Darum gehts
Beobachter-Leser Franco Antonini hat doppeltes Pech: Kurz vor der Pensionierung verliert er seine Stelle. Dann kommt Corona, weshalb viel weniger Jobs ausgeschrieben sind.
Wegen seines Alters und der Pandemie erhält Antonini, der eigentlich anders heisst, von der Arbeitslosenversicherung genügend Taggelder bis zu seiner Pensionierung zugesprochen. Trotzdem muss sich der Schwyzer weiterhin bewerben. Als ihm der Personaldienstleister Kelly Services eine temporäre Stelle anbietet, sagt er zu. «Die Aufgabe war herausfordernd und hat mich interessiert», erinnert er sich.
Antonini arbeitet 2022 zehn Monate für eine Nahrungsmittelfirma. Die ersten drei Monate Vollzeit, danach Teilzeit, je nach Bedarf. Der Arbeitgeber ist zufrieden mit ihm, der Einsatz wird mehrmals verlängert. Während seines Teilzeiteinsatzes verdient Antonini weniger, als wenn er Arbeitslosengeld bezogen hätte. Die Differenz bezahlt die Unia-Arbeitslosenkasse – insgesamt rund 16’000 Franken.
Vollzeitvertrag wird zum Problem
Sechs Monate nach seinem letzten Arbeitstag folgt der Schock: Die Kasse fordert die Ausgleichszahlungen zurück. Zum Verhängnis wird dem heute Pensionierten der Arbeitsvertrag mit Kelly Services. Dieser legt die wöchentliche Arbeitszeit auf 40 Stunden fest – obwohl mündlich vereinbart war, dass die Arbeitseinsätze nach Bedarf abgemacht werden.
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Die Unia-Arbeitslosenkasse findet: Antonini hätte 40 Stunden arbeiten sollen – so stand es im Vertrag. Er hätte seine Arbeitskraft in diesem Ausmass anbieten und den vollen Lohn einfordern müssen.
Antonini versäumt es, die Verfügung der Kasse anzufechten. Er stellt stattdessen ein Gesuch um Erlass der Forderung. Dieses wird abgewiesen – und Antonini bleibt auf der happigen Rechnung sitzen.
Späte Rückforderung verhindert Vertragsanpassung
«Einsatzbereitschaft und Einsatzwille haben sich für mich in keiner Weise gelohnt – sie führten sogar zu einer Strafzahlung», sagt er enttäuscht. Er fühlt sich von den Beteiligten alleingelassen. Wenn ihn die Kasse früher informiert hätte, hätte der Vertrag angepasst werden können – und die Rückforderung wäre ihm erspart geblieben. «Kelly Services hat mir bei der Unterzeichnung versichert, dass solche Verträge Standard sind.»
Mit den Vorwürfen konfrontiert, teilt die Gi Group – die Kelly Services in der Zwischenzeit übernommen hat – mit, dass sie die Situation bedauere. Die Firma sei aber «in keiner Weise für diese Umstände verantwortlich». Antonini habe nie mitgeteilt, dass er zu wenige Stunden arbeite.
Erlass nach Beobachter-Anfrage
Die Unia-Arbeitslosenkasse gibt sich auf Anfrage des Beobachters hingegen selbstkritisch – und hebt die Rückforderung prompt auf. Der Grund: «Man hat die versicherte Person nie darüber informiert, dass sie beim Arbeitgeber die vertraglich vereinbarte Arbeitszeit einfordern muss.» Die Kasse bedauert den Fehler. Man habe ihn nicht früher bemerkt, weil Antonini keine Einsprache gegen die Verfügung erhoben habe.
Franco Antonini ist erleichtert, aber nicht ganz zufrieden: «Es bleibt ein seltsames Gefühl zurück.»