Die Protestierer versammelten sich am Dienstagabend vor der Residenz des 70 Jahre alten Regierungschefs in Jerusalem. Die Demonstranten trugen dabei Fackeln und versuchten auch, Polizeibarrikaden niederzureissen, wie ein Video des israelischen Senders Kan zeigte. Die Polizei setzte mindestens einen Wasserwerfer ein.
Betrug und Manipulation
Bei dem Verfahren gegen Netanjahu geht es um drei Fälle. Er wird verdächtigt, als Kommunikationsminister dem Telekom-Riesen Bezeq Vergünstigungen gewährt zu haben. Im Gegenzug soll das zum Konzern gehörende Medium «Walla» positiv über Netanjahu berichtet haben. Zudem wird Netanjahu verdächtigt, von befreundeten Milliardären Luxusgeschenke im Wert von rund 700 000 Schekel (184 000 Euro) angenommen zu haben. Auch soll er dem kritischen Zeitungsverleger Arnon Moses angeboten haben, im Gegenzug für positive Berichterstattung dessen Konkurrenzblatt zu schwächen. Netanjahu streitet alle Vorwürfe ab und wirft Polizei und Staatsanwaltschaft vor, sie hätten die Anklage gegen ihn «fabriziert».
Kritik am Krisenmanagement
In Israel gab es am Dienstag auch mehrere andere Protestaktionen. Angesichts steigender Infektionszahlen wächst auch die Kritik an Netanjahus Corona-Krisenmanagement. Vorgehalten werden ihm unter anderem vorschnelle Lockerungen und eine mangelnde Vorbereitung auf eine zweite Corona-Welle. Die Zahl der täglichen Neuinfektionen mit dem Coronavirus hat in Israel inzwischen ein Allzeit-Hoch erreicht. Wie das Gesundheitsministerium am Dienstag mitteilte, wurden für Montag 1681 Fälle gemeldet - so viele wie nie zuvor an einem Tag in dem Land seit Beginn der Pandemie.
50 Protestierende verhaftet
Die israelische Polizei hat bei Protesten gegen Ministerpräsident Benjamin Netanjahu in Jerusalem 50 Menschen festgenommen. Sie würden verdächtigt, an Störaktionen und Angriffen auf Beamte und Journalisten beteiligt gewesen zu sein, teilte die Polizei am frühen Mittwochmorgen mit. (SDA)