«Freie Republik Verdis»
Junger Australier gründet eigenen Staat – jetzt wurde er ausgeschafft

Ein 20-jähriger Australier gründet die «Freie Republik Verdis» im Niemandsland zwischen Serbien und Kroatien. Das Phänomen der Mikronationen fasziniert – doch wie ist die rechtliche Lage?
Publiziert: 09:48 Uhr
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Aktualisiert: 11:47 Uhr
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Daniel Jackson vor «seiner» Flagge.
Foto: Courtesy Daniel Jackson

Darum gehts

  • Australier gründet Mini-Staat im Niemandsland zwischen Serbien und Kroatien
  • Niemandsland entsteht oft durch historische Grenzverschiebungen und Territorialstreitigkeiten
  • Daniel Jackson, 20, erklärt sich zum Präsidenten der 50 Hektar grossen Republik Verdis
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Janine EnderliRedaktorin News

Es ist eine Mischung aus Faszination, Unterhaltung und auch einer kleinen Portion Träumerei: Immer wieder sorgen Personen für Schlagzeilen, die auf kaum beachteten Flecken Land eigene «Staaten» oder Reiche gründen möchten. Mit eigener Flagge, Verfassung und Regierung – alles ist durchdacht. 

Das aktuellste Beispiel: Der 20-jährige Australier Daniel Jackson. Er hat in Osteuropa die «Freie Republik Verdis» ausgerufen – ein Mini-Staat im Niemandsland zwischen Serbien und Kroatien. Mit eigener Flagge, Verfassung und sogar Pässen sieht sich Jackson als Präsident des Landes.

Kein Staat will Gebiet anerkennen

Doch was heisst überhaupt «Niemandsland»? Damit sind Gebiete gemeint, die von keinem souveränen Staat beansprucht werden. Solche Zonen entstehen oft durch historische Grenzverschiebungen. Ein berühmtes Beispiel ist Bir Tawil, ein Stück Wüste an der ägyptisch-sudanesischen Grenze. Weil Ägypten und Sudan beide Anspruch auf das grössere Hala’ib-Dreieck erheben, verzichtet jedes Land auf Bir Tawil – denn ein Anspruch darauf würde bedeuten, das grössere Gebiet aufzugeben.

Ähnlich ist die Lage entlang der kroatisch-serbischen Grenze. Ein alter Streit über den Verlauf der Donau hat dazu geführt, dass mehrere kleine Landstriche als Niemandsland gelten. Historisch verläuft die Grenze entlang der Donau, doch der Fluss hat seinen Lauf verändert. Serbien hält sich an die heutige Mittellinie, Kroatien beruft sich auf alte Karten aus dem 19. Jahrhundert.

Wie beim Beispiel von Bir Tawil würden diese Landstriche an das Land fallen, das den grösseren Territorialstreit verliert. In der Praxis bedeutet dies, dass weder Kroatien noch Serbien Anspruch auf sie erhebt.

«Verdis» gibt es seit 2019

Eine dieser Zonen, rund 50 Hektar gross und zwischen den Dörfern Liberland und Zmajevac gelegen, erklärte Jackson 2019 zur «Freien Republik Verdis». Damit wäre er der jüngste Staatschef der Welt. 

Jackson, der nach eigenen Angaben rund 400 «Bürger» Verdis' für sein Projekt gewinnen konnte, glaubt, dass seine junge «Republik» zu einem souveränen Nationalstaat mit internationaler Anerkennung werden kann.

Auf diesem Weg erlebte er jedoch auch die eine oder andere «nationale Krise», wie er CNN erzählt. Just als er die eigens konzipierte blau-weisse Flagge in den Boden geschraubt habe, sei die kroatische Polizei aufgetaucht und habe ihn ausgeschafft. 

Was gilt rechtlich?

Land, das als Niemandsland gilt, kann nach internationalem Recht durch Besetzung beansprucht werden. Es handelt sich um eine «undurchsichtige Rechtskategorie», erklärt Noam Leshem, ausserordentlicher Professor für politische und kulturelle Geografie an der britischen Durham University gegenüber CNN. 

Gegenüber CNN erklärte das kroatische Aussenministerium, dass Jackson Aktion «eine Provokation ohne rechtliche Grundlage» sei. Auch wenn die Grenzen entlang der Donau umstritten sein mögen, so teilten Kroatien und Serbien doch «das Verständnis und die Achtung eines grundlegenden Prinzips des Völkerrechts: Die Tatsache, dass eine noch ausstehende Grenzziehung keine Fläche zu einem Niemandsland macht, die von Dritten besetzt werden kann.»

«Ich bin noch jung»

Der 20-Jährige lässt sich dennoch nicht unterkriegen. «Ich liebe, was ich tue», sagt er zu CNN. «Ich habe weniger Erfahrung als andere Präsidenten, aber ich bin in einem Alter, in dem ich schnell lerne. Ich möchte den Weg dafür ebnen, dass meine Generation sich stärker in der Weltpolitik engagiert.»

Und auch wenn Jacksons Projekt wohl mindestens in einem internationalen Graubereich liegt – er ist nicht der Einzige, der sich zum Oberhaupt eines Gebiets erklärt hat.

Jonas Lauwiner – «König der Schweiz»

In der Schweiz sorgt der 30-jährige Jonas Lauwiner regelmässig für Schlagzeilen. Er nennt sich selbst «König der Schweiz» und inszeniert auf seinen Grundstücken, von Bern bis ins Wallis, sein eigenes Reich – mit Krone, Uniform und eigener Währung.

Lauwiner sucht nach herrenlosen Grundstücken und lässt sich als Eigentümer eintragen. Über 150 Wege, Strassen und Gebäude soll er so bereits übernommen haben – legal, aber umstritten.

Natürlich ist dieser Fall völlig anders gelagert. Es geht nicht um Territorialfragen zwischen Nationalstaaten, sondern um Besitzerverhältnisse innerhalb der Schweiz. Trotzdem erinnert das System Lauwiner in gewissen Punkten dem von Jackson. Beide führen Projekte, bei denen es um Eigentum oder Herrschaftsanspruch geht und stellen dies auch gerne symbolisch durch Währung, Krone, Uniform oder Pass dar.

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