Darum gehts
«Traditionsunternehmen gerettet», «Forster Küchen wird fortgeführt» – so titelten am 24. Juni 2025 diverse Medien, als bekannt wurde, dass der Winterthurer Immobilienunternehmer Giovanni Cerfeda den Küchenbauer übernimmt.
Für die Angestellten eine positive Wendung: 75 Prozent des bisherigen Personals will er weiterbeschäftigen. Für jene Angestellten, die wegen der ausstehenden Löhne in eine finanzielle Notlage geraten waren, öffnet er sein eigenes Portemonnaie und überbrückt ihre Löhne, bis das Geld von der Arbeitslosenkasse kommt.
Weniger rosig sieht die Situation für jene aus, die sich für eine Küche der namhaften Schweizer Firma entschieden hatten. Der «Beobachter» weiss von zwei Personen, die eine Forster-Küche bestellt und fast komplett bezahlt haben. Geliefert wurde sie nie.
Das ist ein Beitrag aus dem «Beobachter». Das Magazin berichtet ohne Scheuklappen – und hilft Ihnen, Zeit, Geld und Nerven zu sparen.
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Stattdessen flatterte eine neue Rechnung ins Haus. Der Thurgauer Küchenbauer Forster Swiss Home AG sei in provisorischer Nachlassstundung, teilte die Firma der Kundschaft mit. Für die Gläubiger beginnt ein rätselhaftes Kapitel im Schweizer Insolvenzrecht.
Trotz 19'000 Franken Anzahlung keine Montage
Katrin Bänziger vermietet ein Mehrfamilienhaus mit 14 Mietparteien im Kanton Appenzell. Für eine frisch renovierte Wohnung bestellte sie bei der Forster Swiss Home AG eine neue Küche im Wert von rund 21'000 Franken. Am 29. April 2025 unterschrieb sie die Auftragsbestätigung, am 9. Mai zahlte sie knapp 19'000 Franken an. Einen identischen Fall gibt es von einem weiteren Gläubiger, sämtliche Rechnungen und die Korrespondenzen liegen dem «Beobachter» vor.
Den Montagetermin vom 27. Mai sagte Forster ab – die Küche wurde nicht eingebaut. Am 19. Juni erhielt Bänziger eine neue Rechnung für die bereits zu 90 Prozent bezahlte Küche. Mit welcher Begründung? Seit dem 20. Mai befindet sich das Unternehmen in einer provisorischen Nachlassstundung, einer gerichtlichen Atempause mit dem Ziel, die Firma zu sanieren und vor dem Konkurs zu retten. Wie Blick mehrfach berichtete, warteten zu diesem Zeitpunkt die meisten der 150 Angestellten bei Forster noch auf ihren April-Lohn.
In einer provisorischen Nachlassstundung übernimmt ein sogenannter Sachwalter die Geschäfte und vertritt sowohl die Interessen der Firma als auch die der Gläubiger. Im Fall von Forster ist die Wicki Partners AG, eine Zürcher Anwaltskanzlei, bis zum 20. September 2025 verantwortlich. Während dieser Zeit kann Forster gemäss schweizerischem Schuldbetreibungs- und Konkursgesetz (SchKG) Artikel 297a Absatz 1: «ein Dauerschuldverhältnis unter Entschädigung der Gegenpartei» jederzeit auflösen, «wenn dies der Sanierung dient». Das schafft Druckmittel, um mit Vertragspartnern über neue Bedingungen zu verhandeln, statt den Vertrag ganz aufzugeben. Ist im Fall von Forster und Bänziger die erneute Rechnung also die neue Bedingung? Und wo bleibt die Entschädigung der Gegenpartei?
