eizellen mit der richtigen Anzahl und dem richtigen Satz an Chromosomen zu erhalten».
Wie funktioniert das Verfahren genau?
Für ihre Studie entfernten die Wissenschaftler zunächst den Zellkern aus normalen Hautzellen und übertrugen ihn anschliessend in eine Spender-Eizelle, deren Zellkern entfernt worden war. Diese auch als somatischer Zellkerntransfer bezeichnete Technik wurde 1996 auch zum Klonen des Schafs Dolly verwendet.
Gab es dabei Probleme?
Ja, da Hautzellen über 46 Chromosome verfügen und Eizellen nur über 23, mussten die zusätzlichen Chromosome entfernt werden. Dies wurde mit einem speziellen Verfahren, das die normale Zellteilung imitiert, vorgenommen.
Wie viele Eizellen wurden erzeugt und befruchtet?
Die Forscherinnen und Forscher stellten 82 heranreifende Eizellen her, die anschliessend durch IVF mit Spermien befruchtet wurden. Nach sechs Tagen hatten sich aber weniger als neun Prozent der Embryonen so weit entwickelt, dass eine Übertragung in die Gebärmutter einer Frau möglich gewesen wäre. Die Embryonen wiesen aber eine Reihe von Anomalien auf, sodass das Experiment beendet wurde.
War die Studie trotzdem ein Erfolg?
Die britische Forscherin Ying Cheong lobte die Studie dennoch als «hochinteressanten» Durchbruch. Zum ersten Mal hätten Wissenschaftler gezeigt, «dass DNA aus gewöhnlichen Körperzellen in eine Eizelle eingebracht, aktiviert und dazu gebracht werden kann, ihre Chromosomen zu halbieren», sagte die Reproduktionsmedizinerin von der Universität Southampton. Dabei würden «die speziellen Schritte nachgeahmt, die normalerweise zur Bildung von Eizellen und Spermien führen».
Welche Bedeutung könnte die Forschung langfristig haben?
Auch wenn es sich noch um «sehr frühe» Laborarbeiten handele, könnten die Forschungen in der Zukunft «unser Verständnis von Unfruchtbarkeit und Fehlgeburten verändern und vielleicht eines Tages die Tür zur Erzeugung von Eizellen oder Spermien ähnelnden Zellen für diejenigen öffnen, die keine anderen Optionen haben».