Darum gehts
- Seit Oktober sind bei DM 70 Produkte der Shein-Tochtermarke Sheglam erhältlich
- Kundinnen sehen darin einen massiven Nachhaltigkeitsverlust
- Auch Mitarbeiter äussern Bedenken und packen über interne Vorkommnisse aus
Das Schweizer Gewerbe ächzt unter dem chinesischen Onlineriesen Shein. Bernhard Egger (57), Geschäftsführer vom Handelsverband Swiss, präsentierte am jüngsten Retail Forum alarmierende Zahlen: Durch die Konkurrenz aus China würden dem hiesigen Detailhandel jährlich drei Milliarden Franken Umsatz verloren gehen, sagte er.
Auch bei unseren Nachbarn im Norden siehts nicht besser aus: In Deutschland machte Shein vergangenes Jahr rund 1,1 Milliarden Euro (ca. eine Milliarde Franken) Umsatz – ein Anstieg um 18 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Am Umsatz gemessen ist Deutschland der wichtigste europäische Markt für den Konzern.
DM reagiert und stösst Kundinnen vor den Kopf
Von den Nöten und Sorgen der deutschen Detailhändler will die Drogeriemarkt-Kette DM derweil nichts wissen. Das Unternehmen, das «seinen Kunden eine bewusste Entscheidung für nachhaltige Produkte» ermöglichen will – wie es auf dessen Website heisst – geht mit dem China-Giganten plötzlich einen Deal ein. Seit Oktober gibts bei DM 70 ausgewählte Kosmetikprodukte der Marke Sheglam zu kaufen – einem Tochterunternehmen von Shein. In 1500 Filialen im ganzen Land sind die Lippenstifte, Wimperntuschen und Cremes der Firma erhältlich.
Der Entscheid sorgt bei der Kundschaft für rote Köpfe. Denn DM verkörpert seit der Gründung 1973 Werte wie Nachhaltigkeit und Ökologie und setzt seit jeher stark auf Bio-Produkte. Jetzt wird dem Konzern vorgeworfen, für Profitzwecke das nachhaltige Image zu opfern.
«Wie immer geht es nur ums Geld»
In einem Youtube-Video der Meinungsbloggerin Alicia Joester (29) zum Thema wird die Kritik in der Kommentarspalte deutlich. So heisst es von einem User: «Ich war so schockiert, als ich das mitbekommen habe. Mein Leben lang redet dieser Laden von Nachhaltigkeit und dann wollen sie so einen Blödsinn verkaufen? Nur wegen Umsätzen?» 900 Menschen gefällt der Kommentar. Jemand anderes empört sich: «Und wie immer geht es nur ums Geld. Man kann keinem Konzern mehr trauen, der sich mit Nachhaltigkeit schmückt.»
Irritiert zeigen sich Kundinnen auch ab den Sheglam-Preisen. Denn der Mutterkonzern Shein ist eigentlich für seine Billigpreise bekannt und beliebt. Davon ausgenommen scheinen Kosmetikprodukte: Ein Sheglam-Lippenstift kostet bei DM derzeit 7.45 Euro (rund 6.80 Franken). Ein ähnliches Produkt der DM-Eigenmarke gibts bereits ab 2.95 Euro oder 2.75 Franken.
Gibts Sheglam bald auch in der Schweiz?
Die grösste Schweizer Warenhauskette Manor gibt auf Anfrage an, zum jetzigen Zeitpunkt keine Einführung von Sheglam zu planen. «Manor fokussiert sich aktuell auf die beliebten und viel nachgefragten DM-Eigenmarken», sagt ein Sprecher.
Rossmann – eigentlich ein deutsches Unternehmen, das seit 2024 aber kräftig in der Schweiz expandiert – hält sich bedeckt: «Nach interner Rücksprache bitten wir um Verständnis, dass wir uns zu diesem Thema nicht weiter äussern», heisst es. Offener zeigt sich Müller: Obwohl auch dort Sheglam demnächst nicht ins Sortiment aufgenommen wird, beobachtet Müller «die Marktentwicklung aufmerksam und bewertet regelmässig mögliche Sortimentserweiterungen», so ein Sprecher.