Appell an die Mächtigen bei Amtseinführung
Papst Leo XIV. mahnt zu Einigkeit und rügt ungezügelten Kapitalismus

Mit einer feierlichen Messe auf dem Petersplatz ist Papst Leo XIV. offiziell ins Amt eingeführt worden. Das neue Oberhaupt von weltweit 1,4 Milliarden Katholiken kritisierte in seiner ersten Predigt ein Wirtschaftsmodell, dass die Ressourcen der Welt ausbeute.
Publiziert: 11:52 Uhr
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Aktualisiert: 15:15 Uhr
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Vor Beginn der Messe begrüsste Papst Leo XIV. die jubelnden Gläubigen auf dem Petersplatz im Vatikan.
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Keystone-SDADie Schweizer Nachrichtenagentur

In seiner auf Italienisch gehaltenen Predigt zeigte sich Papst Leo XIV. demütig. «Ich wurde ohne jegliches Verdienst ausgewählt und komme mit Furcht und Zittern zu euch», bekannte er. Dann hob er als seinen grössten Wunsch die Einheit der Kirche hervor: «Liebe Brüder und Schwestern, ich würde mir wünschen, dass dies unser erstes grosses Verlangen ist: eine geeinte Kirche.»

Damit spielte er auf die Richtungskämpfe innerhalb der katholischen Weltkirche an. Die Reformer drängen auf eine liberalere Sexualmoral und die Öffnung kirchlicher Ämter für Frauen. Die Konservativen dagegen wollen die traditionelle Lehre unverändert erhalten und lehnen etwa Segnungen für homosexuelle Paare ab. In Deutschland verliert die Kirche seit vielen Jahren Mitglieder.

Im Einklang mit Vorgänger Franziskus

Papst Leo XIV. selbst gilt als gemässigter Brückenbauer, der zwischen den unterschiedlichen Lagern vermitteln kann. Es wird weithin angenommen, dass er auch deshalb so überraschend schnell vom Konklave gewählt worden ist. Die Wahl dauerte nicht einmal 24 Stunden.

Der erste Papst aus den USA machte in seiner Predigt deutlich, dass er sich in der Linie seines argentinischen Vorgängers Franziskus sieht, der sich besonders für Menschen am Rande der Gesellschaft eingesetzt hatte. «In unserer Zeit erleben wir noch immer zu viel Zwietracht, zu viele Wunden, die durch Hass, Gewalt, Vorurteile, Angst vor dem Anderen und durch ein Wirtschaftsmodell verursacht werden, das die Ressourcen der Erde ausbeutet und die Ärmsten an den Rand drängt», sagte Papst Leo XIV.

Damit nahm er explizit andere Positionen ein als sein Landsmann US-Präsident Donald Trump. Auch Franziskus hatte in der Predigt bei seiner Einführung 2013 betont, dass sich die Kirche der «Ärmsten, Schwächsten, Geringsten» annehmen müsse und appelliert, die Schöpfung zu bewahren.

Spontanes EU-USA-Spitzentreffen in Rom

Nach der grossen Messe kommt es in Rom zu einem kurzfristigen EU-USA-Spitzentreffen. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und US-Vizepräsident JD Vance werden am Sonntagnachmittag bei der italienischen Ministerpräsidentin Giorgia Meloni zu einem Dreiergespräch zusammenkommen. Das kündigte deren Büro an. Das Treffen wird im Amtssitz Melonis, dem Palazzo Chigi in der Innenstadt, stattfinden.

Zentrales Thema werden die Beziehungen der Europäischen Union mit den Vereinigten Staaten sein, wie es hiess. In den vergangenen Wochen hatte es teils heftige Verstimmungen gegeben. Hintergrund war vor allem die Ankündigung von US-Präsident Donald Trump, unter anderem die EU mit Zöllen zu belegen.

Erste Fahrt mit dem Papamobil

Vor Beginn der Messe hatte der neue Papst erstmals eine Runde im Papamobil durch die Menschenmenge auf dem Petersplatz gedreht. Im Unterschied zu Franziskus, der gegen Ende seiner Amtszeit meist sitzen blieb, stand er aufrecht. In der Menge waren auch zahlreiche US-Flaggen zu sehen, aber auch peruanische Fahnen.

Leo XIV. ist der 267. Papst in der 2000-jährigen Kirchengeschichte. Der katholischen Glaubenslehre zufolge ist er Nachfolger des Apostels Petrus und Stellvertreter von Jesus Christus auf Erden. Zudem ist er Bischof von Rom, Primas von Italien und Staatsoberhaupt des Vatikans. Grosse weltliche Macht hat er nicht. Er ist aber für viele Menschen eine moralische Autorität.

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