Darum gehts
- Personalmangel in Wintersportorten ist eine Herausforderung
- Bündner Hotels nutzen Dating-App-ähnliche Plattform zur Personalsuche
- Hotelbetriebe rechnen mit Fachkräftemangel in Höhe von fünf bis zehn Prozent in der Wintersaison
Der Winter naht, und Skifahren ist in der Schweiz beliebt wie eh und je. In den Hotels, Restaurants, Sportgeschäften und bei den Bergbahnen laufen die Vorbereitungsarbeiten auf Hochtouren. Beim Forschungsinstitut BAK Economics geht man erneut von einer starken Wintersaison aus, auch wenn die Übernachtungen im Vergleich zum Vorjahr nur noch leicht ansteigen sollen.
Damit der Winter richtig Fahrt aufnehmen kann, braucht es neben Schnee das nötige Personal in den Betrieben der Wintersportorte – und das bleibt Mangelware. Kurz vor der Saison fehlen Hunderte Mitarbeitende!
In der Bündner Hotellerie und im Berner Oberland gehen Verantwortliche davon aus, dass man bei den Fachkräften mit einer Lücke von fünf Prozent in die Wintersaison startet. Im Wallis rechnet man mit fünf bis zehn Prozent, die fehlen werden.
Bündner setzen auf «Dating»-Plattform
Im Kampf um Fachkräfte geht es hitzig zu und her: Die Bündner setzen neu auf eine Vermittlungsplattform, die ähnlich wie eine Dating-App funktioniert. Der Startschuss für das Pilotprojekt fällt diese Woche. «Die Hotels werden sich auf der Plattform bei Angestellten bewerben», sagt Ernst «Aschi» Wyrsch (64), Präsident von Hotellerie Suisse Graubünden, zu Blick. Wie auf Tinder können Stellensuchende Jobinserate liken – tun sie das, beginnt der Flirt, auf den im Idealfall eine Anstellung folgt. Rund 30 Betriebe aus der Bergbahnbranche, Hotellerie und Gastronomie sind dabei.
An Bewerbungen fehle es eigentlich nicht, sagt der Co-Präsident des Walliser Hotelier-Vereins Olivier Andenmatten (50). «Viele Betriebe werden mit Bewerbungen und Anfragen von Hilfskräften überflutet.» Gerade junge Leute aus Spanien oder auch aus Argentinien suchen nach Jobmöglichkeiten im Ausland. Oft jedoch ohne relevante Berufserfahrung und ohne Deutsch- oder Englischkenntnisse. Einige Personallücken, beispielsweise im Housekeeping, können so geschlossen werden.
Ohne Wohnung keine Saisonniers?
Im Kanton Graubünden stellt man zudem eine Zunahme von jungen Bewerbern aus Deutschland fest. In der Westschweiz können vermehrt Leute aus Frankreich für ein paar Monate verpflichtet werden. «Unter den Hotelbetrieben ist ein regelrechter Kampf um die Talente in vollem Gang», so Wyrsch.
Ein Blick auf die Stelleninserate bestätigt dies: Viele Hotels locken mit Zusatzleistungen. Stark vergünstigtes Essen, hohe Rabatte auf die Nutzung von Hotelangeboten wie Spa, Fitness, Massagen und mehr – manche Angebote sind gar kostenlos. Hie und da wird mit einer 5-Tage-Woche, geregelten Arbeitszeiten, einer fehlenden Zimmerstunde oder überdurchschnittlichem Lohn geworben. In vielen Inseraten wird zudem erwähnt, dass eine Wohnung zur Verfügung gestellt werde.
Olivier Andenmatten mietet selbst zehn Wohnungen, damit er den Angestellten seines Hotels Hannigalp in Grächen VS ein Dach über dem Kopf bieten kann. «Ohne Wohnung kann man praktisch vergessen, dass Saisonangestellte einen Vertrag unterschreiben», sagt er. Zu überhitzt ist der Wohnungsmarkt in den beliebten Tourismusdestinationen während der Hauptsaison.
Gast soll nichts merken
Ist ein Hotel personell unterbesetzt, muss es am Angebot schrauben, damit die Angestellten die Wintersaison durchhalten. «Man reduziert beispielsweise die Zahl der Gerichte auf der Menükarte», sagt Stefan Grossniklaus (53), Hotelierspräsident Berner Oberland. Wichtig sei dabei: Qualität und Preis-Leistungs-Verhältnis müssen stimmen und das Essen speditiv beim Gast auf dem Tisch sein. «Der Gast soll nichts davon merken, wenn das Angebot gestrafft wird.»
Die Betriebe kennen die Situation aus den letzten Jahren und haben Lösungen gefunden, wie sie die Öffnungszeiten reduzieren können, ohne dass das Gästeerlebnis leidet. In Hotelkooperationen werden die Gäste beispielsweise an bestimmten Abenden in einem einzigen Betrieb verköstigt – dann bleibt die Küche in den anderen geschlossen. Oder die Hotels arbeiten mit einem benachbarten Restaurant zusammen, und die Gäste gehen dort dinieren.
Übernachtungen werden teurer
In den so wichtigen Wochen rund um Weihnachten und Neujahr versuchen die Hotels, zumindest für ein paar Wochen Aushilfen im Dorf zu finden. «Ansonsten entgeht den Betrieben wichtiger Umsatz», so Andenmatten.
Die schwierige Suche nach Fachkräften wirkt sich auch auf die Löhne aus: Wer einen erfahrenen Koch suche, müsse schon mal zehn Prozent mehr zahlen als noch vor zwei, drei Jahren. Auch die Lebensmittelpreise sind gestiegen. Sparen können Hotels im Vergleich zum Vorjahr dank etwas tieferer Zinsen für Kredite und bei den Energiekosten. Im Berner Oberland geht man deshalb davon aus, dass die Preise in etwa auf dem Vorjahresniveau bleiben. In den Kantonen Wallis und Graubünden rechnet man mit Preiserhöhungen von zwei bis fünf Prozent.