Brisante Studie zur Altersvorsorge
Länger arbeiten Ja – mehr zahlen Nein

Woher soll das Geld für die AHV künftig kommen? Eine brisante Studie zeigt: Nicht aus dem Portemonnaie von Herr und Frau Schweizer. Deshalb schlägt das Beratungsunternehmen Deloitte eine Verdoppelung des AHV-Fonds vor – finanziert aus den Bundesfinanzen.
Publiziert: 00:03 Uhr
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Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider dürfte es schwer haben mit ihren Vorschlägen zur Finanzierung der 13. AHV-Rente.
Foto: keystone-sda.ch

Darum gehts

  • Deloitte-Studie schlägt Verdoppelung des AHV-Fonds vor
  • Mehrheit lehnt höhere Lohnbeiträge und Mehrwertsteuer für 13. AHV-Rente ab
  • 70 sind bereit, länger zu arbeiten bei flexiblem Rentenalter und passenden Bedingungen
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Christian KolbeRedaktor Wirtschaft

Die Finanzierung des Alters ist eine grosse Herausforderung – für den Staat wie für jeden Einzelnen. Und weil die Überalterung der Gesellschaft alleine als Herausforderung nicht reicht, hat das Stimmvolk im März 2024 der Politik eine zusätzliche Denksportaufgabe gestellt: die Finanzierung der 13. AHV-Rente. 

Woher das Geld kommen soll, ist noch völlig offen. Obwohl die ersten Zusatzrenten bereits ab dem kommenden Jahr ausbezahlt werden. Kostenpunkt: 4 bis 5 Milliarden Franken pro Jahr. Der Stand der politischen Diskussion: Die zuständige Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider (61) möchte dafür die Mehrwertsteuer um 0,7 Prozentpunkte erhöhen. Der Ständerat dagegen setzt auf einen Mix aus zusätzlichen Lohnbeiträgen und höherer Mehrwertsteuer. Und der Nationalrat ist noch unentschlossen. 

Da dürfte eine brisante Studie der Beratungsfirma Deloitte für zusätzlichen Zündstoff sorgen. «Die Lösungsansätze, die auf dem Tisch liegen, sind sehr unbeliebt», erklärt Studienautor und Ökonom Dennis Brandes (47) gegenüber Blick. «Denn die Schweizer Bevölkerung müsste tiefer in die Tasche greifen.» 

Nicht über mein Portemonnaie

Konkret: 49 Prozent der Befragten lehnen höhere Lohnbeiträge ab, gar 65 Prozent eine Erhöhung der Mehrwertsteuer, Rentenkürzungen sind sowieso tabu. Pikant: Ausgerechnet die höhere Mehrwertsteuer käme zwingend vors Volk, da es sich um die Anpassung der Bundesverfassung handeln würde. Stand heute wäre diese Vorlage chancenlos. 

Trotzdem braucht die AHV mehr Geld, spätestens ab 2029 schreibt das Sozialwerk ohne Reformen ein negatives Betriebsergebnis. Denn das Umlageverfahren stösst an seine Grenzen: Heute werden die Renten zum grossen Teil aus Lohnabgaben der arbeitenden Bevölkerung und der Unternehmen und aus Bundesbeiträgen finanziert. Deshalb schlägt Deloitte vor, den bestehenden AHV-Fonds von heute rund 50 Milliarden innert 10 Jahren auf 100 Milliarden Franken zu verdoppeln und das Geld am Kapitalmarkt anzulegen. 

Woher das Geld kommen soll? «Aus dem Subventionstopf des Bundes», sagt Brandes. «Es ginge darum, volkswirtschaftlich schädliche Subventionen zeitlich begrenzt einzusparen und diese in den bestehenden AHV-Fonds umzuleiten.» So wäre die AHV nach zehn Jahren nachhaltig finanziert auf Kosten unproduktiver Subventionen, glaubt Brandes. «Es ist ein kleines Rädchen, an dem gedreht wird, die Wirkung ist aber umso grösser», so der Autor der repräsentativen Studie. «Ein stärker dotierter AHV-Fonds generiert höhere Erträge und reduziert die Abhängigkeit von laufenden Einnahmen.» Das stärke das Vertrauen in das System und entlaste kommende Generationen.

Immerhin: 44 Prozent der Befragten sprechen sich für höhere Bundesbeiträge aus – wohl auch mit dem Hintergedanken, dass so das eigene Portemonnaie geschont wird. Solange man kein Subventionsempfänger ist! 

Länger arbeiten, wenn Bedingungen stimmen

Ein weiterer Reformvorschlag könnte die AHV ebenfalls finanziell entlasten: die Flexibilisierung des Rentenalters – dafür sprechen sich über zwei Drittel der Befragten aus. Klar abgelehnt werden dagegen eine einmalige Erhöhung des Rentenalters – zum Beispiel auf 67 Jahre – oder eine schrittweise Erhöhung im Einklang mit der steigenden Lebenserwartung. 

Brandes präzisiert: «Flexibel heisst nicht einfach nur früher in Rente gehen. 70 Prozent sind wirklich bereit, länger zu arbeiten – wenn die Rahmenbedingungen stimmen.» Dafür brauche es ein Umdenken bei den Angestellten und in den Chefetagen: «Wir müssen uns von der Fixierung auf Rente mit 65 lösen. Jeder soll selber bestimmen können, wann er oder sie genug gearbeitet hat», sagt Brandes. Einzig die finanziellen Konsequenzen gelte es abzuschätzen: Wer früher geht, erhält weniger Rente. Wer länger arbeitet, entsprechend mehr.

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