Berufungsprozess beginnt
Gisèle Pelicot trifft erneut auf einen ihrer Vergewaltiger

Im Vergewaltigungsfall um Gisèle Pelicot ist einer der Angeklagten in Berufung gegangen. Am Montag startet der Prozess gegen Husamettin D. im französischen Nîmes.
Publiziert: 07:13 Uhr
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Aktualisiert: 08:02 Uhr
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Im Vergewaltigungsfall um Gisèle Pelicot beginnt am Montag der Berufungsprozess gegen einen mutmasslichen Vergewaltiger.
Foto: AFP

Darum gehts

  • Berufungsprozess gegen mutmasslichen Vergewaltiger von Gisèle Pelicot beginnt
  • Gisèle Pelicot wurde zur feministischen Ikone und Galionsfigur
  • 50 Männer akzeptierten Urteil, Haupttäter Dominique Pelicot erhielt 20 Jahre Haft
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Ein Jahr nach dem aufsehenerregenden Vergewaltigungsprozess von Avignon beginnt am Montag der Berufungsprozess gegen einen mutmasslichen Vergewaltiger von Gisèle Pelicot (72). Der 44 Jahre alte Husamettin D. will vor Gericht in Nîmes erneut seine Unschuld erklären. Er ist der einzige der 51 Verurteilten des ersten Prozesses, der am Berufungsverfahren festhielt.

Die zur feministischen Ikone gewordene Gisèle Pelicot will bei dem auf drei Tage angelegten Prozess anwesend sein. «Sie wird da sein, um klarzumachen, dass eine Vergewaltigung eine Vergewaltigung bleibt», sagte Pelicots Anwalt Antoine Camus. «Es gibt keine ‹kleine› Vergewaltigung.»

Die heute 72-jährige Gisèle Pelicot war von ihrem damaligen Ehemann Dominique Pelicot über Jahre hinweg immer wieder mit Medikamenten betäubt und von ihm selbst sowie von Männern vergewaltigt worden, die er in Internetforen kontaktiert hatte.

Mitangeklagter beteuert Unschuld

Dominique Pelicot hatte sich zu Beginn des ersten Prozesses im vergangenen Jahr geständig gezeigt und erklärt, dass er und alle 50 Mitangeklagten Vergewaltiger seien. Viele der Mitangeklagten argumentierten jedoch, sie seien überzeugt gewesen, sich lediglich an einem erotischen Spiel zu beteiligen, bei dem die Frau sich schlafend stelle.

Dies erklärte auch der 44 Jahre alte Husamettin D., der von Montag an vor Gericht erneut seine Unschuld betonen will. «Ich bin kein Vergewaltiger. Er ist doch ihr Ehemann, ich hätte nie gedacht, dass er seiner Frau so etwas hätte antun können», hatte er im ersten Prozess gesagt. Er habe erst nach einer halben Stunde «verstanden, dass es kein Spiel war» – als Gisèle Pelicot hörbar geschnarcht habe.

Dominique Pelicot zu Höchststrafe verurteilt

Das Gericht in Avignon hatte Husamettin D. in erster Instanz zu neun Jahren Haft verurteilt. Aus gesundheitlichen Gründen musste er seine Haftstrafe bislang nicht antreten. Dominique Pelicot war vom Gericht zur Höchststrafe von 20 Jahren Haft verurteilt worden. Er wird in dem Berufungsverfahren als Zeuge auftreten.

Die übrigen Mitangeklagten waren zu Haftstrafen zwischen zwei Jahren auf Bewährung wegen sexueller Nötigung und 15 Jahren wegen mehrfacher Vergewaltigung verurteilt worden. Ursprünglich waren 17 der Männer in Berufung gegangen. Nach und nach entschieden sich alle bis auf Husamettin D. jedoch dagegen – wohl auch, um eine möglicherweise noch härtere Strafe zu vermeiden.

Gisèle Pelicot hatte sich für öffentliches Verfahren eingesetzt

Wegen ihres Muts und der grossen Medienaufmerksamkeit für den Prozess war Gisèle Pelicot zu einer Galionsfigur im Kampf für die Frauenrechte geworden. Sie hatte sich für ein öffentliches Verfahren eingesetzt, «damit die Scham die Seite wechselt».

Das französische Parlament will in einer Reaktion auf den Prozess von Avignon demnächst die Definition von Vergewaltigung präzisieren. Die Zustimmung zum Geschlechtsverkehr müsse «freiwillig und bewusst geschehen», steht im entsprechenden Gesetzesentwurf. Eine Zustimmung kann demnach nicht aus einem Schweigen oder einer mangelnden Reaktion abgeleitet werden.

Gisèle Pelicot hat nach dem Ende des ersten Prozesses gemeinsam mit einer französischen Journalistin ihre Memoiren verfasst. Das Buch soll in zahlreichen Sprachen erscheinen, auf Deutsch Ende Januar unter dem Titel «Eine Hymne auf das Leben».

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