Darum gehts
- EZB warnt vor erhöhtem Schockrisiko für EU-Banken
- Geldhäuser sollen gegen politische Risiken und Unsicherheiten weiter gestärkt werden
- Eigenkapitalanforderungen werden jedoch nicht erhöht
Kriege, politische Spannungen, zunehmende Teuerung: Davon bleiben auch Banken und andere Finanzinstitute nicht verschont. Sie bewegen sich derzeit in einem besonders «herausfordernden Umfeld», heisst es in einem neuen Bericht der Europäischen Zentralbank (EZB). Umso wichtiger, dass sie bestmöglich gegen allfällige Krisen gewappnet sind.
Daran erinnert der Aufsichtsrat der EZB in seiner jährlichen Überprüfung von 105 Geldhäusern im Euroraum – in besonders scharfem Ton. Zwar beurteilen die Bankenaufseher die Kapital- und Liquiditätsausstattung der Grossbanken weiterhin als robust. Das Risiko extremer Ereignisse sei jedoch «so hoch wie nie zuvor».
Die Schweizer Aufsichtsbehörde Finma schlug in ihrem Risikobericht vom Montag ähnliche, wenn auch weniger dramatische Töne an. Auch sie warnt vor der Zunahme geopolitischer Risiken. Insgesamt definiert die Behörde neun Hauptrisiken, die sie derzeit als hoch einstuft. Drei davon hätten im Vergleich zum letztjährigen Bericht zugenommen, heisst es.
«Stresstest» für EU-Banken
Die Aufseher der EZB mahnen ihre Banken zu erhöhter Vorsicht: Geopolitische Konflikte, Änderungen in der Handelspolitik, Klima- und Naturkatastrophen, der demografische Wandel sowie schnelle technische Veränderungen würden die Schwachstellen der Geldhäuser verschärfen. Die Banken sollen deshalb weiterhin gegenüber politischen Risiken und Unsicherheiten gestärkt werden, heisst es. Dies bleibe die oberste Priorität der europäischen Bankenaufsicht.
Deshalb macht der Aufsichtsrat Nägel mit Köpfen: Geplant sei ein «Stresstest» für die Geldhäuser, schreibt die «Bild»-Zeitung. Dabei geben Aufseher eine bestimmte Summe an hypothetischen Vermögensverlusten vor. Die Institute müssen im Anschluss eine Lösungsstrategie präsentieren.
EZB will Eigenmittelanforderungen unverändert lassen
Was angesichts eines «noch nie dagewesenen Schockrisikos» für EU-Banken umso mehr überrascht: Die EZB will ihre Eigenkapitalanforderungen an die Banken für das kommende Jahr weitgehend unverändert lassen. Konkret sollen die Banken im Euroraum also einen gleich hohen Anteil ihres Eigenkapitals als Sicherheit halten wie im Vorjahr. Geld, das sie im Ernstfall nutzen können, um Verluste abzufedern.
In diesem Punkt geht die Finma deutlich schärfer vor. Sie will strengere «Too big to fail»-Regeln – als Reaktion auf die Notübernahme der Credit Suisse durch die UBS im Frühjahr 2023. Um ein solches Szenario in Zukunft zu verhindern, sollen die Eigenmittel von Schweizer Banken erhöht werden. Seit längerem tobt deshalb ein Streit zwischen der UBS und dem Bundesrat. Finanzministerin Karin Keller-Sutter (61) will die Schraube bei den Eigenmittel-Vorschriften für die Grossbank anziehen – 23 Milliarden Dollar muss die UBS zusätzlich an Eigenkapital bereitstellen, lautet ihre Forderung.
Und das passt UBS-Chef Sergio Ermotti (65) so gar nicht. Immer wieder kursieren deshalb Gerüchte um einen möglichen Wegzug der Grossbank in die USA. Erst am Montag deckte die britische «Financial Times» pikante Gespräche zwischen UBS-Präsident Colm Kelleher (68) und dem US-Finanzminister Scott Bessent (63) auf, die in den letzten Monaten hinter verschlossenen Türen stattgefunden haben sollen. Dabei sollen die beiden konkrete Pläne für einen Umzug des UBS-Hauptsitzes in die USA besprochen haben.