Darum gehts
Die Mietpreisspirale in der Schweiz dreht unaufhaltsam nach oben: Im letzten Jahr sind die Angebotsmieten so stark gestiegen wie noch nie. Fürs aktuelle und fürs nächste Jahr werden ähnlich hohe Kostensprünge prognostiziert.
Doch nun gibt es für einmal positive Nachrichten: Das Bundesamt für Wohnungswesen hat den Referenzzinssatz von 1,5 auf 1,25 gesenkt. Inklusive der Senkung aus dem Frühjahr haben damit die Hälfte der Mieter im Land Anspruch auf eine Mietzinsreduktion, so die Zürcher Kantonalbank. Bei einer monatlichen Nettomiete von 2000 Franken spart ein Haushalt immerhin 700 Franken im Jahr.
Das wirkt wie Balsam für die Seele der gebeutelten Mieterinnen und Mieter im Land. Doch der Hauseigentümerverband Schweiz dämpft die kleine Freude bereits: Der Senkungsanspruch bestehe gemäss Gesetz nur, «wenn der Vermieter mit dem aktuellen Mietzins einen übersetzten Ertrag erzielt», schreibt der HEV Schweiz in einer Mitteilung. Gemäss Mietrecht können alle Vermieter Senkungsforderungen zurückweisen, die auf ihrem investierten Eigenkapital höchstens eine Nettorendite von 3,25 Prozent erzielen.
Vermieter argumentieren häufiger mit zu tiefer Rendite
Ist ein Mieter damit nicht einverstanden, geht es vor die Schlichtungsbehörde. «Erbringt die Vermieterschaft den Nachweis der ungenügenden Rendite nicht, ist der Mietzins gemäss der Entwicklung des Referenzzinssatzes und der Teuerung zu senken», sagt Advokatin Sarah Brutschin (55). Sie ist Vorstandsmitglied des Mieterinnen- und Mieterverbands Schweiz.
Vermieter können die seit der letzten Mietzinsanpassung aufgelaufene Teuerung sowie höhere Unterhalts- und Betriebskosten gegenrechnen. Haben sie diese Mehrkosten im letzten oder diesem Jahr bereits auf die Mieten abgewälzt, kommen sie nun schwer um eine Mietzinssenkung herum, sagt Nicole Schweizer (38), Co-Leiterin der Rechtsberatung beim Mieterinnen- und Mieterverband Zürich.
Auf allzu viel Gegenliebe scheinen die Begehren auf Mietzinssenkungen aber nicht zu stossen. «Wir erleben immer mehr Fälle, in denen die Vermieter sagen, ihre Rendite sei zu tief, sie könnten keine Senkung gewähren, sagt Schweizer, die auch als Schlichterin in der Mietschlichtungsbehörde des Bezirksgerichts Pfäffikon ZH tätig ist.
In diesem Fall muss der Vermieter den Mietzins immer senken
Doch nur ein Bruchteil der Mieter wagt den Gang vor die Schlichtungsbehörde. Die meisten fürchten sich davor, sich mit ihrem Vermieter anzulegen. Wer den Schritt geht, muss je nach Kanton auf eine diplomatische Verwaltung hoffen. «Vor der Schlichtungsbehörde legen die Vermieter praktisch nie ihre Renditeberechnungen offen», so Schweizer. «Sie spekulieren darauf, dass die Mieter nicht vors Mietgericht ziehen. Denn ab da kostet es Geld», ergänzt sie.
Im Kanton Zürich muss häufig die Mietpartei vor Gericht gehen. Im Kanton Basel-Landschaft wird die Weigerung, die Berechnung offenzulegen, hingegen anders gehandhabt. Dann muss der Vermieter klagen – oder den Mietzins senken.
In einem Fall müssen die Vermieter ab dem 2. September den Mietzins von sich aus senken: Nämlich dann, wenn ihre Nettorendite über 3,25 Prozent liegt und damit übersetzt ist.