Darum gehts
- SBB Cargo muss Güterverkehr neu ausrichten und Einsparungen von 60 Millionen erzielen
- Konzentration auf Nord-Süd-Achse zwischen Dietikon und Stabio ab 2026
- Zusätzlich Abbau von rund 65 Vollzeitstellen im operativen Bereich geplant
Dauerbaustelle Güterverkehr: Die SBB müssen ihre Cargosparte auf der Schiene grundlegend neu ausrichten, damit diese eine Zukunft hat. Bis 2033 müssen Einsparungen von 60 Millionen Franken pro Jahr her, wie die SBB mitteilen.
Nun ist klar, wie die Bahn dafür vorgeht: Sie konzentriert sich im sogenannten kombinierten Verkehr (KV) auf eine einzige Nord-Süd-Achse zwischen Dietikon ZH und Stabio TI. Während der Testphase ab 2026 verkehrt der Shuttle täglich mit je einer Verbindung pro Richtung pro Tag und pro Nacht. Die Kapazität auf der Nord-Süd-Achse wird somit verdoppelt.
Die SBB werden demgegenüber acht KV-Terminals, die sie nicht rentabel betreiben können, nicht mehr bedienen: Oensingen SO, Basel, Gossau SG, Widnau SG, Renens VD, St. Triphon VD, Cadenazzo TI und Lugano TI. Der Güterumschlag von der Strasse auf die Schiene sei weiterhin an Terminals Dritter möglich, so die SBB.
Das hat zur Folge, dass die SBB bis Ende Jahr zusätzlich zu den bereits kommunizierten rund 80 Stellen in der Verwaltung zusätzlich rund 65 Vollzeitstellen im operativen Bereich abbauen. Betroffen sind Lokpersonal, Rangierpersonal sowie technisches Kontrollpersonal. Zu einem Drittel in der Deutschschweiz, zu zwei Dritteln im Tessin – die Romandie ist nicht betroffen.
SBB müssen riesige Verluste in den Griff kriegen
«Kündigungen sind die Ausnahme», versichert Alexander Muhm (48), Leiter Güterverkehr und Mitglied der SBB-Konzernleitung. Gerade die Lokführer dürften innerhalb der SBB anderweitig weiterbeschäftigt werden. Pensionierungen und nicht ersetzte Abgänge sollen ebenfalls zum Abbau beitragen.
Vom im Frühjahr angekündigten Abbau von 80 Vollzeitstellen werde nur rund die Hälfte umgesetzt, ergänzt Muhm. Nicht der ganze Abbau entfällt auf den Bereich KV. In diesem arbeiten 50 Personen, von denen laut Muhm rund die Hälfte abgebaut wird. Darüber hinaus werden ab 2026 unrentable Verkehre nicht mehr gefahren, konkret die Transitzüge für DB Cargo.
Im KV geht es um die Beförderung von Gütern in Kombination von Strasse und Schiene, bei der Ladeeinheiten wie Container oder Sattelauflieger als Ganzes umgeschlagen werden.
Ein Minusgeschäft: Bei einem jährlichen Umsatz im kombinierten Verkehr von 18 Millionen Franken belief sich der Verlust zuletzt auf rund 12 Millionen Franken. «Primär wegen teils veralteten Rollmaterials und nicht wegen Personalkosten», wie Muhm festhält.
Weiterer Abbau im Herbst möglich
Das Güterverkehrsunternehmen SBB Cargo ist seit Jahren das Sorgenkind der SBB. Zuletzt resultierte in dieser Sparte ein Defizit von total 76 Millionen Franken. Der Löwenanteil davon entfiel auf den Bereich Einzelwagenladungsverkehr (EWLV). Bei diesem werden Güter in einzelnen Wagen oder kleinen Wagengruppen transportiert. Dieser Bereich ist in der Schweiz ausschliesslich von SBB Cargo bedient und gilt als notorisch defizitär. «Hier müssen wir kostendeckend werden», sagt Muhm.
Das soll über Effizienzsteigerungen, Preiserhöhungen und Bundesbeiträge erreicht werden. Bis im Herbst soll ein neues Konzept stehen, das ab Fahrplanwechsel 2026/2027 umgesetzt wird. «Die Auswirkungen auf Mitarbeitende sind noch unklar», sagt Muhm. Diese wollen die SBB im ersten Quartal 2026 kommunizieren.
Die dritte Güterbeförderungsvariante heisst Ganzzugsverkehr: Hier sind gesamte Güterzüge vom Start- bis zum Zielbahnhof ohne Änderung der Zugzusammensetzung für einen einzigen Kunden unterwegs. Dieser Bereich und der KV müssen künftig laut Muhm Gewinn machen. Der Ganzzugsverkehr laufe zufriedenstellend, obwohl die SBB da Konkurrenz hätten.
Wieder mehr Lastwagenverkehr
Einen Dämpfer erlitten die SBB aber auch hier: Vor wenigen Tagen kündigte die Migros an, die seit 2014 mit SBB Cargo durchgeführten Tiefkühltransporte wieder auf die Strasse zu verlagern. Die Migros bleibe aber ein wichtiger Partner im Schienengüterverkehr, versichert Muhm.
Die Probleme im Schienengüterverkehr haben unter dem Strich wieder mehr Lastwagenverkehr zur Folge. Allein bei der Migros führt die Rückverlagerung auf die Strasse zu 6 zusätzlichen Lastwagenfahrten pro Tag. Durch die Umstellung im KV sind laut Muhm rund 70 zusätzliche Lastwagenfahrten pro Tag nötig.