Hemmschwelle sinkt – Social Media heizt Trend an
Immer mehr junge Patientinnen wollen sich mit Fillern schön spritzen lassen

Wenn einem etwas am eigenen Gesicht nicht gefällt, kann man nachhelfen. Immer mehr junge Menschen lassen sich mit Hyaluron oder Botox unterspritzen. Blick hat mit mehreren Expertinnen über die steigende Nachfrage gesprochen.
Publiziert: 00:01 Uhr
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Immer mehr Patientinnen und Patienten setzen sich für vollere Lippen oder eine straffere Stirn auf den Behandlungsstuhl.
Foto: Kim Niederhauser

Darum gehts

  • Minimalinvasive Schönheitseingriffe wie Filler werden zur Normalität
  • Social Media enttabuisiert das Thema und reduziert Berührungsängste
  • Beauty2Go-Klinik führt dieses Jahr rund 25'000 Behandlungen durch
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.

Hyaluron für volle Lippen, Botulinumtoxin – auch Botox genannt – für eine glatte Stirn. Minimalinvasive Schönheitseingriffe wie Filler werden mehr und mehr zur Normalität. 

Alexandra Lüönd (38) ist Gründerin der Schönheitsklinik Beauty2Go, die sich auf minimalinvasive Eingriffe wie Filler spezialisiert hat. Vor acht Jahren eröffnete sie die erste Filiale in Zürich. Mittlerweile sind es acht Standorte in den grössten Städten der Schweiz. «Dieses Jahr werden wir rund 25'000 Behandlungen durchführen», so Lüönd. Schweizweit werden jährlich schätzungsweise 100'000 ästhetische Eingriffe durchgeführt – die Hälfte davon minimalinvasiv.

Lüönd hat ein Imperium aufgebaut. Die Zürcherin steht auf der «Bilanz»-Liste der reichsten Schweizerinnen und Schweizer unter 40 Jahren. Der Unternehmenswert ihrer Firma wird auf 20 bis 50 Millionen Franken geschätzt.

«Am meisten behandeln wir Lippen. Was wir auch oft machen, sind Nasenbehandlungen mit Hyaluron», ergänzt ihr Bruder Patrick Lüönd (36). Er ist seit kurzem Geschäftsführer von Beauty2Go, seine Schwester ist noch als Verwaltungsratspräsidentin tätig. Generell wird in der Klinik nur gespritzt und nicht operiert.

Alexandra und Patrick Lüönd führen Beauty2Go als Familienunternehmen.
Foto: Kim Niederhauser

500 Franken pro Eingriff

Der Markt für solche Eingriffe hat sich seit dem Eintritt der Klinik stark verändert. «Social Media hat das Thema enttabuisiert und vielen ihre Berührungsängste weggenommen. Minimalinvasive Kosmetik wurde zum Teil der modernen Selfcare», so die Gründerin. Die Patienten, vor allem die jüngeren, seien mittlerweile auch viel besser aufgeklärt. Die durchschnittliche Kundin in Lüönds Praxis ist weiblich, zwischen 25 und 45 Jahre alt und steht mitten im Leben. Kundinnen kommen im Durchschnitt knapp zweimal pro Jahr und geben 500 Franken pro Eingriff aus. 

Wie Filler und Botox die Schönheitsbranche aufmischen

Injektionspräparate wie Filler und Botox zählen in der Schönheitsbranche zu den grössten Wachstumstreibern. 2023 wurden 15 Millionen solcher Eingriffe durchgeführt, wie Zahlen der Internationalen Gesellschaft der ästhetisch-plastischen Chirurgen zeigen. Innert fünf Jahren ist der Markt um ein Drittel gewachsen. «Besonders Jüngere lassen solche Eingriffe immer häufiger durchführen», sagt Jack Neele, Portfoliomanager bei Robeco. Innert fünf Jahren sind solche Eingriffe bei den 19- bis 34-Jährigen um 56 Prozent gestiegen. Auch 35- bis 50-Jährige greifen häufiger zu Fillern und Botox. 15 Prozent der Patienten sind Männer. Firmen wie Galderma, die sich auf Injektionspräparate fokussiert haben, wachsen deutlich schneller als andere Firmen aus der Branche, weiss der Experte. Nicht zuletzt deswegen hat sich L'Oréal, die grösste Beauty-Firma der Welt, mit 10 Prozent am Schweizer Pharmaunternehmen beteiligt.

