Darum gehts
- Ingwer: Beliebtes Hausmittel gegen Erkältungen, aber Wirkung wissenschaftlich nicht belegt
- Laborstudie zeigt: Ingwer kann Abwehrzellen in Alarmbereitschaft versetzen
- Ingwershots enthalten oft mehr Zucker als Cola und wenig echten Ingwer
Es ist wieder Erkältungszeit. Und deshalb ist Ingwer wieder in aller Munde – und zwar wortwörtlich. Die scharfe Knolle soll das Immunsystem stärken, Entzündungen hemmen, gegen Übelkeit helfen und sogar Erkältungen vorbeugen. Kein Wunder also, dass Ingwershots in Supermärkten zu teuren Trendprodukten geworden sind und auf Tiktok-Rezepte viral gehen. Doch was steckt wirklich hinter den Versprechen?
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des deutschen Leibniz-Instituts für Lebensmittel-Systembiologie haben das untersucht. Tagesschau.de berichtete als Erstes darüber. In einer Laborstudie tranken Probandinnen und Probanden einen Liter Ingwertee auf nüchternen Magen – eine Menge, die weit über dem liegt, was die meisten von uns täglich konsumieren. Bereits nach wenigen Minuten konnte im Blut der Testpersonen der scharfe Wirkstoff Gingerol nachgewiesen werden.
Reaktion ja – Wirkung fraglich
In einer weiteren Analyse zeigte sich: Gingerol kann die Abwehrzellen im Labor in Alarmbereitschaft versetzen. «Die Zellen, die mit Ingwerscharfstoff vorbehandelt wurden, reagierten etwa 30 Prozent stärker auf eine simulierte bakterielle Infektion», erklärt Lebensmittelchemikerin Gaby Andersen. Ein spannendes Ergebnis – doch Andersen warnt: Getestet wurde nur im Labor und nur gegen Bakterien. Erkältungen werden jedoch meist durch Viren verursacht. Ob Ingwer hier ebenfalls wirkt, ist unklar.
Auch Kathrin Sedlmaier vom Kompetenzzentrum für Ernährung betont: Zwar gibt es Hinweise darauf, dass Ingwer antiviral, antioxidativ und entzündungshemmend wirkt. Ob das aber tatsächlich zu weniger Erkältungen führt, sei wissenschaftlich nicht belegt.
Gut erforscht ist hingegen, dass Ingwer gegen Übelkeit hilft – etwa auf See, im Auto oder Flugzeug. Bei Schwangerschaftsübelkeit zeigen Studien teils positive Effekte, allerdings mit begrenzter Datenlage.
Vorsicht bei Ingwershots
Was die Forschung aber einhellig bestätigt: Ingwer ist gesund und kann Teil einer ausgewogenen Ernährung sein. Die scharfen Inhaltsstoffe wirken vermutlich entzündungshemmend und könnten langfristig das Risiko für Krankheiten wie Krebs oder Depressionen senken. Für diese Effekte sei jedoch nicht nur Ingwer entscheidend, sondern eine Vielzahl an sekundären Pflanzenstoffen aus verschiedensten Lebensmitteln. Eine gute Immunabwehr hängt also eher von abwechslungsreicher Ernährung, ausreichend Bewegung, genügend Schlaf und wenig Stress ab – nicht allein von täglichen Ingwertees.
Kritisch sehen Expertinnen und Experten zudem die teuren Ingwershots. Laut Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz enthalten sie oft viel Zucker, teilweise sogar mehr als Cola – und nur wenig echten Ingwer. Wer die Wirkung der Knolle nutzen möchte, ist besser beraten, Ingwertee selbst zuzubereiten oder frischen Ingwer in Mahlzeiten einzubauen.