«So kann ich meine Rechnungen nicht mehr zahlen»
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Uber-Fahrer Athi Papadopoulos:«So kann ich meine Rechnungen nicht mehr zahlen»

Hunderte Uber-Fahrer streiken heute in ganz Zürich–Katharina Toth (49) ist verzweifelt
«Pro Kilometer bleiben mir 30 Rappen»

Uber-Fahrer in Zürich streiken am Montagmorgen gegen sinkende Tarife und steigende Kosten. Trotz langer Schichten verdienen viele nur 1500 bis 2000 Franken monatlich. Die Konkurrenz durch den neuen Anbieter Bolt verschärft die Situation. Nun haben die Chauffeure genug.
Publiziert: 08:11 Uhr
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Aktualisiert: vor 35 Minuten
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«Ich kann nicht mehr von meinem Lohn leben!» Athi Papadopoulos (46).
Foto: Rebecca Spring

Darum gehts

  • Schweizer Uber-Fahrer protestieren gegen zu tiefe Preise in Zürich
  • Konkurrenz im Taxigewerbe drückt Preise, viele Fahrer auf Sozialhilfe angewiesen
  • 200 Fahrer beteiligen sich am Streik beim Zürcher Albisgüetli
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.

Schweizer Uber-Chauffeure sind hässig. 200 Fahrerinnen und Fahrer protestieren heute Morgen beim Zürcher Albisgüetli – auf dem grossen Parkplatz, wo sonst die Knabenschiessen-Chilbi stattfindet. Sie wollen den ganzen Tag hindurch keine Fahrten annehmen. Ihre Autos stellen sie ab. Aus Protest gegen die zu tiefen Preise des US-Fahrdienstes, wie es in einem Schreiben heisst, das Blick vorliegt. Sie fordern unter anderem höhere Mindestpreise pro Fahrt und tiefere Kommissionsanteile.

Einer von ihnen ist Athi Papadopoulos (46), er fährt seit fast vier Jahren für Uber. Auch für Bolt hat er schon Passagiere befördert. Er ist verzweifelt und wütend. «Ich kann nicht mehr leben von meinem Lohn», sagt er zu Blick. In den vergangenen drei Jahren seien die Preise um 60 Prozent gesunken. Für ihn ist klar: «Jetzt müssen die Löhne rauf!» Der Staat müsse aktiv werden. Und Uber besser auf die Finger schauen. 

«Für 28 Franken an den Flughafen? Das ist unverschämt!»

Katharina Toth (49) fährt seit sechs Jahren für Uber. Mit ihrem Einkommen kommt sie nur knapp über die Runden. «Pro Kilometer bleiben mir nach Abzug aller Kosten 30 Rappen», sagt sie. «Das ist einfach zu wenig!» Syna-Gewerkschafter Daniel Soricic (51) ist beeindruckt. «Ihr habt diesen Streik selbständig auf die Beine gestellt, das ist aussergewöhnlich», ruft er den Streikenden zu. Er fordert die Volkswirtschaftsdirektion des Kantons Zürich auf, endlich tätig zu werden. Zudem will er auch die Konsumenten sensibilisieren. Und ihnen aufzeigen, wie wenig den Chauffeuren am Ende der Schicht im Portemonnaie bleibt.

Hysen Serifi (38) aus Regensdorf ZH weiss, wovon die Uber-Fahrer reden. Er ist früher selbst für den US-Anbieter gefahren. Heute fährt er wieder Taxi. Er weiss: «Uber lohnt sich nicht mehr, die Tarife sind viel zu tief», sagt er zu Blick. Und nennt ein Beispiel. «Die Fahrt von Zürich an den Flughafen kostet 28 Franken. Das ist unverschämt!», findet der Chauffeur. 

Kunden spüren den Protest nicht

Kommts wegen des Streiks zu einem Engpass? Blick machte am Montagmorgen den Test: Eine Fahrt vom Bahnhof Altstetten quer durch die Stadt Zürich zum Bahnhof Stadelhofen kostete bei UberX 19 Franken. Der Preis war laut Uber-App leicht erhöht aufgrund «hoher Nachfrage». Bitter für die Streikenden auf dem Albigüetli: Ihr Protest spüren die Kunden nicht, wie die Blick-Stichprobe zeigt. In weniger als 20 Sekunden nahm ein Uber-Fahrer die Anfrage an.

Uber reagierte im Vorfeld gelassen auf den Streik. «Wir erwarten am Montag keine grösseren Auswirkungen auf die Verfügbarkeit unseres Angebots», sagt ein Sprecher zu Blick. Er verweist auf ein «neues Modell», das den Fahrern mehr Freiheiten geben soll: «Selbstständige, lizenzierte Fahrerinnen und Fahrer können ihre Preise jederzeit anpassen und eigenständig auf Marktdynamiken reagieren.» Für die Fahrer ist allerdings längst klar: Die Freiheit, selbst Preise zu bestimmen, nützt wenig, wenn der Markt sie nach unten drückt.

«Da legen die Fahrer drauf!»

Die Konkurrenz im Taxigewerbe ist gross, die Preise sind tief. Wer vom Job leben muss, der isst hartes Brot. Trotz langer Schichten bleiben am Ende des Monats vielen Fahrern kaum mehr als 1500 bis 2000 Franken. Denn die Kosten für Auto, Benzin, Versicherungen und Strassenverkehrsabgaben fressen schnell einmal die Hälfte des Umsatzes weg. Die Folge: Jeder zweite Fahrer ist auf Unterstützung durch die Sozialhilfe angewiesen.

Auslöser der letzten Tarifsenkungen ist der neue Rivale Bolt, der seit Mai 2024 ebenfalls in Zürich unterwegs ist – und mit tieferen Preisen lockt. Um mit dem estnischen Fahrdienstanbieter mitzuhalten, hat Uber nachgezogen. Für die Fahrer bedeutet das: weniger Einnahmen. «Bei den aktuellen Preisen kann man nicht mehr von einem Verdienst reden. Da legen die Fahrer drauf», sagt Gewerkschafter Zoricic.

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