Auf dem Schlachtfeld drüben bei Bachmut harzt es für die Ukraine. In der Kommandozentrale der Raketeneinheit der 80. ukrainischen Brigade aber herrscht am Montagabend Hochstimmung. Der Grund: Das EM-Qualifikationsspiel Italien gegen die Ukraine, das stockend über den Bildschirm an der Wand flimmert.
Die Fenster sind lichtdicht abgedeckt, der Raum des leerstehenden Wohnhauses in dem kleinen Weiler knapp 15 Kilometer hinter der Front auf gefühlte 25 Grad geheizt. Von draussen tönt hie und da das dumpfe Grollen der Artillerie herein. Auf dem Sofa und den aufgestapelten Raketenkisten im Kommandoposten hocken Kommandant Yaroslav (34) und seine Mannen.
Feiern mit Raketen-Salven
Ein Sieg im Spiel wäre ein riesiger Motivationsboost für seine Einheit. «Dann hätten wir während der EM-Sommerabende nächstes Jahr etwas, worauf wir uns freuen könnten», sagt Yaroslav und nimmt einen kräftigen Schluck seines Null-Prozent-Bieres. Alkohol ist in den frontnahen Gebieten in der Ukraine noch immer verboten. Dafür stehen gedörrter Fisch und ukrainische Guetzli bereit.
Das Spiel verläuft schleppend. Die Kämpfer der 80. Brigade beginnen zu werweissen, wie sie einen Sieg feiern würden. «Mit ein paar Raketen-Schüssen in Richtung der Russen», meint einer.
Doch so weit kommt es nicht. Das Fussballspiel verläuft wie der Krieg draussen im kalten Donezker Winter: Die Ukraine wehrt sich, kämpft, rackert.
Doch über ein mühsames Unentschieden gegen den an sich übermächtigen Gegner (Russland hat die zweitgrösste Armee der Welt, Italien ist amtierender Fussball-Europameister) kommt man nicht hinaus. Das Spiel endet 0:0. Die Ukraine muss in die Play-offs Ende März. «Jetzt brauchen wir halt eine März-Offensive», sagt Soldat Marian (30).
Kommts zum Kampf der Kriegsländer?
Shaiba und Haika, die beiden grauen Hauskatzen, streichen zwischen den Munitionsboxen und den alten Möbeln der vor dem Krieg geflohenen Hausbesitzer umher. «Jetzt müssen die uns halt trösten», sagt Taras (33), der stellvertretende Kommandeur.
Doch der EM-Traum lebt weiter. In den EM-Play-offs könnte die Ukraine ausgerechnet auf Israel treffen. In der geopolitischen Arena kämpfen die beiden kriegsgeplagten Länder derzeit um internationale Hilfe und Aufmerksamkeit. Auf dem Rasen kommts vielleicht bald zum Kampf ums EM-Ticket.
Am 26. März wissen wir mit Sicherheit, ob die Ukraine es an die Endrunde schafft. Fast sicher scheint derzeit, dass Yaroslav und seine Männer auch in den EM-Monaten Juni und Juli noch immer gegen das gefährliche Unentschieden auf dem Schlachtfeld ankämpfen müssen.