Darum gehts
- Qcision leitet Konkursverfahren ein. Standorte in der Schweiz und weltweit betroffen
- Mitarbeiter sind fassungslos und ärgern sich über das Management
- Rund 80 Mitarbeitende sind von der Pleite betroffen, die meisten in Rapperswil-Jona
Lichterlöschen bei der Qcision, die Standorte in Lyss BE, Rapperswil-Jona SG sowie Zweigstellen in China und den USA unterhält. Das ehemalige Unternehmen des börsenkotierten Autozulieferers Feintool hat intern ein Konkursverfahren eingeleitet, weiss Blick.
In einem vorliegenden Schreiben an Kunden, datiert mit 21. August 2025, informiert Qcision über die Gründe für die Pleite. Etwa, dass die Firma «mit der Sanierung der Gesellschaft beziehungsweise Teile davon gescheitert ist».
Rund 80 Mitarbeitende, die meisten davon in Rapperswil-Jona, sind betroffen. Sie arbeiten bereits nicht mehr. Blick-Anrufe am Hauptsitz laufen ins Leere, eine E-Mail-Anfrage bleibt unbeantwortet.
Interessant: Verkaufsleiter Frank Selbach wirbt seit Tagen für sich auf der Plattform Linkedin: «Ich suche eine neue Stelle und würde mich über Unterstützung freuen.» Die HR-Verantwortliche Carmen Goydke versucht, Automatiker-Lehrlingen einen neuen Ausbildungsbetrieb zu vermitteln. Bei vielen Mitarbeitenden ist im Linkedin-Profilbild der Schriftzug «Open to work» (übersetzt: auf Stellensuche) sichtbar.
Betroffene: Konkurs wäre abwendbar gewesen
Die Angestellten sind fassungslos über den Konkurs, der Ärger ist gross. «Es wäre genügend Business vorhanden gewesen, um das Unternehmen zu retten», sagt Alfred Walther* (60), der seinen Namen nicht preisgeben will, gegenüber Blick. Er ist seit Jahren in der Firma beschäftigt. Im Gespräch schiebt er die Schuld am Konkurs hauptsächlich dem früheren CEO Markus Schaltegger in die Schuhe. Dieser habe es verpasst, neue Absatzmärkte zu finden, nachdem Probleme in der Autobranche dem Unternehmen zunehmend zu schaffen gemacht hatten. Schaltegger ist laut «Handelsamtsblatt» am 7. August 2025 aus dem Unternehmen ausgeschieden.
«Wir hätten in den Bereichen Waffen, Medizin, Uhren oder Luftfahrt viel Potenzial», sagt Walther weiter. Er beschuldigt auch die deutsche Inhaberin Certina, zu lange untätig zugesehen zu haben, wie das Unternehmen unterging: «Wir haben seit einem Jahr keine einzige Maschine verkauft und immer weniger Arbeit gehabt, doch geändert hat sich nichts!»
Deutscher Investor löscht Einträge
Qcision ist im Bereich Feinschneiden tätig. Heisst: Sie entwickelt Maschinen, Technologien und Dienstleistungen, die es der Industrie ermöglichen, Metallteile präzise, schnell und nachhaltig herzustellen. Etwa in der Auto- oder Uhrenbranche.
Die Münchner Investmentfirma Certina hatte im Mai 2023 die Feintool Technologie AG aus der Feintool Holding herausgekauft. Diese wurde anschliessend in Qcision umbenannt. Feintool Holding behielt eine strategische Minderheitsbeteiligung von 15 Prozent.
Certina hat schlussendlich den Schweizer Industriebetrieb fallen gelassen.
Der Kampf um die Löhne
Immerhin: Die Julilöhne wurden noch bezahlt, der Augustlohn steht aber aus, was die Angestellten wie Walther vor finanzielle Probleme stellt. Ein Antrag auf Insolvenzentschädigung kann erst erfolgen, wenn ein Konkurs formell vorliegt.
Blick hat Zugang zu einer Whatsapp-Gruppe der Qcision-Belegschaft. Dort heisst es, der Antrag auf Konkurs liege dem Gericht vor, werde aber noch von Feintool verzögert. Das verneint ein Feintool-Sprecher auf Anfrage.
Das Regionalgericht Berner Jura-Seeland hält gegenüber Blick fest, dass es den Eingang des Konkursantrags weder bestätigen noch dementieren darf. Im Gruppenchat heisst es, dass der formelle Konkurs am Mittwoch, 27. August, eröffnet sein müsste. «Ich hoffe einfach, dass alle Mitarbeitenden wieder einen Job finden können», sagt Walther stellvertretend für seine Kolleginnen und Kollegen.
* Name geändert