Darum gehts
- Forscher implantierten Schweineniere und Thymusdrüse in hirntote Frau
- Thymusdrüse schützte zunächst vor Abstossung, nach einem Monat Komplikationen
- Niere arbeitete zwei Monate lang stabil in der 57-jährigen Patientin
Es sind Erkenntnisse, die Hunderttausenden von Menschen neue Hoffnung schenken könnten: Forscher der Columbia University in New York haben eine Schweineniere in eine Frau (57) implantiert und beobachtet, wie sich dieser Schritt auf das menschliche Immunsystem auswirkt. Die 57-Jährige hatte zuvor den Kampf gegen einen bösartigen Hirntumor verloren.
Im September 2025 setzten Chirurgen das Organ in eine Patientin ein, die zuvor für hirntot erklärt wurde. Zusätzlich implantierten sie eine Thymusdrüse des Tieres – also ein Organ des Immunsystems, das bei allen Säugetieren vorkommt.
Forscher beobachten zwei Monate lang
Studien an Verstorbenen erlauben detaillierte Einblicke in die Funktionsweise transplantierter Organe und dauern meist nur wenige Wochen. In diesem Fall untersuchten die Forscher die Funktionsweise jedoch über zwei Monate. Nun wurden die Ergebnisse in der Fachzeitschrift «Nature» veröffentlicht.
«In unserer Studie konnten wir eine beispiellose Anzahl von Gewebe-, Blut- und Flüssigkeitsproben gewinnen, um immunologische Veränderungen über die Zeit zu beobachten», erklärt Megan Sykes, Direktorin des Columbia Center for Translational Immunology und Studienleiterin.
Die Thymusdrüse «lehrt» das Immunsystem
Ihr Team erforscht seit Jahren, wie man das Immunsystem darauf trainieren kann, fremde Organe zu tolerieren. In Tierversuchen zeigte sich, dass die Transplantation von Thymusgewebe des Spenders zusammen mit dem Organ die Abstossung deutlich verringert. Denn: Die Thymusdrüse «lehrt» das Immunsystem, zwischen eigenem und fremdem Gewebe zu unterscheiden.
Auch bei dieser Patientin zeigte der Schweine-Thymus zunächst eine schützende Wirkung. «Unsere Analysen deuten darauf hin, dass die transplantierte Thymusdrüse das Immunsystem daran gehindert hat, die Niere anzugreifen», sagt Sykes.
Der Körper bildete neue Antikörper
Trotzdem kam es nach einem Monat zu einer Abstossungsreaktion. Untersuchungen zeigten: Abwehrzellen des Immunsystems griffen die Niere an. Diese Reaktion konnten die Forscher jedoch behandeln, indem sie die sogenannten T-Zellen vorübergehend eliminierten.
Der Körper bildete zudem neue Antikörper – allerdings nicht gegen jene Merkmale, die im Schwein genetisch verändert worden waren, um Immunreaktionen zu verhindern. Insgesamt arbeitete die Niere zwei Monate lang stabil. «Dies deutet darauf hin, dass die Kontrolle der Abwehrzellen des Empfängers wichtiger ist als umfangreiche genetische Veränderungen am Organ», so Sykes.
Ergebnisse von Studien an Verstorbenen lassen sich nicht eins zu eins auf lebende Empfänger übertragen, dennoch sind sie entscheidend, um Prozesse zu verbessern. «Die Familie unserer Patientin war sehr grosszügig. Was wir gelernt haben, ist von unschätzbarem Wert für die Weiterentwicklung dieser Transplantationsart.»