Darum gehts
- Bündner Gemeinden stimmen über Kauf der Bergbahnen aus der Weisse Arena Gruppe ab
- Gemeinden wollen ausländische Übernahme verhindern
- Insider nennt Kaufpreis von rund 120 Millionen Franken
In den drei Bündner Gemeinden Flims, Laax und Falera stehen in den nächsten Wochen hitzige Diskussionen bevor: Ende Oktober entscheiden die Bewohnerinnen und Bewohner, ob man die Bergbahnen aus der Weisse Arena Gruppe herauskauft. Die Gespräche im Hintergrund laufen bereits seit über einem Jahr, wie die Gemeinde Laax auf Anfrage mitteilt. Ein Verkauf ist aber bereits deutlich länger ein Thema, wie Blick von Bergbahninsidern weiss. Auch der US-Riese Vail Resorts hat ein Auge auf das Bündner Skigebiet geworfen, wie Blick schon vor über einem Jahr berichtet hat.
Doch die Gemeindebehörden wollen auf keinen Fall fremde Vögte, die am Berg bestimmen, wo's langgeht. Wollen die Bewohner der drei Gemeinden die lokale Eigentümerschaft sicherstellen, müssen sie riesigen Krediten zustimmen. «Das kostet den Steuerzahler rund 120 Millionen Franken», ist ein gut informierter Insider überzeugt. Der Vorteil der Gemeinden: Sie können sich günstiger verschulden als eine Bergbahn.
Lukrativer Deal für Eigentümer
Bergkönig Reto Gurtner (70) und die anderen Hauptaktionäre könnten bei einem Verkauf ins Ausland wohl deutlich mehr herausschlagen, wie die Deals in Crans-Montana VS und Andermatt UR vermuten lassen. Doch damit etwa Vail Resorts anbeisst, müssten die aktuellen Eigentümer viel mehr als nur die Bergbahnen hergeben. Sie müssten wohl den Grossteil der Weisse Arena Gruppe samt den Restaurants im Tal, Hotels, Ferienwohnungen, Skischule und Sportgeschäften verkaufen. Damit wären die Schweizer definitiv raus aus dem Geschäft.
Doch auch mit den Gemeinden winkt den aktuellen Besitzern ein lukrativer Deal: Die Gemeinden bündeln die zwölf Gastronomiebetriebe und die touristische Infrastruktur am Berg sowie die Bahnen und Lifte in der bereits bestehenden Finanz Infra AG. Diese verpachtet die Anlagen anschliessend an die Weisse Arena Gruppe, welche das Skigebiet weiterhin betreibt. «Die Weisse Arena Gruppe kann gewisse unternehmerische Risiken auf die Gemeinden abschieben, die hohen Abschreibungen auf die Anlagen entfallen. Man geht davon aus, mit dem Pachtzins am Ende des Tages besser zu fahren», sagt ein anderer Insider.
Das notwendige Geschenk der Steuerzahler
Was für die Gemeinden dazu kommt: Flims hat sich 2019 mit 20 Millionen Franken am Bau der neuen Pendelbahn Richtung Cassons beteiligt. Eine grosse Hypothek für Laax und Falera: Um als gleichberechtigte Partner in der Finanz Infra AG mitreden zu können, müssten diese beiden Gemeinden mindestens 25 Millionen Franken zusätzlich für künftige Bahnbauten aufwenden. Wobei der Mammutanteil auf Laax entfallen dürfte. Ein willkommenes Geschenk für die Betreiber der Weisse Arena Gruppe, da auf diesen Betrag kein Pachtzins fällig wird.
Für das touristische Überleben ist die gesicherte Zukunft der Bergbahnen zentral: Deshalb haben die Gemeinden bereits in der Vergangenheit über die Finanz Infra AG mit vielen Millionen Franken den Ausbau der Beschneiungsanlagen finanziert. Nun geht es um deutlich höhere Beträge und damit auch um ein grösseres Risiko.
Zahlen der Bergbahnen deutlich verschlechtert
Der Pachtzins muss aus Sicht der Gemeinden die Darlehenszinsen sowie die Finanzierung künftiger Investitionen decken. «Gurtner und die Weisse Arena Gruppe werden darauf bestehen, über die aus ihrer Sicht notwendigen Investitionen im Skigebiet entscheiden zu können. Es braucht daher klare Regelungen für ein Schuldenlimit der Finanz Infra AG», sagt ein dritter Insider. Der Pachtzins wird in einem langjährigen Vertrag geregelt und dürfte eine Knacknuss sein. Dieser darf nicht zu tief sein, sonst müssten Gemeinden bald schon wieder Geld einschiessen.
Denn aktuell sind die Zahlen der Weisse Arena Bergbahnen AG als Sparte der Gruppe weniger rosig: Die wichtige Kennzahl EBITDA lag im letzten Geschäftsjahr bei 24 Prozent. Bereits in den zwei Jahren davor wäre der Wert ohne Verkäufe von Immobilien und Grundstücken ungenügend ausgefallen. Eine Faustregel besagt: Eine Bergbahn muss hier mindestens 35 Prozent erreichen, damit sie genug rentabel ist, um alle künftigen Investitionen zu tätigen.
Die Weisse Arena Gruppe will den Fragenkatalog von Blick – unter anderem zu den Risiken für die Steuerzahler – nicht beantworten. «Wir unterstützen das Vorhaben als einheimische Unternehmung, weil es uns wichtig ist, dass die Infrastruktur auf dem Berg langfristig in einheimischen Händen bleibt», sagt eine Sprecherin.
Gurtner hat die Weisse Arena Gruppe über Jahrzehnte hinweg zu einer bis vor kurzem florierenden Destination entwickelt. Doch nun geht es darum, das langfristige Überleben zu sichern. Ende Oktober entscheidet die Stimmbevölkerung der drei Gemeinden, ob sie dieses finanzielle Risiko eingehen möchte. Ein durchaus vertretbares Risiko, wie drei von Blick befragte Brancheninsider unabhängig voneinander einschätzen.