Geht das ganze Vermögen an den Staat?
Streit um das Erbe – was im Notfall alles passieren kann

Eine junge Frau will jetzt noch nicht an ihr Erbe denken. Das könnte für Ärger unter Verwandten sorgen – oder alles geht an den Staat.
Publiziert: 14:02 Uhr
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Aktualisiert: 14:09 Uhr
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Wer kriegt was vom Erbe? Sicher ist: Ohne Testament entscheidet das Gesetz.
Foto: Ute Grabowsky/photothek.net

Darum gehts

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Julia Gubler
Beobachter

Lea Santos aus Zürich steht mit beiden Füssen im Leben: Sie ist Mitte 30, hat einen guten Job als Sozialversicherungsfachfrau, ist Single und kinderlos. Mal mehrere Monate einen Job in Berlin annehmen oder wochenlang mit einer Freundin auf den Philippinen trampen – alles kein Problem. Wenn das Leben so in Schwung ist, macht man sich ungern Gedanken über den Tod – und was danach passieren soll. So auch Santos, die wegen des persönlichen Themas nicht beim richtigen Namen genannt werden möchte. Trotzdem will sie vom Beobachter-Beratungszentrum wissen: Wie ist das eigentlich? Und worauf sollte ich achten?

Der Beobachter zeigt, was das Gesetz für solche Fälle bestimmt und wie man einfach vorsorgt, wenn man andere Pläne hat.

Artikel aus dem «Beobachter»

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Gesetzliche Erbfolge

Das Gesetz spricht nur Ehepartnern und eigenen Kindern einen Pflichtteil zu. Das heisst, diese Familienmitglieder bekommen auf jeden Fall einen Anteil am Erbe. Wer beides nicht hat, kann völlig frei bestimmen, was mit dem Vermögen nach dem Tod passieren soll. Aber was, wenn man nichts bestimmt hat? Dann hat das Gesetz das letzte Wort.

Das Zivilgesetzbuch schafft mit einer sogenannten Stammesordnung (Parentelsystem) eine Rangliste. Wenn Erben aus dem ersten Stamm fehlen, der aus Kindern und deren Nachkommen besteht, kommt der zweite zum Zug. Das sind die Eltern, dann Geschwister und deren Nachfahren. Wenn die verstorbene Person auch hier keine Verwandten hat, kommt der dritte Stamm dran: Grosseltern und deren Nachfahren. Also auch Onkel, Cousinen et cetera. Falls gar keine Erben da sind, geht alles an den Kanton oder die Gemeinde des letzten Wohnsitzes.

Wenn Lea Santos also kein Testament schreibt, ginge ihr Vermögen hälftig an ihre Mutter und an ihren Vater. Der Vater ist Rentner, die Mutter lebt im Heim und ist dement. Der Bruder, der kürzlich Vater geworden ist und trotz Vollzeitjob jeden Rappen gut gebrauchen kann, ginge vorerst leer aus.

Die Erbfolge selbst bestimmen

Wer nicht möchte, dass sein Hab und Gut schliesslich an jemanden geht, mit dem man vielleicht keinerlei Kontakt hat oder zerstritten ist, sollte ein Testament verfassen.

«Tatsächlich habe ich mir dafür bis jetzt keine Zeit genommen», meint Lea Santos. Dabei ist es so einfach: Es braucht ein Blatt Papier und einen Stift – mehr nicht. Und natürlich muss man sich überlegen, was man sich wünscht.

Es ergibt zum Beispiel wenig Sinn, wenn die Mutter im Pflegeheim etwas erbt. Das Geld geht dann für die Heimkosten drauf, die Mutter hat nicht wirklich etwas davon. Sinnvoller wäre es, stattdessen den Bruder zu begünstigen. Man kann auch Stiftungen und wohltätigen Organisationen etwas vermachen.

Testament: Was zu beachten ist

Ein Testament ist gültig, wenn man es von A bis Z selbst von Hand schreibt, datiert und unterzeichnet. «Ich möchte, dass mein Vater und mein Bruder etwas bekommen», so Santos. Auch die kleine Tochter des Bruders soll etwas erben. Dazu kann sie zum Beispiel folgende Formulierung wählen:

Das Testament kann man bei einer kantonalen Aufbewahrungsstelle hinterlegen. Oder zu Hause – an einem Ort, wo es sicher gefunden wird.

Man sollte es auch alle paar Jahre wieder auffrischen. Vor allem wenn man noch jung ist und sich die Verhältnisse und die Beziehungen laufend ändern können.

Der Trick mit dem Vermächtnis

Leider verstehen sich Santos’ Bruder und ihr Vater nicht immer. Vor allem wenn es um die Finanzen geht. Nicht gerade ideal, wenn die beiden eine Erbengemeinschaft bilden. Denn: Die muss immer einstimmig über alles entscheiden. Falls etwa der Bruder das hinterlassene Auto verkaufen will, der Vater aber nicht, gibt es bereits ein Problem. Beide müssen nämlich einverstanden sein.

Diese Pattsituation kann die Zürcherin vermeiden, wenn sie zum Beispiel ihren Bruder als Alleinerben einsetzt. Und ihrem Vater seinen Anteil am Erbe und das Auto als Vermächtnis zuspricht. Dann bilden die beiden keine Erbengemeinschaft. Der Bruder müsste dem Vater sein Vermächtnis ausrichten und kann dann allein über alles Weitere entscheiden.

Und was ist mit der Pensionskasse und der dritten Säule?

Neben dem Sparkonto und dem Auto hat Santos auch noch eine dritte Säule und ist einer Pensionskasse angeschlossen. Beides kann man nicht mittels Testament regeln.

Ohne einen Ehegatten und Kinder bestimmt das jeweilige Reglement, was mit dem Geld auf der Pensionskasse passiert. Santos müsste also nachsehen, ob Eltern oder Geschwister begünstigt sind. Wenn dem so ist, kann sie schriftlich verlangen, dass der Bruder vor den Eltern begünstigt sein soll. Falls sie nicht im Reglement aufgeführt sind, bleibt das Geld in der Pensionskasse.

Bei der dritten Säule bestimmt das Gesetz: In Santos’ Fall sind zuerst die Eltern, dann der Bruder begünstigt. Sie kann die Reihenfolge und die Anteile ändern, indem sie das dem Anbieter mitteilt.

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