Martullo-Blocher preist Künzli-Sneaker an
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«Guter Spirit, hohe Qualität»:Martullo-Blocher preist Künzli-Sneaker an

Magdalena unterstützt ihren Roberto
Wie die Blochers die Schweizer Kult-Schuhmarke Künzli retten

Nach fast 100 Jahren stand Künzli Schuhe vor dem Aus. Dann rettete Roberto Martullo die Schweizer Kultmarke. Nun setzt der Zürcher Unternehmer auf modische Sneakers. Wie ihn seine Familie unterstützt und welche Pläne er für die Zukunft hat.
Publiziert: 09:54 Uhr
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Aktualisiert: 10:04 Uhr
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Roberto Martullo-Blocher mit Tochter Tamara, Gattin Magdalena und Sohn Matteo in seinem Flagship-Store nahe des Paradeplatzes in Zürich.
Foto: Kurt Reichenbach

Darum gehts

  • Roberto Martullo übernimmt Künzli Schuhe und modernisiert die Marke
  • Magdalena Martullo-Blocher und Familie unterstützen das Unternehmen
  • 70 Prozent des Geschäfts sind orthopädische Schuhe, 7000 Paar jährlich
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Thomas Kutschera
Schweizer Illustrierte

«Die sehen einfach cool aus! Elegant, retro, doch auch ein bisschen sportlich. Ich bekomme immer wieder Komplimente», sagt Magdalena Martullo-Blocher (56) und schaut auf ihre Schuhe der Marke Künzli, Modell Fides (Treue), Preis 299 Franken.

Mit Tochter Tamara (18) und Sohn Matteo (21) ist die milliardenschwere Chefin von Ems-Chemie auf Stippvisite bei ihrem Mann Roberto Martullo (63) – im Zürcher Flagship-Store von dessen Firma Künzli Schuhe. Drei Paar der besagten Marke hat sie: Fides, Karma (rot mit fünf weissen Streifen) und Apollo (weiss mit schwarzen Streifen). HSG-Student Matteo trägt das Modell Pura (weiss mit weissen Streifen) – dieses hat sein Vater speziell für ihn anfertigen lassen. Matteo: «Die sind cool. Es muss nicht immer Adidas oder Nike sein.»

Während der Sessionen in Bundesbern würden mittlerweile über 20 Parlamentarier Künzli-Sneakers tragen, erzählt dessen Mutter, die SVP-Nationalrätin, «die meisten von meiner Partei, aber nicht nur». Ihr Fraktionskollege Christian Imark habe ihren Mann gefragt, ob es bei einer Grossbestellung Rabatt gebe. Martullos Antwort, nach Rücksprache mit ihr, war klar «Nein!».

Magdalena Martullo-Blocher (r.) hat Schuhgrösse 36. «Mein Vater trägt seit Jahren ein orthopädisches Künzli-Modell.»
Foto: Kurt Reichenbach

«Modern Flair, High Spirit»

Vergangenen Herbst steht die 1927 gegründete Firma Künzli Schuhe wegen fehlender Nachfolgelösung vor dem Aus. Als Roberto Martullo dies in der Zeitung liest, ist für ihn klar: Diese ikonische Schweizer Marke mit den charakteristischen fünf Streifen darf nicht verschwinden. «Obwohl ich mich auf ein ruhiges Leben eingestellt hatte: im Garten arbeiten, ein paar Mandate als Headhunter, auf die Jagd gehen», erzählt der Schwiegersohn von alt Bundesrat Christoph Blocher (84), am Künzli-Sitz in Windisch AG. Daheim in Feldmeilen ZH habe er seine Idee mit der Familie besprochen. «Unsere drei erwachsenen Kinder kannten die Firma nicht. Zuerst rieten sie mir, ein anderes Hobby zu suchen.» Seine Frau, die beiden sind seit 2000 verheiratet, unterstützte den Bauchentscheid spontan. Nicht, ohne ihm zu raten: «Schau aufs Cash-Management!»

Artikel aus der «Schweizer Illustrierten»

Dieser Artikel wurde erstmals in der «Schweizer Illustrierten» publiziert. Weitere spannende Artikel findest du auf www.schweizer-illustrierte.ch.

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Ende 2024 hat der gelernte Elektronikmechaniker und spätere Autohändler die Schuhfirma gekauft – den Übernahmepreis verrät er nicht – und damit 35 Arbeitsplätze gerettet: Seit Januar ist Roberto Martullo neuer Besitzer und Chef der Künzli Swiss Schuh AG. Damals schrieben ihm Leute, in Anspielung auf die legendäre Aussage seiner Frau: «Dreamer! You dream, du!»

