Darum gehts
- Winterthurer Dauercamper wehren sich gegen Umbau des Campingplatzes Schützenweiher
- Geplanter 4-Sterne-Camping mit Glamping-Unterkünften stösst auf Widerstand
- Über 800 Unterstützer für IG Camping gegen 6,9-Millionen-Franken-Projekt
Der Schützenweiher in Winterthur ZH gilt als beliebtes Ausflugsziel am Wochenende. Spaziergänger kehren im dortigen Restaurant gerne ein, um sich mit einem Kühlgetränk oder einer Glace zu erfrischen – mit schönem Blick auf den Weiher. In friedlicher Co-Existenz verbringen gleich nebenan die Gäste des Campingplatzes Schützenweiher ihre Freizeit. Idylle pur, könnte man meinen. Doch die Harmonie trügt: Die Dauercamper sind aufgebracht. Sie wehren sich gegen die städtischen Pläne für das Naherholungsgebiet im Winterthurer Quartier Rosenberg – und das mit zunehmender Unterstützung, wie der «Landbote» berichtet.
Stein des Anstosses sind die Pläne für den Campingplatz. Dieser soll für 6,9 Millionen Franken zu einem 4-Sterne-Camping aufgewertet werden – unter anderem sind rund zehn Unterkünfte im «Glamping»-Stil vorgesehen. «Glamping» ist eine Wortschöpfung aus Glamour und Camping und steht für die Luxusvariante des Campens.
Der Touring Club Schweiz (TCS) soll dann als neuer Pächter übernehmen. Der Umbau hat harte Konsequenzen für die treuesten Gäste. Dauercampen ist künftig nicht mehr zugelassen. Rund 50 Dauergäste verlieren laut dem Bericht ihre Heimat.
800 Unterstützende für Kampf der Dauergäste
Einige von ihnen kämpfen nun für ihr Zuhause: Walter Fallegger und Monika Rüegg und ihr einstiger Wohnwagennachbar Jean-Pierre Wollenschläger haben die «IG Camping» gegründet. Mit dieser setzen sie sich gegen den geplanten «Luxusplatz für Glamping-Reisende» ein, wie die drei Camper in einem offenen Brief schreiben. Sie anerkennen, dass der Campingplatz erneuert werden müsse – «aber bitte etappenweise, mit Augenmass und in einem vernünftigen Kostenrahmen», heisst es im Schreiben weiter. Sie befürchten, dass die Preise nach dem Lifting steigen werden. «Camping für alle» stehe auf dem Spiel. Deshalb fordern sie laut dem «Landboten», dass der Campingplatz für 2 Millionen Franken «sanft» saniert und erweitert wird – natürlich mit ihnen als Teil der Lösung.
Die drei Vorkämpfer sind in ihrem Widerstand nicht mehr alleine. Mittlerweile haben sich über 800 Unterstützerinnen und Unterstützer bei der IG eingetragen, wie die Zeitung berichtet. Die Kampagne in den sozialen Medien habe wegen des Andrangs gestoppt werden müssen. Gleichzeitig ist auch die Politik aktiv geworden. Eine Allianz aus EVP, Grünen und FDP reichte vor gut zwei Wochen einen Vorstoss im Winterthurer Stadtparlament ein. In der Interpellation stellen sich die drei Parteien hinter das Anliegen der Dauercamper, auch künftig beim Schützenweiher leben zu dürfen.
Aufgewühlte Dauercamper auch am Neuenburgersee
Der Knatsch in Winterthur erinnert an den Fall beim Campingplatz La Nouvelle Plage in Estavayer-le-Lac FR. Auch dort steht ein Umbau zu einem 4-Sterne-Camping an – bis Ende 2026 soll er abgeschlossen sein. Und auch dort verlieren Dauercamper ihr Zuhause. Ihre Parzellen werden zusammengestrichen – von heute über 100 auf rund 20. «Für uns bricht gerade eine Welt zusammen», sagte die Bernerin Jolanda Graber (62) im August 2024 zu Blick. Sie und ihr Ehemann Roland Graber (64) verbringen seit über 40 Jahren den Sommer auf dem Camping am Ufer des Neuenburgersees. Doch damit ist Ende Jahr Schluss.
Den Auftrag für den Umbau und den Betrieb des Campings in Estavayer-le-Lac hat die Gemeinde ebenfalls dem TCS vergeben, dem mit 25 Plätzen grössten Schweizer Campingbetreiber. Den Frust der langjährigen Camperinnen und Camper könne er verstehen, sagte Oliver Grützner vom TCS damals gegenüber Blick. Und weiter: «Campingplätze sind keine Feriendörfer für Pensionäre mehr. Wir müssen mit der Zeit gehen.» Viersternecampings seien bei den gestiegenen Ansprüchen der Touristen heute Standard. Glamping ist im Trend – was in Winterthur nicht bei allen gut ankommt.