Darum gehts
- Goldpreis erreicht Rekordmarke, Deutsche kaufen vermehrt Gold in der Schweiz
- Lockere Bestimmungen in der Schweiz ermöglichen anonymen Goldkauf bis 15'000 Franken
- UBS prognostiziert Goldpreis von 4500 Dollar pro Unze für erste Jahreshälfte 2026
Am Freitag kletterte der Goldpreis auf rund 4300 Dollar pro Unze und erreichte praktisch wieder die Rekordmarke vom Oktober. Seit Januar beträgt der Wertzuwachs des Edelmetalls 42 Prozent – keine andere Anlageklasse glänzte in diesem Jahr heller als Gold.
Die hohe Nachfrage nach Barren und Münzen spüren auch Schweizer Goldhändler. Gerade vor Weihnachten ist der Andrang an den Theken und Schaltern besonders hoch. Neben Einheimischen strömen auch viele deutsche Goldkäufer in die Filialen. Bereits vor der Pandemie verzeichneten Händler einen starken Anstieg deutscher Kundinnen und Kunden. «Nun beobachten wir wieder eine deutlich steigende Tendenz», sagt Christian Iten, PR-Manager des Goldhändlers Philoro mit Filialen in Zürich und Wittenbach bei St. Gallen. Inzwischen kommt etwa jeder fünfte Kunde aus Deutschland.
Warum kommen Deutsche in die Schweiz, um Gold zu kaufen oder zu verkaufen? Ein Grund liegt in den lockeren Bestimmungen, die in der Schweiz gelten: Bis zu einem Wert von 15’000 Franken kann das Edelmetall ohne Identifikations- oder Herkunftsnachweis gekauft werden. In Deutschland liegt die Grenze wesentlich tiefer – bei 2000 Euro. Zudem darf Gold bis zu einem Wert von 10’000 Euro ohne Deklarationspflicht über die Grenze transportiert werden – sowohl in die Schweiz als auch zurück nach Deutschland. Zolltechnisch wird Gold wie Bargeld behandelt. Meist sind es Paare oder ganze Familien, die in die Schweiz kommen. Dadurch lassen sich die Freigrenzen vervielfachen.
Erinnerungen an den Steuerstreit
Der zunehmende «Gold-Tourismus» zwischen der Schweiz und Deutschland ist in deutschen Medien zum Thema geworden. In einem Beitrag auf dem Sender SWR werden Vergleiche gezogen zu Zeiten, als deutsche Steuerflüchtlinge illegal Vermögen in der Schweiz bunkerten. Ein Sprecher des zuständigen Hauptzollamts Ulm, das für die Grenzposten im Südosten Deutschlands zuständig ist, winkt allerdings ab. Es sei kein Vergleich zu Zeiten des Steuerstreits, als Zollbeamte zum Teil grosse Mengen an Bargeld und Gold sicherstellten, sagt der Sprecher zu Blick. Besonders beliebt seien damals Krügerrand-Münzen aus Südafrika gewesen.
Der Sprecher räumt allerdings ein, dass dies auch damit zusammenhängen könnte, dass der Zoll keine Statistiken über legal eingeführtes Gold unter der Meldeschwelle führt. So lässt sich mangels Daten nicht feststellen, wie gross der «Gold-Tourismus» zwischen Deutschland und der Schweiz tatsächlich ist. Klar ist aber auch: Die höheren Freigrenzen in der Schweiz bilden einen Anreiz für Deutsche, schwarz erzielte Einkünfte in Gold umzutauschen. Sonst würden sie wohl kaum das Risiko auf sich nehmen, hohe Bargeldsummen über weite Strecken zu transportieren, sagt der Sprecher des Ulmer Hauptzollamts.
Raffinerien verhängten Bestellstopps
Gemäss dem Goldhändler Philoro kam es 2025 zu zwei auffälligen Umsatzspitzen: Im Februar und im März, als der Handelskonflikt in den USA eskalierte, flüchteten viele Anleger in den sicheren Hafen Gold. Im September und im Oktober kam es erneut zu einer Rallye bei Gold und Silber. «Es gab einen enormen Kundenzulauf, wobei vor allem Silber stark gefragt war», sagt der Sprecher. Aufgrund der grossen Nachfrage sei es bei einzelnen Raffinerien kurzzeitig zu Bestellstopps gekommen. Nun laufe das Weihnachtsgeschäft, und je näher Heiligabend rücke, desto höher sei die Betriebsamkeit. Philoro erwartet für 2025 insgesamt ein sehr erfolgreiches Edelmetall-Jahr.
Die meisten Ökonomen rechnen auch für 2026 mit steigenden Preisen. Die UBS prognostiziert in ihrem Ausblick für die erste Jahreshälfte einen Goldpreis von rund 4500 Dollar pro Unze. Als Preistreiber nennt die Grossbank die erwarteten Zinssenkungen der US-Notenbank, geopolitische Unsicherheiten sowie innenpolitische Risiken in den USA im Vorfeld der Zwischenwahlen. Christian Iten von Philoro nennt zusätzlich die hohen Staatsschulden. «Das entwertet Währungen – und diese Entwertung lässt sich mit Gold etwas aufhalten», sagt er. Er verweist zudem auf steigende Produktionskosten von Edelmetallen. Er warnt allerdings auch: Sollten einzelne dieser Faktoren wegfallen, sei bei den hohen Kursen eine Korrektur nach unten möglich.