In seiner Jugend, die er in seinem Geburtsort Wohlen AG verbrachte, spielte er Fussball, machte Leichtathletik, «mit Künzli-Schuhen». Auch die Schweizer Männer-Fussball-Nati schwor jahrelang auf sie. In den 1950er-Jahren sind Martullos Eltern von Neapel in die Schweiz immigriert, jahrelang arbeiteten sie bei Bally in Dottikon AG – die Mutter in der Zuschneiderei, der Vater verband als Zwicker Schäfte mit Sohlen. «Als Kind war ich jeden Mittwochnachmittag dort. Seither kenne ich den Geruch von Schusterleim und Leder.» Seine Eltern hätten den Leuten stets auf die Schuhe geschaut. «Das habe ich von ihnen übernommen. Schuhe machen Leute!» Als Rolf Knie erfuhr, dass die Firma geschlossen werden sollte, deckte er sich im Fabrikladen in Windisch gleich mit zehn Paar Schuhen ein.

In der Werkstatt in Windisch ersetzt Spezialist Antonio Zullo für einen Kunden eine abgelaufene Sohle.
Foto: Kurt Reichenbach

«Junge wollen Weiss und dickere Sohlen»

Martullos Firma hat nach wie vor zwei Standbeine: orthopädische Schuhe und Sportschuhe. Doch der neue Chef ist emsig daran, die Marke zu verjüngen. «Swissness ist ja wieder gefragt. Doch wir brauchen Schuhe, die auch die Jungen der Generation Z cool finden.»

So liess der selbst ernannte Sneaker-Boss in den ersten zwei Monaten an die 30 trendige Modelle entwerfen und neben den Vintage-Schuhen in die Kollektion aufnehmen: Jeder Sneaker der Linie K Style ist aus Rindsleder gefertigt, in einer Fremdfirma in Portugal. Preis pro Paar: 299 bis 399 Franken. «Junge wollen vor allem weisse Sneakers, breiter und mit dickeren Sohlen als bei unseren klassischen Modellen. Kunden ab 45 bevorzugen etwas Individuelles, Farbiges, Auffälliges.» Und wer weiss? «Vielleicht sprechen wir mit unseren Sneakers ältere Semester an, die bisher On-Schuhe trugen.» Er selber ist fast immer mit Künzli-Schuhen unterwegs, meist mit dem Modell Patria (weiss mit roten Streifen). «Das ist keine politische Botschaft.»

Collage mit prominenten Künzli-Schuhträgern wie DJ Bobo, Steve Lee, Stefan Gubser, Nik Hartmann, Sonia Kälin, Roger Glover (Deep Purple), Denise Biellmann.
Foto: Kurt Reichenbach

Die Werbetrommel rührt Roberto Martullo auch auf Facebook, Instagram und Tiktok. Dort ist unter anderem das Kurzinterview zu sehen, das seine Frau in ihrem urigen Englisch an Europas grösster Turnschuhmesse, Sneakerness 2025, in Zürich gegeben hat: «Künzli-Schuhe, it’s a typical Swiss tradition, but with modern flair, high spirit, high quality. Special models. I like!» Das Video ging hunderttausendfach viral. Ihre Karma-Schuhe trug die Unternehmerin auch kürzlich bei ihrer 1.-August-Rede in Ruschein GR. «Wenn ich in Diskussionen um die EU-Verträge keine schönen Botschaften zu überbringen habe, fällt mir das in sportlichen Sneakers leichter.»

Handarbeit auch in Albanien

Doch nicht alles dreht sich beim neuen Künzli-Chef um Sneakers – 70 Prozent seines Geschäfts macht er mit orthopädischen Schuhen. Diese werden seit 2018 in einer firmeneigenen Produktionsstätte nahe der albanischen Hauptstadt Tirana hergestellt, 7000 Paar im Jahr. Vor Kurzem war Roberto Martullo auf Betriebsbesuch. «Tutto bene?», fragt er Fabrikdirektor Denjanir Deko beim Betreten der Halle. Es riecht nach Leim und Leder. 24 Einheimische arbeiten hier, eine Näherin verdient 1000 Franken im Monat. Seit seinem Besuch im Frühling prangt auf allen Arbeitsschürzen der Künzli-Schriftzug.

Ein Schuh besteht aus 50 Teilen. Ein einheimischer Schuhmacher in der Zwickerei: Hier werden Schaft und Leist verbunden.
Foto: Geri Born

Auf seinem Rundgang besichtigt der neue Chef die verschiedenen Arbeitsstationen: Zuschneiderei, Näherei, Schusterei, Finish (Sohle einlegen, verpacken). «Ein Schuh muss gut chaussiert sein, darf also nicht drücken», erklärt er bei einer Kiste mit Spezialschuhen für Schwinger. König Joel Wicki ist seit Jahren Künzli-Kunde. Auch er habe noch den einen oder anderen Hosenlupf vor sich, sagt Roberto Martullo. Trumps Zölle gehören nicht dazu, in die USA exportiert er nicht. Aber er ist auf der Suche nach Promi-Botschafterinnen und -Botschaftern für seine Sneakers. Er sei «mit interessanten Persönlichkeiten im Gespräch».

Roberto Martullo in seiner Fabrik in Tirana, Albanien. Hier stellen 24 Angestellte die orthopädischen Künzli-Schuhe her. «Sie alle kennen ihr Handwerk aus dem Effeff.»
Foto: Geri Born
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