Auch die Auffanggesellschaft rückt die Küchen nicht raus
Wie es zu den rätselhaften Rechnungen kommt, bleibt offen. Auf Anfragen des «Beobachters»reagierte Firmenretter Giovanni Cerfeda nicht. Per 1. Juli leitet er die Geschäfte bei Forster. Er hat dafür eine sogenannte Auffanggesellschaft gegründet. Ein neues Unternehmen, das gewisse Teile der alten Firma in der Krise übernimmt. Sämtliche Betriebsmittel, Vorräte, angefangenen Arbeiten, Kundendaten und Immaterialgüter der Forster-Gesellschaften übernimmt Cerfeda – jedoch Forderungen, Verbindlichkeiten oder ausserbilanzielle Pflichten nicht. Das teilt Sachwalter Wicki in einem Schreiben vom 27. Juni den Gläubigern mit. Es liegt dem «Beobachter» vor.
Katrin Bänziger bot Forster an, die Küche von einer Drittfirma abholen und einbauen zu lassen. Forster wollte die Küche aber nicht herausrücken. Bänziger wäre sogar bereit gewesen, den Kühlschrank und andere Küchengeräte, die in der ersten Rechnung enthalten waren, selbst nochmals zu kaufen, erklärt sie.
Forster lehnte ab und bestand weiter auf Bezahlung der erneut gestellten Rechnung. «Da hat es mir den Deckel gelupft», sagt Bänziger. Sie hat sich einen Anwalt genommen und ist mit dem Sachwalter in Kontakt getreten.
Sachwalter Balthasar Wicki beantwortete die Fragen von Bänzigers Anwalt bezüglich Montagetermin und doppelter Verrechnung nicht. Auch eine Anfrage des «Beobachters» blieb unbeantwortet.
«Nicht ein zweites Mal bezahlen»
«Fest steht: Frau Bänziger muss die Rechnung nicht ein zweites Mal bezahlen», erklärt «Beobachter»-Rechtsberaterin Nicole Müller. Daran ändere auch die provisorische Nachlassstundung nichts. Sie verschafft einer Firma lediglich Zeit, einen Sanierungsplan zu erstellen, während der Betrieb weiterläuft.
In Bänzigers frisch renovierter Wohnung wohnt seit dem 10. Juni eine neue Mieterin – beim Einzug war sie ohne Küche. Die Miete für den Juni musste Bänziger ihr erlassen. Inzwischen hat ein Schreiner aus dem Nachbardorf eine neue Küche montiert. Die zu 90 Prozent angezahlte Forster-Küche bleibt weiter im Lager des Küchenherstellers liegen. «Die zweite Rechnung von Forster bezahle ich auf gar keinen Fall», betont Katrin Bänziger.
Bei hohen Summen: Betreibungsregister checken
«Wenn Forster Konkurs geht, kann Frau Bänziger dort das bezahlte Geld als Forderung eingeben», sagt «Beobachter»-Beraterin Müller.
Es ist immer ein Risiko und setzt Vertrauen voraus, viel Geld zu bezahlen, bevor man eine Leistung bekommen hat. Darum rät Müller: «Den Vertragspartner möglichst genau prüfen, bevor man unterschreibt.» Das heisst: schauen, was im Betreibungsregister steht, und online nachforschen, ob andere Kunden schlechte Erfahrungen gemacht haben.
Haben Sie ähnliche Probleme mit der Firma Forster? Dann melden Sie sich bitte beim Beobachter, wir werden die Inputs gern prüfen. Wir behandeln alle Hinweise vertraulich.
Kontakt: Valentin Grünig, valentin.gruenig@beobachter.ch, Telefon: +41 58 269 20 76
Ihre Hinweise können Sie uns auch diskret über die Whistleblower-Plattform des Beobachters zukommen lassen: sichermelden.ch. Bitte geben Sie als Vermerk «Forster-Küchen/Valentin Grünig» an.
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Kontakt: Valentin Grünig, valentin.gruenig@beobachter.ch, Telefon: +41 58 269 20 76
Ihre Hinweise können Sie uns auch diskret über die Whistleblower-Plattform des Beobachters zukommen lassen: sichermelden.ch. Bitte geben Sie als Vermerk «Forster-Küchen/Valentin Grünig» an.