Koalition der Willigen
Was verstehen die Länder unter Sicherheitsgarantien?

Mehr als 30 Staats- und Regierungschefs der sogenannten Koalition der Willigen haben am Donnerstag Beratungen über Sicherheitsgarantien für die Ukraine aufgenommen. Darunter verstehen aber längst nicht alle dasselbe. Ein Überblick.
Publiziert: 07:31 Uhr
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Aktualisiert: 07:53 Uhr
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Die Ukraine setzt auf die Präsenz ausländischer Soldaten. Sie sollten laut Selenski einen Waffenstillstand absichern.
Foto: IMAGO
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AFPAgence France Presse

Ukraine

Die Ukraine hat grösstes Interesse an möglichst starken Sicherheitsgarantien. Um seinen Forderungen Nachdruck zu verleihen, war Präsident Wolodimir Selenski bereits am Mittwoch nach Paris gereist. Die Ukraine setzt insbesondere auf die Präsenz ausländischer Soldaten, die einen Waffenstillstand absichern sollten. Bis es so weit ist, ist sie auf weitere massive Unterstützung der eigenen Armee angewiesen.

Russland

Der russische Präsident Wladimir Putin lehnt den Einsatz ausländischer Soldaten in der Ukraine vehement ab. «Das sind keine Sicherheitsgarantien für die Ukraine, das sind Garantien für Gefahr für den europäischen Kontinent», sagte Aussenamtssprecherin Maria Sacharowa. Eine ausländische Intervention sei grundsätzlich inakzeptabel, weil dies die Sicherheit Russlands untergrabe, betonte sie.

Die wichtigsten Entwicklungen im Ukraine-Krieg findest du in unserem Ticker.

Deutschland

Die Bundesregierung will beim Treffen der Koalition der Willigen konkrete Vorschläge für einen deutschen Beitrag machen. Dazu zählen etwa eine Stärkung der ukrainischen Luftverteidigung um 20 Prozent pro Jahr, mit Blick auf die Zahl der Waffensysteme und deren Effektivität. Zudem sollen die offensiven Luftfähigkeiten Kiews verbessert werden – auch mit weitreichenden Präzisionswaffen wie Marschflugkörpern, die in der Ukraine mit finanzieller und technologischer Unterstützung hergestellt werden sollten.

Ein weiterer Punkt sieht vor, der Ukraine die Ausrüstung für vier mechanisierte Infanteriebrigaden bereitzustellen, darunter auch Schützenpanzer. Entsprechende Informationen des «Spiegel» wurden AFP aus Regierungskreisen in Berlin bestätigt.

Weiter wurden in Berlin drei Bedingungen genannt, die Voraussetzung für eine deutsche Beteiligung an Sicherheitsgarantien seien: die Beteiligung der USA, eine Verhandlungsbereitschaft Russlands sowie ein Konsens innerhalb der Bundesregierung und ein Mitziehen des Bundestags.

Eine Entsendung deutscher Soldatinnen und Soldaten ist in dem Vorschlag nicht enthalten. Die Beteiligung an einer Friedenstruppe schliesst die Bundesregierung nicht aus, hält die Entscheidung dafür aber noch für verfrüht. Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) sprach von «Zukunftsmusik».

USA

US-Präsident Donald Trump hatte bei dem Ukraine-Gipfel in Washington im August Sicherheitsgarantien vorgeschlagen, die sich am Beistandsartikel 5 des Nato-Vertrags orientieren sollten.

Die Entsendung von US-Soldaten schloss Trump aus. Die USA seien aber vermutlich bereit, Unterstützung aus der Luft zu leisten, wenn die Koalition der Willigen Bodentruppen entsende. Ein Telefonat mit Trump war nach der Sitzung der Koalition am Donnerstagnachmittag geplant.

EU

Nach Angaben von EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen hat die EU bereits «ziemlich präzise Pläne» für einen möglichen Einsatz multinationaler Einheiten in der Ukraine. Es gebe einen klaren Fahrplan dazu, sagte sie vergangene Woche der «Financial Times». Trump habe zugesichert, dass es dafür einen «backstop», eine nicht näher definierte Absicherung, durch die USA gebe.

Die EU-Aussenbeauftragte Kaja Kallas betonte ihrerseits, dass westliche Friedenstruppen gut ausgerüstet sein müssten und in der Lage sein sollten, «sich verteidigen zu können». Die westlichen Soldaten sollten jedoch nicht die Waffenstillstandslinie überwachen. Dies bleibe die Aufgabe der ukrainischen Armee.

Frankreich

Nach französischer Darstellung umfassen die westlichen Sicherheitsgarantien drei Elemente. In erster Linie umfassen sie die Unterstützung der ukrainischen Armee. An zweiter Stelle steht die Koalition der Willigen, die auch Bodentruppen entsenden soll. Diese sollen wiederum durch die USA abgesichert werden. «Eine Abschreckung in mehreren Stufen», heisst es im Elysée.

Die westlichen Bodentruppen sollten ein Signal an Russland senden, dass die Verbündeten an der Seite der Ukraine stünden – und vermeiden, dass es erneut zu einem russischen Angriff kommt.

Frankreich betont dabei, dass «jeder nach seiner Fähigkeit» dazu beitragen solle. Das Elysée scheint nicht darauf zu zählen, dass Deutschland Soldaten entsenden wird. «Wir wissen, wie heikel die Debatte in Deutschland ist», heisst es im Umfeld des Präsidenten. «Das Wichtigste ist, sich zu beteiligen. Das bedeutet nicht, dass alle dasselbe tun», betonte ein Präsidentenberater.

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