Traditionsbetrieb am Ende – 28 Angestellte betroffen
Wädenswiler Traditions-Betrieb in Konkurs – nach 165 Jahren

Die Wädenswiler Firma Blattmann Schweiz AG war der einzige Stärke- und Glukosehersteller der Schweiz. Unglückliche Zollentscheide haben nun zum Ende geführt.
Publiziert: 06.08.2025 um 18:53 Uhr
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Was passiert mit der Fabrik der Konkurs gegangenen Blattmann Schweiz AG in Wädenswil ZH?
Foto: Blattmann Schweiz AG

Darum gehts

  • Blattmann Schweiz AG schliesst Betrieb. Nahrungsmittelindustrie verliert wichtigen Zulieferer
  • Zollentscheid und Energiepreiserhöhung führten zu Wettbewerbsnachteil gegenüber ausländischen Konkurrenten
  • 28 Mitarbeitende betroffen, 12 können in andere Unternehmensteile übernommen werden
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Jean-Claude RaemyRedaktor Wirtschaft

Lichterlöschen beim nächsten Schweizer Traditionsunternehmen: Die 1856 gegründete Blattmann Schweiz AG in Wädenswil ZH schliesst den Betrieb. Gemäss Blick-Informationen wurden die betroffenen Mitarbeitenden am Mittwoch über die Schliessung der Stärkefabrik informiert.

Schweizerinnen und Schweizer konsumieren täglich Zutaten dieser Firma: Sie beliefert die Nahrungsmittelindustrie in der Schweiz und im Ausland mit Zutaten wie Gluten und Glukosesirup. Diese werden in Backwaren, Glaces oder Bonbons verwendet.

Damit ist Schluss. Auf Anfrage von Blick bestätigt Verwaltungsratspräsident Giulio De Luca (57) das Aus für das Unternehmen am Ufer des Zürichsees. «Betroffen sind 28 Mitarbeitende, davon können 12 in die rechtlich und finanziell unabhängigen Blattmann Handels AG und Blattmann Noredux AG übernommen werden, die weiter bestehen», sagt De Lucia. 16 Mitarbeitende stehen auf der Strasse.

Zölle sorgten für Probleme

Die Gründe für die Pleite sind vielschichtig. Erste Probleme gab es während der Corona-Krise, als die Lieferketten unterbrochen wurden. Auch die starke Erhöhung der Energiepreise nach Ausbruch des Ukraine-Kriegs traf die Firma hart – europäische Konkurrenten konnten laut De Lucia von Energiepreis-Subventionen profitieren, die Blattmann Schweiz AG indes nicht.

Das wäre noch verkraftbar gewesen. Besonders schwer wog dann aber ein Schweizer Zollentscheid im Dezember 2023. Es ging um die Zollbedingungen für die Einfuhr von Weichweizen, das zur Herstellung von Stärke verwendet wird. «Unser Hauptrohstoff Mehl hat sich von einem Tag auf den anderen um fast 60 Prozent verteuert», betont De Lucia. Dadurch entstand ein riesiger Preisnachteil gegenüber ausländischen Mitbewerbern, die praktisch zollfrei in die Schweiz exportieren dürfen.

Grosskunden lieferten auch in die USA

Das Management und die Aktionäre waren aber trotzdem von einem Turnaround überzeugt und haben zur Stabilisierung frische Mittel eingebracht. Dazu bewilligte das Finanzdepartement im Sommer 2024 ein Gesuch der Blattmann Schweiz AG für direkten und zollerleichterten Import von Mehl aus dem Ausland. «Doch der Wettbewerbsnachteil konnte nicht mehr aufgefangen werden», sagt De Lucia. Die Liquiditätssituation war bereits zu schlecht.

Seit April 2025 wurde die Liquiditätssituation immer schwieriger. Nicht zuletzt aufgrund der Unsicherheit rund um die Zollvereinbarung mit den USA, zumal Blattmann grössere Kunden bedient, die in die USA exportieren. Dazu wurde ein Kurzarbeitsantrag abgelehnt.

Schweizer Industrie muss jetzt im Ausland beziehen

Was mit dem markanten Fabrikgebäude am Ortseingang von Wädenswil passiert, sei derzeit noch offen. Das Fabrikgebäude der Noredux AG produziert weiter. Allerdings Produkte auf Basis von Kartoffel- und Maisstärke, die nicht von den Problemen rund um die Einfuhr von Weizen betroffen waren. Die Blattmann Handels AG ist derweil als Vertreterin von Nahrungsmittelzutaten ausländischer Produzenten aktiv, also auch nicht betroffen.

De Lucia bedauert die Schliessung und sieht darin auch einen Verlust für die Schweiz: «Ohne eine lokale Produktion ist ein Grossteil der Lebensmittelindustrie der Schweiz auf Importe angewiesen.» Gerade während Corona sei deutlich geworden, wie schnell internationale Lieferketten auseinanderfallen können.

Künftig werden also ausländische Konkurrenten die Schweizer Nahrungsmittelindustrie mit den Spezial-Zutaten beliefern.

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