Post hat sich verkalkuliert
«Das Aus von Notime hat mich nicht überrascht»

Die Post stellt per Ende September 2025 ihre Lieferdienst-Tochtergesellschaft Notime ein. Die Chefin des Detailhandelsverbands Dagmar Jenni sah schon lange wenig Potenzial für deren Geschäftsmodell.
Publiziert: 07.05.2025 um 19:55 Uhr
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Aktualisiert: 13:47 Uhr
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Die Post stellt ihre Tochtergesellschaft Notime im Herbst ein.

Darum gehts

  • Post stellt Betrieb von Notime ein, 600 Mitarbeitende betroffen
  • Geringe Nachfrage und Zahlungsbereitschaft für Same-Day-Deliveries überrascht Experten nicht
  • Schweizer sind laut Studie bereit, maximal 10 Franken für Schnelllieferungen zu zahlen
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Jean-Claude RaemyRedaktor Wirtschaft

Rund 600 Mitarbeitende der Post-Tochter Notime zittern um ihren Job. Die Post hat heute angekündigt, dass der Betrieb ihrer Tochtergesellschaft per Ende September eingestellt wird.

Das Geschäftsmodell ist gescheitert: Notime liefert Kunden Pakete noch am Tag der Bestellung. Die Nachfrage sei «unter den Erwartungen geblieben», begründet die Post das baldige Ende. Dazu sei die Zahlungsbereitschaft für das Angebot gering gewesen.

Auf den ersten Blick scheint das überraschend. Die landläufige Meinung war, dass in der Schweiz wegen des Trends zu E-Commerce und schnellen Lieferungen ein wachsender Bedarf für Zustellungen am selben Tag – sogenannte «Same-Day-Deliveries» – besteht.

Wenig Zahlungsbereitschaft für Schnelllieferungen

Dagmar Jenni (57) vom Detailhandelsverband Swiss Retail Federation sieht das anders: «Das Aus von Notime hat mich nicht überrascht», sagt sie gegenüber Blick.

Sie stützt ihre Aussage auf eine vom Verband gemeinsam mit dem Beratungsunternehmen Oliver Wyman im November 2021 erstellte Studie. Diese untersuchte das Einkaufsverhalten von Schweizerinnen und Schweizern. Dabei wurde auch die Zahlungsbereitschaft von Kunden für Schnelllieferungen analysiert. Das Ergebnis: Die Kundschaft zeigte sich bereits damals sehr zurückhaltend.

«Die Liefergebühren galten bei vielen Befragten als eine Haupthürde, die gegen Online-Käufe sprach», so Jenni. Für Schnelllieferungen waren Schweizer laut der Studie bereit, im Schnitt maximal 10 Franken zu bezahlen.

«Seit damals hat sich unserer Einschätzung nach die Preissensitivität noch erhöht», führt Jenni aus. Konsumenten gäben zwar oft an, dass sie Zusatznutzen wie schnelle Heimlieferungen aus Bequemlichkeit gerne beanspruchen. Doch dafür zahlen wollen die wenigsten. «Wenn ein Anbieter dann nicht genügend grosse Liefermengen hinkriegt, kommt er nie in die Gewinnzone und legt drauf», schliesst Jenni.

Auch Alexandra Scherrer (33) von der Beratungsfirma Carpathia geht davon aus, dass die Nachfrage nach Same-Day-Delivery bei Konsumenten nicht so stark wie oft angenommen sei. «Dies zeigen Konsumentenbefragungen schon seit mehreren Jahren – darunter sogar der E-Commerce Stimmungsbarometer der Post», so Scherrer.) Diesem zufolge sagten lediglich 5 bis maximal 20 Prozent der Konsumenten, dass ihnen eine Zustellung am selben Tag wichtig sei.

Post fokussiert wieder aufs Kerngeschäft

Das Ende von Notime nach acht Jahren folgt auf die Ankündigung vor einem Jahr, dass 170 Poststellen schliessen. 2023 hatte die Post schon ankündigen müssen, dass ihre Vertriebstochter Direct Mail Company 2024 eingestellt wird.

Nun will sich die Post künftig wieder stärker auf ihre Kernkompetenzen in der Brief- und Paketlogistik, im Zahlungsverkehr sowie im öffentlichen Verkehr konzentrieren.

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