Darum gehts
- Twint im Gegenwind: Swiss Retail Federation reicht Anzeige bei Wettbewerbskommission ein
- Kleine Händler unter Druck: Twint-Gebühren fressen Margen bei Produkten auf
- Kioskbesitzer verliert bei 3-Franken-Zeitungsverkauf über Twint fast 20 Rappen Marge
Die Swiss Retail Federation (SRF) wirft Twint Missbrauch seiner Marktmacht vor. Deren Anzeige bei der Wettbewerbskommission Weko soll klären, ob Schweizer Detailhändler tatsächlich dem erfolgreichen und bei Konsumentinnen und Konsumenten beliebten Bezahl-Dienstleister ausgeliefert sind. Im Fokus: die Gebühren, die die Gewerbetreibenden berappen müssen.
Spricht man mit kleineren Händlern, geht es tatsächlich ums Überleben. Etwa bei Yasin Rajabi (64): Er führt seit über 30 Jahren den Kiosk 15 an der Zürcher Kreuzstrasse. Laut Rajabi zahlen heute 99 Prozent seiner Kunden digital: «Bargeld ist tot». Gut sichtbar prangt an seinem Kiosk jedoch ein handgeschriebener Zettel, auf dem steht «Zigaretten bar zahlen». Dazu Rajabi: «Bei Zigaretten ist meine Marge so tief, dass ich Twint als Zahlungsmittel erst ab einem Betrag von 12 Franken akzeptieren kann.»
Für andere Produkte akzeptiere er die Bezahl-App Twint zwar ohne Vorbehalte. Jedoch setze der Trend zum digitalen Zahlen ihn und andere kleine Händler heute viel stärker unter Druck, als dies früher der Fall war.
Vor zehn Jahren ging Twint an den Start. «Mit viel Unterstützung vom Handel» klappte die Etablierung, wie Martin Roth, bei Detailhändler Manor für Zahlungsmittel verantwortlich, sagt. Heute profitiere Twint immer noch vom Image des freundlichen Schweizer Startups. Doch Twint ist das beliebteste Zahlungsmittel von Banken, weil es keine zusätzlichen Gebühren wie bei Visa & Co. zu entrichten gibt. Hinter der Twint AG, die Twint betreibt, stehen mehrere Aktionäre aus dem Finanzsektor: Banque Cantonale Vaudoise, Raiffeisen, UBS, Zürcher Kantonalbank, Postfinance, SIX und Worldline. Roth anerkennt die benutzerfreundliche Technologie, meint jedoch, dass die Gebühren für Händler «doppelt so hoch sind, wie sie eigentlich sein sollten.»
Vor zehn Jahren ging Twint an den Start. «Mit viel Unterstützung vom Handel» klappte die Etablierung, wie Martin Roth, bei Detailhändler Manor für Zahlungsmittel verantwortlich, sagt. Heute profitiere Twint immer noch vom Image des freundlichen Schweizer Startups. Doch Twint ist das beliebteste Zahlungsmittel von Banken, weil es keine zusätzlichen Gebühren wie bei Visa & Co. zu entrichten gibt. Hinter der Twint AG, die Twint betreibt, stehen mehrere Aktionäre aus dem Finanzsektor: Banque Cantonale Vaudoise, Raiffeisen, UBS, Zürcher Kantonalbank, Postfinance, SIX und Worldline. Roth anerkennt die benutzerfreundliche Technologie, meint jedoch, dass die Gebühren für Händler «doppelt so hoch sind, wie sie eigentlich sein sollten.»
Twint-Gebühren fressen tiefe Margen auf
Goran Aleksic (48), der einen Kiosk im Zürcher Quartier Wipkingen führt, bläst ins gleiche Horn. Nicht nur bei Zigaretten. Zu Blick sagt er: «Einige der Produkte könnte ich wegen der Twint-Gebühren glatt verschenken, statt sie zu verkaufen.»
Während des Blick-Besuchs kommt zufällig eine Kundin und kauft den Blick. Der kostet fix 3 Franken. Aleksic rechnet vor: Er hat auf den Verkaufspreis eine Marge von 13 Prozent, also 39 Rappen. Da die Kundin mit Twint zahlt, muss Aleksic eine Gebühr entrichten. Diese liegt bei ihm etwa bei 1,5 Prozent auf den Transaktionspreis. Das wären 4,5 Rappen. Doch laut Aleksic zieht Twint einen Mindestbetrag pro Transaktion zwischen 15 und 20 Rappen ab. Für den Verkauf der Zeitung verdient er also weniger als 20 Rappen.
Twint nicht zu akzeptieren? Das kann er sich nicht leisten: «Viele Kunden fordern die Bezahlung mit Twint ein, drohen sogar mit Anzeigen, wenn ich es nicht akzeptiere.» Mehrmals pro Monat höre er von Kundinnen, dass diese ihm mit der Twint-Zahlung einen Gefallen täten. «Die haben keine Ahnung, was ich abliefern muss», ärgert sich Aleksic.
Über das ganze Jahr seien es mehrere Tausend Franken – annähernd zwei Monatsmieten für die Kiosk-Räumlichkeiten. Einen Twint-Zuschlag zu erheben oder wie Rajabi einen Mindesteinkaufspreis zu verlangen, traut er sich nicht: «Das ist gegen das Gesetz.»
Ein Lieferantenvertreter, der gerade vor Ort bei Aleksic ist, bestätigt den Druck der Kleinen. Er will nicht namentlich genannt werden, sagt jedoch klar: «Kleine Händler wie Aleksic müssen fast immer Preise über unserer Empfehlung verlangen, um überleben zu können.» Grosshändler könnten wegen ihrer Einkaufsmacht bessere Konditionen bei Twint erhalten und somit tiefere Preise verlangen. «Das führt schon jetzt spürbar zu einem Kiosksterben», sagt der Vertreter und fügt an: «Eigentlich müssten die Konsumenten die Twint-Nutzungsgebühr berappen, nicht die Händler!»
Twint sieht sich immer noch als günstigste Lösung
Auf Anfrage von Blick verweist Twint-Sprecher Ettore Trento darauf, dass Twint bei direkten Zahlungsverträgen die Gebühren transparent deklariere und eine der günstigsten Lösungen für Händler sei. «Wenn Händler Zahlungen über einen dritten Zahlungsdienstleister akzeptieren, legt nicht Twint, sondern der entsprechende Zahlungsdienstleister die Preise fest.»
Twint sei für konstruktive Gespräche zu Gebühren offen und nehme die Anzeige der SRF zur Kenntnis: «Wir blicken den Resultaten einer allfälligen Weko-Ermittlung gelassen entgegen.»