Darum gehts
- Chocolat Ammann wird verkauft, Produktion eingestellt, Mitarbeiter verlieren Jobs
- Eric von Graffenried, Promi-Anwalt und Unternehmer, erfüllte sich Bubentraum
- Ammann produzierte jährlich 20 Millionen Schokoküsse in Heimberg BE
Die Betroffenheit am Sitz von Chocolat Ammann in Heimberg BE ist gross. Der 1949 gegründete Schoggi-Hersteller wird an den St. Galler Konkurrenten Maestrani verkauft. Die Produktion im Berner Oberland wird eingestellt, knapp 40 Angestellte verlieren laut dem «Berner Oberländer» ihren Job. Schon ab August sollen die Schokoküsse am Sitz von Maestrani in Flawil SG produziert werden. In der Fabrik, die für ihre Minor-Prügeli und die klebrigen Schoggi-Bananen bekannt ist.
Besitzer von Chocolat Ammann – und damit treibende Kraft hinter dem Verkauf – ist Eric von Graffenried (64). Der Berner ist eine schillernde Figur. Er hat sich lange Jahre als Promi-Anwalt und Fürsprecher einen Namen gemacht. So hat er 2006 zwischen dem französischen Superstar Johnny Hallyday (1943 bis 2017) und der Gemeinde Saanen BE vermittelt. Der Sänger verlegte seinen Wohnsitz auf der Flucht vor dem französischen Fiskus nach Gstaad BE ins Saanenland.
«Mohrenkopf muss wieder Würde bekommen»
Eric von Graffenried stammt aus einer einflussreichen Patrizier-Familie aus Bern. Er ist ein entfernter Cousin des Berner alt Stapis Alec von Graffenried (62). Auf seine Herkunft hat er sich nie etwas eingebildet. «Der Einfluss meiner Familie wird überschätzt», sagte er einst gegenüber der «NZZ». Geholfen hat er ihm wohl dennoch. Als Generalkonsul des Fürstentums Monaco bewegte sich von Graffenried auch auf politischem Parkett – wo er wichtige Kontakte in die High Society knüpfte.
2018 dann der Bruch: Von Graffenried erfüllt sich einen Bubentraum und kauft die Schoggifabrik von Ammann in Heimberg. Mit 58 Jahren wird er zum Unternehmer, führt 40 Angestellte und produziert 20 Millionen Schokoküsse im Jahr. «Ich wollte schon immer eine Schokoladenfabrik», sagte er der Zeitung. Und fügt an: «Der Mohrenkopf muss wieder Würde bekommen.» Weg vom Billigimage, hin zu edler Verpackung, neuen Sorten, nachhaltiger Produktion.
«Choco-King» und «YB-Schoggiküss»
Kein Zuckerschlecken, wie sich schnell zeigen sollte. Von Graffenried strich den Namen «Mohrenkönig» – und setzte sich damit in ein Wespennest. Traditionalisten liefen Sturm, von Graffenried blieb standhaft. «Einige Begriffe sind aus der Zeit gefallen – wie das Schnurtelefon», sagte er gegenüber der «NZZ» trocken. Die Schokoküsse heissen heute noch «Choco-King» und «Choco-Prince».
Von Graffenried hatte Erfolg. Der Verkauf erfolgte im «Rahmen einer Nachfolgelösung», wie es in einer Medienmitteilung heisst. Er erschloss neue Exportmärkte, brachte seine Schoggi-Produkte in die Regale der deutschen Supermarkt-Ketten Kaufland und Edeka. Und eroberte neue Märkte auf dem Heimmarkt. So produziert der bekennende YB-Fan zum Beispiel den Adventskalender des Berner Sportclubs und ein 16-er-Pack «YB-Schoggiküss». Wie es den Berner Fussballfans schmeckt, dass diese künftig aus einer St. Galler Fabrik kommen, wird sich zeigen.