Hightech-Flugzeugträger und Raketen im Rekordtempo
China rüstet massiv auf – was führt das Land im Schilde?

China baut mit Hochdruck seine Raketenfabriken aus. Auch auf dem Wasser ist die Supermacht in die höchste Liga aufgestiegen. Es geht nicht mehr nur um Abschreckung und Taiwan. Experten erklären, was China vorhat.
Publiziert: 16:22 Uhr
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Aktualisiert: vor 9 Minuten
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Mit der «Fujian» ist China in die Topliga der Flugzeugträger aufgestiegen.
Foto: AFP

Darum gehts

  • China rüstet massiv auf und baut neue Raketenfabriken und Flugzeugträger
  • Experten vermuten Machtansprüche über Taiwan hinaus im Pazifik und weltweit
  • Bis 2030 könnte China über rund 1000 Atomsprengköpfe verfügen
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Guido FelderAusland-Redaktor

Peking spannt die Muskeln an. Satellitenbilder zeigen, wie die Chinesen mit Hochdruck neue Raketenfabriken bauen. Zudem haben sie soeben ihren ersten komplett selbst entwickelten Flugzeugträger «Fujian» in Betrieb genommen. CNN spricht von «einem neuen Wettrüsten».

Die Entwicklung ist beunruhigend. Bis in zehn Jahren soll das zweitbevölkerungsreichste Land über eine «Weltklasse-Armee» verfügen. Die bange Frage ist: Was führen die Chinesen mit dieser Rüstungsoffensive im Schilde? Es dürfte mehr sein als nur Abschreckung und die Rückeroberung von Taiwan.

Die 316 Meter lange und 75 Meter breite «Fujian» ist der neue Stolz der bisher schon schlagkräftigen chinesischen Marine. Es ist der grösste ausserhalb der USA gebaute Flugzeugträger und der dritte der Volksbefreiungsarmee. An Bord führt das hochmoderne Schiff unter anderem den neuen Stealth-Kampfjet J-35, den modernisierten J-15T und das Propeller-Überwachungsflugzeug KJ-600.

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Kreuzen vor Hongkong: China hat eine der besten Marinen.
Foto: AP

Was die Experten im Westen überrascht: Die «Fujian» verfügt über hochmoderne Katapulte mit elektromagnetischem Antrieb. Damit können die schweren Kampfjets effizienter und mit höherer Startgeschwindigkeit losgeschickt werden.

Massive Steigerung von Raketenproduktion

Auch in der Luft sind die Chinesen am Aufrüsten. Seit 2020 haben sie über 60 Prozent ihrer 136 Raketenfabriken ausgebaut. Das hat CNN in einer Recherche festgestellt, bei der Satellitenbilder und Karten untersucht worden sind. So seien neue Türme, Bunker und Wälle zu sehen, die zum Teil Dörfer und Ackerland verdrängt hätten. Ein Fokus liegt auf der Weiterentwicklung von Hyperschallraketen.

Das Stockholmer Friedensforschungsinstitut Sipri berichtet zudem, dass China begonnen habe, jährlich rund 100 neue Atomsprengköpfe zu bauen. Bis zum Jahr 2030 dürfte das Land über rund 1000 solcher Vernichtungswaffen verfügen.

Nicht nur Abschreckung

Der China- und Sicherheitsexperte Zeno Leoni vom King’s College London meint: «Chinas rasante militärische Modernisierung spiegelt in erster Linie eine Strategie der Abschreckung und Einflussnahme wider und weniger eine Strategie der unmittelbaren Eroberung.»

Es gehe aber auch um die Wiedervereinigung mit Taiwan. «Die Aufrüstung zielt ebenfalls darauf ab, eine Verteidigungslinie um das Südchinesische Meer aufrechtzuerhalten, um den Gegner auf Distanz zu halten», sagt Leoni im Gespräch mit Blick. Gegner? Natürlich sind damit vor allem die USA gemeint, die Taiwan ein Sicherheitsversprechen gegeben haben.

Weitere Ziele im Fokus

Zwar gibt sich China offiziell als defensive Macht, die der wirtschaftlichen Stabilität Vorrang einräumt. Dennoch zeigen die militärische Entwicklung und das strategische Vorgehen laut Simona A. Grano, China-Expertin an der Universität Zürich, eine zunehmend offensive Komponente.

«Es ist denkbar, dass China mit einer global operierenden Marine und einem weitreichenden Raketenarsenal auch weitere Machtansprüche im Pazifik oder sogar weltweit geltend macht», sagt Grano gegenüber Blick. Als Beispiel nennt sie die strategisch wichtige Insel Guam, die zu den USA gehört. Aber auch auf die Ressourcen in der Arktis hat China ein Auge geworfen.

«Sehr ernst nehmen»

Dazu kommen laut Jérôme Gapany, Forscher an der ETH-Militärakademie, weitere «umstrittene und sensible Gebiete». Anzeichen dafür seien Militärübungen und Patrouillen, die in deren Nähe im Westpazifik durchgeführt werden. «Aber auch der Bau neuer Inseln sowie die Erweiterung der Küstenregionen tragen zur Stärkung von Chinas Machtprojektion bei», sagt Gapany gegenüber Blick.

Schliesslich gehe es China ebenfalls darum, sich als neue Kraft in der Vermittlung und als Garantin der globalen Sicherheit zu positionieren. Gapany: «Mit der aktuellen Entwicklung will sich China wieder auf Augenhöhe mit den globalen Supermächten bringen.»

Was China mit der Aufrüstung wirklich alles im Schilde führt, weiss allerdings nur die Regierung in Peking. Gapany sagt: «Die jüngsten Entwicklungen müssen auf jeden Fall sehr ernst genommen werden.»

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