Deutsche werben für frechen Trick
Welche Regeln gelten jetzt für Einkaufstouristen?

Mit der Senkung der Zollfreigrenze will der Bund Schweizer vom Shoppen im grenznahen Ausland abhalten. Deutsche Detailhändler werben derweil mit einem Trick. Doch funktioniert das auch?
Publiziert: 17:51 Uhr
|
Aktualisiert: 18:00 Uhr
1/5
Deutsche Detailhändler – wie hier Edeka und Marktkauf – machen gezielt Werbung für Schweizer Einkaufstouristen.
Foto: zVg

Darum gehts

  • Deutsche Detailhändler werben für Einkaufstourismus
  • Gemeinsame Zollanmeldung für mehrere Personen erhöht den Freibetrag und spart Geld
  • Quickzoll-App-Nutzung stieg von 69'000 auf 84'000 im Jahr 2024
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
RMS_Portrait_AUTOR_249.JPG
Robin WegmüllerRedaktor Wirtschaft

Deutsche Detailhändler wollen mehr Schweizer ennet der Grenze. Sie machen gezielt Werbung für Einkaufstouristen und führen die neue Wertfreigrenze der Schweizer Politik vor: «600 CHF Freibetrag» steht auf einem Edeka-Plakat mit einer vierköpfigen Schweizer Familie. Daneben der Slogan: «Gemeinsam einkaufen, gemeinsam sparen.»

Die Message: Deutschland-Shopper können den Mehrwertsteuer-Freibetrag von 150 Franken relativ einfach austricksen. Da die Wertfreigrenze pro Kopf zählt, fahren sie einfach mit Familie oder Freunden in unser Nachbarland. So kann sich der Betrag vervielfachen.

Aber Achtung: So einfach ist es nicht. Selbst eine Leserin, die nahe an der deutsch-schweizerischen Grenze wohnt und sich die tiefen Preise oftmals zum Vorteil macht, sagt gegenüber Blick: «Mir ist die Anwendung dieser Regeln nicht ganz klar.» Ein Augenschein auf der Webseite des Bundesamts für Zoll und Grenzsicherheit (BAZG) zeigt, wie komplex gewisse Fälle sind. Blick klärt auf.

Das gilt momentan

Schweizerinnen und Schweizer gehen aus zwei Gründen ennet der nördlichen Grenze einkaufen. Viele Produkte sind so oder so billiger. Zudem können sie ab einer Bagatellgrenze von 50 Franken die deutsche Mehrwertsteuer zurückfordern. Bei einer Steuer von 19 Prozent macht das ordentlich was aus. Zum Vergleich: Hierzulande beträgt die Mehrwertsteuer 8,1 Prozent.

Das hat allerdings nichts mit dem Freibetrag des Schweizer Zolls zu tun. Hier gilt: Ab einer Shopping-Tour von 150 Franken müssen Einkaufstouris die Schweizer Mehrwertsteuer auf den kompletten Einkauf nachzahlen. Das BAZG schreibt auf Anfrage von Blick: «Im Grundsatz gilt: Die Wertfreigrenze gilt pro Person. Übersteigt der Gesamtwert einer Person die 150 Franken, so muss diese Person die Mehrwertsteuer bezahlen.» Zudem sind einzelne Gegenstände im Wert von über 150 Franken immer mehrwertsteuerpflichtig.

Das ist der Trick

Wie läuft das also genau, wenn ich mit Bekannten einkaufen gehe? Entscheidend ist dabei die Anmeldung des Zolls. «Gibt eine Person eine einzige Zollanmeldung für mehrere Personen ab, können alle Beträge zusammengezählt werden», schreibt das BAZG. In einem Auto mit drei Personen steigt der Freibetrag also auf 450 Franken. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Deutschland-Shopper verwandt sind, in einem Haushalt leben oder einfach Bekannte sind.

Das bietet Einkaufstouristen grosses Sparpotenzial. Wichtig zu wissen: Sie sollten für mehrere Personen unbedingt nur eine Zollanmeldung machen. Denn das kommt in einigen Fällen billiger – aber sicher nie teurer. Die folgenden Beispiele können helfen:

Situation 1: Zwei Einkaufstouristen fahren in einem Auto zurück in die Schweiz. Person A hat Produkte für 160 Franken dabei, Person B für 100 Franken. Melden sie nur eine Deklaration an, zahlen sie keine Schweizer Mehrwertsteuer. Wenn sie allerdings zwei einzelne Zollanmeldungen machen, bezahlt Person A Steuern für 160 Franken.

Situation 2: Zwei Einkaufstouristen fahren in einem Auto zurück in die Schweiz. Beide kauften für 160 Franken ein. Melden sie einzeln an, zahlen beide Mehrwertsteuer für je 160 Franken. Melden sie zusammen an, zahlen sie nur einmal für 170 Franken Steuer. Denn ein Freibetrag von 150 Franken kann in diesem Fall abgezogen werden (320 Franken - 150 Franken = 170 Franken). Wichtig zu wissen: Bei einer Dreiergruppe wird der Freibetrag zweimal, bei einem Quartett dreimal angerechnet.

Wer hat die Beweislast?

Grundsätzlich sind alle Waren bei der Einfuhr zoll- und steuerpflichtig. «Will die reisende Person von der Wertfreigrenze profitieren, liegt die Beweislast bei ihr», meint das zuständige Bundesamt. Wer für Einkäufe unter 150 Franken also keine Mehrwertsteuer bezahlen will, muss dem Zoll mit einer Quittung beweisen können, dass die eingeführten Waren weniger wert sind. Darum: Immer die Quittungen aufbewahren!

Wie kann ich am einfachsten verzollen?

Am einfachsten kannst du deine Produkte mit der Verzollungs-App des Bundes Quickzoll anmelden. Die App rechnet automatisch aus, ob Abgaben zu leisten sind. Diese kann man dann direkt bezahlen. Die Vorteile kennen aber noch nicht sehr viele. Im Jahr 2024 stiegen die Anwendungen von 69'000 auf 84'000. Zum Vergleich: An den deutschen Zöllen werden jährlich Millionen Ausfuhrzettel zum Abzug der deutschen Mehrwertsteuer gestempelt.

Hinzu kommt: Die App rechnet derzeit noch mit der Mehrwertsteuer von 8,1 Prozent auf alle Waren. Auch für bei Einkaufstouristen beliebte Waren wie Lebensmittel oder Medikamente, für die eigentlich der reduzierte Steuersatz von 2,6 Prozent gelten würde. Der Zoll bestätigt gegenüber Blick, dass die Verzollung mit den reduzierten Steuersätzen in Planung ist, aber voraussichtlich erst 2026 möglich ist.

Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?
Externe Inhalte
Möchtest du diesen ergänzenden Inhalt (Tweet, Instagram etc.) sehen? Falls du damit einverstanden bist, dass Cookies gesetzt und dadurch Daten an externe Anbieter übermittelt werden, kannst du alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen lassen.