«AfD dadurch stärker geworden»
Merkel zieht Migrationsbilanz nach «Wir schaffen das»

Zehn Jahre nach ihrem berühmten Satz «Wir schaffen das» zieht Ex-Kanzlerin Angela Merkel eine positive Bilanz zur Integration von Flüchtlingen. In einem ARD-Interview betont sie Deutschlands Fortschritte, räumt aber auch Herausforderungen ein.
Publiziert: 09:11 Uhr
|
Aktualisiert: 10:23 Uhr
Teilen
Anhören
Kommentieren
1/4
Angela Merkel über die deutsche Migrationspolitik: «Bis jetzt haben wir viel geschafft.»
Foto: Keystone/dpa

Darum gehts

  • Merkel sieht Fortschritte bei der Integration von Migranten in Deutschland
  • Merkel verteidigt ihre Entscheidung, betont Deutschlands Stärke und Fähigkeit
  • 6,5 Millionen Menschen kamen seit 2015, weniger als die Hälfte arbeitet
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
KEYSTONE-SDA_Quadrat_pos.jpg
Keystone-SDADie Schweizer Nachrichtenagentur

Zehn Jahre nach ihrem legendären Satz «Wir schaffen das» zur Aufnahme Hunderttausender Flüchtlinge ist Deutschland nach Überzeugung der damaligen Bundeskanzlerin Angela Merkel (71, CDU) bei der Integration von Migranten deutlich vorangekommen. «Das ist ein Prozess. Aber bis jetzt haben wir viel geschafft. Und was noch zu tun ist, muss weiter getan werden», sagte die CDU-Politikerin in einem Interview mit dem Journalisten Ingo Zamperoni (51), das für eine ARD-Dokumentation geführt wurde.

Am 31. August 2015 hatte Merkel jene drei Worte gewählt, nachdem gerade bekanntgeworden war, dass für das laufende Jahr 800'000 Flüchtlinge in Deutschland erwartet wurden und Tausende Geflüchtete von Ungarn kommend in Richtung Deutschland unterwegs waren.

Ihr Satz wurde Merkel «um die Ohren gehauen»

Merkel sagt heute: «Dass das etwas wirklich Herausforderndes wird, das war mir klar.» Zugleich habe es sie auch immer wieder verwundert, «wie sehr mir diese drei Worte ‹Wir schaffen das› auch um die Ohren gehauen wurden». Sie habe bloss ausdrücken wollen, dass Deutschland vor einer grossen Aufgabe stehe. Dabei habe sie auf die Menschen im Land gehofft.

Eine Überforderung Deutschlands durch ihre Entscheidung sieht Merkel nicht. «Das glaube ich nicht. Deutschland ist ein starkes Land», sagte sie. «Insgesamt war ich der Überzeugung, dass Deutschland das stemmen kann.»

Die frühere Kanzlerin verwies darauf, dass die Alternative gewesen wäre, die geflüchteten Menschen mit Gewalt davon abzuhalten, nach Deutschland zu kommen. «Dazu hätte ich mich nie bereiterklärt», stellte Merkel klar. Im Rückblick habe sie sich manchmal aber auch Vorwürfe gemacht, dass man nicht schon 2012/13 – als der Bürgerkrieg in Syrien bereits im Gange war – nicht mehr für die Menschen vor Ort getan habe.

AfD wurde stärker, Streit in der Union

Merkel räumte auch ein, dass ihre Entscheidung zum Aufschwung der AfD beigetragen hat. «Dadurch ist die AfD sicherlich stärker geworden.» Das sei aber kein Grund gewesen, eine Entscheidung, die sie für richtig und vernünftig halte, nicht zu treffen. Auch habe ihr Entschluss zu Streit in der Union geführt, der nicht hilfreich dabei gewesen sei, die grosse Integrationsaufgabe zu bewältigen.

CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann (48) zog eine kritische Bilanz zehn Jahre nach dem Merkel-Satz. «Seit 2015 sind 6,5 Millionen Menschen zu uns gekommen und weniger als die Hälfte ist heute in Arbeit. Ich finde das, gelinde gesagt, nicht zufriedenstellend», sagte Linnemann der «Neuen Osnabrücker Zeitung». Heute gehe es darum, illegale Migration in die Sozialsysteme zu stoppen und reguläre Zuwanderung in den Arbeitsmarkt zu fördern. «Das muss die Politik dieser Regierung 2025 sein – und das ist sie auch.»

Teilen
Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?
Heiss diskutiert
    Meistgelesen
      Meistgelesen