Injektionspräparate wie Filler und Botox zählen in der Schönheitsbranche zu den grössten Wachstumstreibern. 2023 wurden 15 Millionen solcher Eingriffe durchgeführt, wie Zahlen der Internationalen Gesellschaft der ästhetisch-plastischen Chirurgen zeigen. Innert fünf Jahren ist der Markt um ein Drittel gewachsen. «Besonders Jüngere lassen solche Eingriffe immer häufiger durchführen», sagt Jack Neele, Portfoliomanager bei Robeco. Innert fünf Jahren sind solche Eingriffe bei den 19- bis 34-Jährigen um 56 Prozent gestiegen. Auch 35- bis 50-Jährige greifen häufiger zu Fillern und Botox. 15 Prozent der Patienten sind Männer. Firmen wie Galderma, die sich auf Injektionspräparate fokussiert haben, wachsen deutlich schneller als andere Firmen aus der Branche, weiss der Experte. Nicht zuletzt deswegen hat sich L'Oréal, die grösste Beauty-Firma der Welt, mit 10 Prozent am Schweizer Pharmaunternehmen beteiligt.

Auch private Kliniken wie Beautyclinic und Fineskin bemerken, dass die Nachfrage nach Fillern steigt – auch bei Jüngeren. «Besonders präventive Massnahmen wie Baby-Botox, dezente Lippenkorrekturen oder Hautbildverbesserung mit Microneedling sind sehr gefragt», schreibt Fineskin auf Anfrage.

Mehr und mehr Kosmetikstudios bieten Unterspritzungen an. Doch das ist illegal – nur ausgebildete Ärzte dürfen spritzen. Oder Pflegefachpersonen mit der nötigen Weiterbildung in Anwesenheit eines Arztes.

Bei Beauty2Go führen die Ärzte täglich zahlreiche Unterspritzungen durch. «Das garantiert maximale Sicherheit und Qualität», sagt Alexandra Lüönd. Zum Team zählen mittlerweile fast 20 Ärzte – alle sind auf jeweils zehn Millionen Franken versichert. «Bei einem medizinischen Notfall im Kosmetikstudio wird es problematisch. Dann gibt es auch keine Versicherung.»

Das Schweizerische Heilmittelinstitut Swissmedic hat letztes Jahr 82 Betriebe überprüft, die solche Eingriffe durchführen: 55 Prozent verfügten nicht über die fachlichen Qualifikationen. «Es gibt viele unseriöse Vertreiber, die die Filler den Kosmetikstudios anbieten», glaubt Patrick Lüönd. Ob es für die entsprechenden Studios Konsequenzen gegeben hat, ist nicht bekannt. Swissmedic verweist an die Kantone.

Zu Lüönds kommen regelmässig Kundinnen, die solche Eingriffe aus Kosmetikstudios korrigieren lassen: «Letztes Jahr haben wir über 1000 Fremdkorrekturen mit Hyalase gemacht.» Damit lässt sich Hyaluron auflösen. 

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Faltenbehandlung im Spital

Auch Nicole Lindenblatt (51) vom Universitätsspital Zürich (USZ) bemerkt, dass die Hemmschwelle für Behandlungen mit Hyaluron oder Botox gesunken ist. «Solche Eingriffe werden inzwischen vielerorts tatsächlich in der Mittagspause angeboten», so die stellvertretende Klinikdirektorin der Klinik für Plastische Chirurgie und Handchirurgie. 

Eine steigende Anfrage von Jüngeren bemerkt die Ärztin nicht – diese gehen wohl eher in spezialisierte Kliniken wie Beauty2Go. «Wir haben typischerweise ältere Kundinnen und Kunden, die etwas gegen ihre Falten und für ihr Erscheinungsbild machen wollen», so Lindenblatt. Im Universitätsspital werden solche Behandlungen auch nach Fällen von Gesichtslähmung oder nach einem Unfall angeboten. Dann zahlt auch die Krankenkasse. «Doch der Anteil ästhetischer Eingriffe überwiegt.»

Das Schlimmste, was bei einem solchen Eingriff passieren kann, ist ein Gefässverschluss. Daraufhin kann es zu einer Nekrose, dem Absterben der Haut, oder zur Erblindung kommen. Solche Vorfälle kommen sehr selten vor. Lindenblatt hat dies selber noch nie erlebt. Doch die Expertin weiss: «Die Zornesfalte zwischen den Augen sollte nicht mit Hyaluron behandelt werden, da diese Behandlung ein erhöhtes Risiko beinhaltet.»

Die Ärztin betont, dass man sich so einen Eingriff gut überlegen sollte: «Filler bauen sich je nach Lokalisation nicht gleich schnell ab. Zum Teil bleibt die Hyaluronsäure für immer.»

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