Darum gehts
Die Abnehmspritze Wegovy wurde im März 2024 in die Grundversicherung aufgenommen. Seither erleben Schweizer Adipositaszentren einen Ansturm, wie eine Umfrage des Beobachters zeigt.
Am Universitätsspital Zürich haben sich die Neuanmeldungen gegenüber den Vorjahren verdreifacht – derzeit bemühen sich monatlich rund 100 Personen um einen Ersttermin. Die Wartezeit dafür beträgt am Unispital bis zu ein Jahr, am Claraspital Basel mindestens ein halbes Jahr, am Spital Limmattal zwei bis sechs Monate. Am Kantonsspital Aarau konnte die Wartefrist für einen Ersttermin dank mehr Kapazitäten auf rund drei Monate reduziert werden.
Kosten von 300 Millionen Franken
Der grosse Andrang überrascht nicht. Immerhin verspricht die medikamentöse Therapie mit den sogenannten GLP-1-Medikamenten und den Wirkstoffen Semaglutid oder Tirzepatid einen deutlichen Gewichtsverlust ohne operativen Eingriff.
Das ist ein Beitrag aus dem «Beobachter». Das Magazin berichtet ohne Scheuklappen – und hilft Ihnen, Zeit, Geld und Nerven zu sparen.
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Gemäss dem Verband der Schweizer Krankenversicherer Prio Swiss sollen allein bis Ende 2024 rund 40’000 Wegovy-Rezepte ausgestellt worden sein. Kostenpunkt: 43 Millionen Franken. Mittelfristig gehen Fachleute sogar von jährlichen Kosten von bis zu 300 Millionen aus.
Damit die Grundversicherung die Abnehmspritze bezahlt, braucht es jedoch eine fachärztlich gestützte Kostengutsprache. Die Voraussetzungen dafür sind streng: Ein BMI von mindestens 35 oder ein BMI ab 28 mit einer gewichtsbedingten Begleiterkrankung wie Diabetes Typ 2 oder Bluthochdruck.
Die Patientinnen und Patienten müssen sich zudem zu einer Diät, einer Ernährungsberatung, mehr Bewegung und regelmässigen Kontrollen verpflichten. Wer die Gewichtsziele nicht erreicht, verliert spätestens zehn Monate nach Behandlungsbeginn den Anspruch auf Kostenübernahme.
Zur Not zahlen die Leute selber
Von einer Lifestyle-Droge auf Kosten der Prämienzahlenden kann also keine Rede sein. Trotzdem hat sich in den letzten Jahren gezeigt: Wer mit den neuen Wundermitteln abnehmen will, kann das auch.
Gemäss Analysen des Marktforschungsinstituts IQVIA Schweiz und der Krankenversicherung Helsana sollen im Jahr 2023 rund 70’000 Menschen GLP-1-Medikamente aus dem eigenen Portemonnaie bezahlt haben.
Wie viele davon weder fettleibig waren noch an mindestens einer gewichtsbedingten Zusatzkrankheit litten, lässt sich aus den Zahlen nicht ableiten. Klar ist: Die Mittel werden längst auch ausserhalb der medizinischen Leitlinien zur Gewichtsreduktion verwendet.
Abnehmen aus Lifestyle-Gründen
Die «Deutsche Apothekerzeitung» berichtete bereits vor der Markteinführung von Wegovy, dass der Wirkstoff Semaglutid zunehmend «zur Gewichtsoptimierung Normalgewichtiger oder gefühlt Übergewichtiger aus Lifestyle-Gründen» eingesetzt werde.
Das Bundeskriminalamt in Deutschland hat in den vergangenen zwei Jahren denn auch einen deutlichen Anstieg gefälschter Ozempic- und Wegovy-Rezepte beobachtet. In Grossbritannien berichtete die BBC über Personen, die sich die Spritze illegal beschafften und unter starken Nebenwirkungen litten.
Und in den USA warnt die Behörde für Lebens- und Arzneimittel vor gefälschten Injektionen, die auf Tiktok, in Onlineforen oder über dubiose Telemedizinanbieter vertrieben werden.
In der Schweiz gibts kaum gefälschte Rezepte
Auch Schweizer Fachpersonen berichten von Menschen, die die Spritze ohne ärztliche Begleitung nutzen. Zumindest gefälschte Rezepte scheinen hierzulande aber noch kein grosses Problem darzustellen. Das zeigt eine Umfrage des Beobachters bei grossen Schweizer Apothekenketten.
«Wir haben nur sehr wenige verdächtige Anfragen erhalten, etwa im Zusammenhang mit ausländischen Rezepten oder ungewöhnlich hohen Mengen», erklärt etwa Phoenix Pharma.
Anders sieht es bei gefälschten Arzneimitteln über illegale Vertriebskanäle aus. So warnte Swissmedic bereits vor gut anderthalb Jahren vor gefälschten Ozempic-Pens, nachdem es hierzulande zu mehreren Hospitalisierungen gekommen war.
Illegal bedeutet auch gefährlich
Die grösste Gefahr bei gefälschten oder illegal importierten Medikamenten ist gemäss Lukas Jaggi, Mediensprecher von Swissmedic, dass solche Produkte zu wenig, zu viel oder gar keinen Wirkstoff oder sogar schädliche Verunreinigungen enthalten. Seine Botschaft ist daher klar: Wer Medikamente aus unkontrollierten Quellen bestellt, riskiert seine Gesundheit.