37-jähriger Däne tötet fünf Menschen mit Pfeil und Bogen
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Bluttat in Norwegen:37-jähriger Däne tötet fünf Menschen mit Pfeil und Bogen

Attacke mit 5 Toten in Norwegen
Das ist der Bogenschützen-Killer von Kongsberg

Espen A. wird beschuldigt, in Kongsberg fünf Menschen getötet und zwei verletzt zu haben. Die norwegische Polizei geht davon aus, dass es sich um einen terroristischen Akt handelt. Die Polizei erhielt Hinweise und hatte mehrmals Kontakt mit dem Täter.
Publiziert: 13.10.2021 um 21:02 Uhr
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Aktualisiert: 15.10.2021 um 10:54 Uhr
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Espen A. wird beschuldigt, in Kongsberg fünf Menschen getötet und zwei verletzt zu haben.
Foto: Screenshot

Die norwegische Polizei informierte am Donnerstag über das Attentat vom Mittwochabend. Espen A. habe die Tat gestanden, sagt die Polizei. Es handle sich um einen 37-jährigen Dänen, der in der Kleinstadt lebe. Sie geht zudem davon aus, dass der Bogenschütze in Kongsberg keine Komplizen gehabt habe. Espen A.* sei der Polizei bekannt gewesen. Er sei radikalisiert und zum Islam konvertiert, bestätigt der Polizeisprecher. Der Mann sei angeklagt worden.

Der mutmassliche Täter wohnt in Kongsberg. Er sei in Norwegen aufgewachsen und habe eine dänische Mutter und einen norwegischen Vater, sagt Fredrik Neumann, der Verteidiger des Mannes. Das berichtet die dänische Zeitung «Ekstra Bladet». Die norwegische Zeitung «VG» schreibt zudem, der Mann habe letztes Jahr gedroht, zwei seiner Verwandten umzubringen. Danach habe er ein Besuchsverbot aufgebrummt bekommen.

Mann wird von Ärzten untersucht

Der Mann wird nun von Ärzten betreut. Das sagte die Staatsanwältin der norwegischen Zeitung «Verdens Gang» am Freitag. Zuvor hatte sein Anwalt mitgeteilt, dass sein Mandant von Rechtspsychiatern untersucht werden solle. Offenbar gibt es Zweifel an seiner Zurechnungsfähigkeit. Der Sicherheitsdienst der norwegischen Polizei hatte bestätigt, dass der Mann häufig ärztliche Hilfe in Anspruch nahm.

Zum Motiv des Angriffs kann die Polizei noch nichts sagen. Beim Attentat seien vier Frauen und ein Mann gestorben. Sie seien zwischen 50 und 70 Jahre alt, heisst es weiter. Von den Verstorbenen sei bisher niemand offiziell identifiziert worden, das werde einige Zeit dauern. Der Täter habe zudem zwei Menschen verletzt. Die Verletzungen seien aber nicht lebensgefährlich. 22 Einheiten der Polizei seien am Mittwoch im Einsatz gewesen. Der mutmassliche Täter ist offenbar bereit, mit der Polizei zusammenzuarbeiten.

Mutmasslicher Täter zeigt sich kooperativ

In der Nacht auf Donnerstag soll der mutmassliche Täter ein erstes Mal verhört worden sein. Danach erklärte sein Verteidiger vor den Medien, sein Mandant habe «Angaben zur Tat gemacht» und sei von der Situation «gekennzeichnet». Er kooperiere aber mit den Ermittlern. Die zuständige Staatsanwältin sagte dem norwegischen Sender TV2, der Mann habe die Taten zugegeben.

Die norwegische Zeitung «Aftenposten» schreibt, laut Polizei werde derzeit auch der Gesundheitszustand des Mannes untersucht. Er soll bereits früher mehrfach mit dem Gesundheitsdienst in Kontakt gestanden haben. Denn der mutmassliche Täter war der Polizei bekannt. Nach mehreren Drohaktionen im Jahr 2020 wurde ihm auch der Besuch seiner Eltern untersagt. Das soll aus einem rechtskräftigen Urteil hervorgehen, das «Aftenposten» vorliegt. Demnach heisst es im Urteil, der Mann habe einen Revolver auf dem Sofa liegen gelassen, was die Familie als bedrohlich empfand. Die einstweilige Verfügung galt für sechs Monate.

Opfer starben nach Ankunft der Polizei

Zur Tat kam es am Mittwoch um 18.30 Uhr im Zentrum der Stadt Kongsberg, die sich rund 80 Kilometer südwestlich von Oslo befindet. Der Mann wird verdächtigt, mit mehreren Waffen, darunter auch Pfeil und Bogen, zahlreiche Menschen angegriffen zu haben. Bei seiner Flucht vor der Polizei beschoss er die Beamten mit Pfeilen. Nach Angaben des Polizeisprechers starben alle Opfer möglicherweise erst nach Eintreffen der Polizei. Aufgrund der umfangreichen Ermittlungen wollte der Sprecher zunächst keine weiteren Details bekannt geben.

Eine Einwohnerin von Kongsberg sagte der Nachrichtenagentur NTB, sie habe gehört, wie der Alarm in einem Supermarkt losgegangen sei. Dabei habe sie sich nicht viel gedacht. Dann jedoch habe sie auch Polizeiautos und Rettungswagen gehört. Die Polizei habe am Abend mit Taschenlampen Garagen und Hinterhöfe im Stadtzentrum abgesucht.

Während die Polizei ihre Pressekonferenz abhält, warnte sie auf Twitter bereits vor einem weiteren Bogenschützen. Sie gab aber kurze Zeit später bereits wieder Entwarnung: Die Handlungen eines Mannes, der in der Gegend von Huseby bei Oslo mit Pfeil und Bogen herumlief, seien harmlos gewesen. Er habe sich bereits für sein Verhalten entschuldigt.

«Der Täter hat furchtbare Handlungen begangen»

Norwegens scheidende Ministerpräsidentin Erna Solberg zeigt sich «erschüttert» von der Tat. «Unsere Gedanken gehen zuallererst an die Betroffenen und ihre Angehörigen», sagte Solberg am späten Mittwochabend auf einer kurzfristig einberufenen Pressekonferenz in Oslo. Sie wird am Donnerstag nach ihrer Wahlniederlage vor einem Monat von dem Sozialdemokraten Jonas Gahr Støre an der Regierungsspitze abgelöst. Auswirkungen auf den Regierungswechsel habe die Tat nicht, sagte Solberg. «Die Meldungen aus Kongsberg sind grauenvoll», sagte Solberg. «Der Täter hat furchtbare Handlungen gegen mehrere Menschen begangen. Das ist eine sehr dramatische Situation, die die Gemeinschaft in Kongsberg hart trifft.»

Auch der designierte Ministerpräsident Jonas Gahr Støre, der sein Amt am Donnerstag antreten sollte, sprach von einer schrecklichen Tat. «Es ist unwirklich, aber die Wahrheit ist, dass fünf Menschen getötet worden sind, viele verletzt wurden und viele unter Schock stehen», sagte Støre dem Sender NRK.

Der norwegische König Harald V. sprach den Einwohnerinnen und Einwohnern am Donnerstag sein Mitgefühl aus. Ihr sicheres Umfeld sei plötzlich ein gefährlicher Ort geworden. «Es erschüttert uns alle, wenn schreckliche Dinge in unserer Nähe passieren, wenn man es am wenigsten erwartet – mitten im Alltag, auf offener Strasse», sagte der König. (oco/man/SDA)

* Name bekannt

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