Bub (7) stürzt von Sessellift
«Meine Frau musste ihn loslassen, sonst wäre er erstickt»

Weil er nicht richtig einsteigen konnte, rutschte der kleine Akemi (7) am Freitag im Skigebiet Bödelen (Ö) vom Sessellift. Er stürzte rund sieben Meter in die Tiefe und musste ins Spital. Jetzt klagt sein Vater an: «Dieser Lift ist gemeingefährlich!»
Publiziert: 09.01.2019 um 12:53 Uhr
|
Aktualisiert: 09.01.2019 um 14:09 Uhr
1/4
Hier wird Akemi (7) nach dem Sturz vom Sessellift auf der Piste erstversorgt.
Foto: zVg
Helena Schmid

Für Mutter Emma W.* (48) waren es die schlimmsten Sekunden ihres Lebens: Sie sitzt auf dem Sessellift, umklammert mit der rechten Hand die blaue Kapuze am Skianzug ihres Sohnes Akemi* (7). Der Bub hängt mehrere Meter über der Skipiste. Er kriegt keine Luft mehr, läuft im Gesicht blau an. Emma W. muss ihr Kind loslassen, Akemi fällt sieben Meter in die Tiefe.

Die dramatischen Szenen ereigneten sich am Freitagnachmittag im Skigebiet Bödele (Ö). Der Bub verletzte sich beim Sturz und musste mehrere Tage im Spital betreut werden (BLICK berichtete). «Wir sind seit dem Unfall völlig fertig», sagt Vater Julian W.* (52) zu BLICK.

Schon beim Einsteigen gab es Probleme

Die Familie aus Frankfurt (D) verbrachte eine Woche im österreichischen Skigebiet. Es passierte vor der letzten Abfahrt, die Emma W. mit ihren Zwillingen nach rund einer Woche Skiferien machen möchte. Vater Julian W. spricht am Telefon für seine Frau, die immer noch unter Schock steht: «Schon als sie in den Sessellift eingestiegen sind, gab es Probleme. Mein Sohn konnte gar nie richtig absitzen.»

Die Sessel werden nämlich am Einstieg nicht verlangsamt, werden mit hoher Geschwindigkeit um die Kurve an der Station geleitet. Um richtig Platz zu nehmen und den Bügel zu schliessen, bleibt kaum Zeit – für Kinder besonders schwierig. «Akemi rutschte gleich am Anfang vom Sitz. Meine Frau griff ihm noch unter die Arme und schrie laut ‹Stop› – doch niemand hörte sie», erklärt der Vater.

Der Skilift schwebt in die Höhe, Akemi rutscht immer tiefer, die Mutter kann ihn schliesslich nur noch an der Kapuze festhalten. Durch den Zug an der Kapuze presst sich der Kragen des Skianzugs in den Hals des Buben. Julian W.: «Als sie sah, dass er blau anlief, war ihr klar: Er erstickt, wenn sie ihn nicht fallen lässt. Meine Frau musste ihn loslassen, sonst wäre er erstickt.» Der Sturz habe seinem Sohn so das Leben gerettet.

«Ich habe mich so hilflos gefühlt»

Eine Skifahrerin, die direkt zum Unfallort stiess, war Ärztin. Nach der Erstversorgung flog ihn der Helikopter ins Spital. Dort stellten die Ärzte fest: Ausser Würgemalen am Hals und Blutergüssen in den Augen hatte der Bub keine schwereren Verletzungen. Trotzdem musste er zur Überwachung drei Tage bleiben.

Julian W. wachte am Spitalbett seinen Sohnes: «Ich habe mich so hilflos gefühlt.» Weil er es nicht mehr aushielt, besuchte er am Sonntag noch einmal den Unfallskilift. «Ich war entsetzt, als ich sah, dass sich dort nichts verändert hat. Dieser Lift ist gemeingefährlich», sagt er.

Bereits Ende Januar 2014 stürzte ein Mädchen (9) aus der Schweiz während der Fahrt vom gleichen Skilift. Auch sie hatte Probleme beim Einsteigen und konnte den Bügel nicht richtig schliessen. Die Neunjährige rutschte ebenfalls vom Sitz. Der Vater hielt sie noch an der Hand bis er keine Kraft mehr hatte. Beim Sturz vom Sessel verletzte sie sich schwer.

Lift wird bald zwanzig

Julian W. hat beim Betreiber des Skilifts um Erklärung gebeten. Walter Bär von den Dornbirner Seilbahnen versichert: «Die Sesselliftanlage wird jährlich nach den geltenden Sicherheitsstandards überprüft.» 

Zwar sei der Einstieg schneller als bei Liften, die ihre Sessel auskoppeln können: «Aber als die Anlage im Jahr 2000 gebaut wurde, wäre ein kuppelbarer Lift zu teuer gewesen», erklärt Bär. Dafür habe man an den äusseren Sitzen eine Kindersicherung angebracht. «Der Bub setzte sich aber nicht auf den gesicherten Sitz», so der Betreiber.

Familie W. ist mittlerweile wieder zurück in Deutschland. Den Eltern geht der Vorfall nicht mehr aus dem Kopf. «Ich kann an nichts anderes denken zurzeit», sagt Julian W. Auf eine Erklärung des Skilift-Betreibers wartet er noch vergebens.

* Name geändert

Im März 2018 sorgte ein Uralt-Sessellift in Georgien für Schlagzeilen: Er geriet ausser Kontrolle, fuhr plötzlich rückwärts und drehte auf Vollgas. Acht Passagiere wurden verletzt.

Sessellift-Horror in Georgien
0:51
Video aus 2018:Sessellift-Horror in Georgien

Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?