Darum gehts
- Preiskampf im Detailhandel: Bauernverband kritisiert Preisdumping bei Lebensmitteln
- Detailhändler behaupten, Preissenkungen selbst zu finanzieren, ohne Druck auf Produzenten auszuüben
- Schweizer geben durchschnittlich nur 6,2 Prozent ihres Einkommens für Lebensmittel aus
Die Konsumentinnen und Konsumenten freut es: Die Detailhändler fechten einen Preiskampf aus. Aldi hat in den letzten Monaten erst beim Brotpreis und zuletzt beim Frischfleisch vorgelegt. Die Konkurrenz aus Migros, Coop, Lidl und Denner zog nach. Sehr zum Leidwesen des Schweizer Bauernverbands (SBV). Der geht am Freitag in die Offensive: «Schluss mit dem Preisdumping bei Lebensmitteln!», prangert er die Preispolitik der Detailhändler in einer Medienmitteilung an.
«Die insbesondere von Aldi angeheizten unsinnigen Preissenkungen im Detailhandel führen zu einer unhaltbaren Situation. Sie führen zu Preisdruck auf die Produzenten, beim Brotmehl und Getreide ist er bereits spürbar», sagt SBV-Direktor Martin Rufer (48) zu Blick.
SBV sieht grosse Gefahr für Bauern
Ein Pfund Brot für 99 Rappen, eine Flasche Chasselas Romand für 2.19 Franken oder nachhaltiges Fleisch mit riesigen Rabatten: Dem SBV werden die Lockvogelangebote in den Läden zu bunt. «Alle behaupten, diese Preissenkungen selbst zu finanzieren und keinen Druck auf Lieferanten und die landwirtschaftlichen Produzenten auszuüben», schreibt der Verband. Einige Rückmeldungen von Landwirten bereiten dem Bauernverband jedoch Sorgen.
Der SBV sieht eine grosse Gefahr, dass der Preisdruck auf breiter Front durchschlägt: erst von den Grossverteilern zu ihren Lieferanten und von diesen dann weiter zu den Bauern. Die Detailhändler sollen ihr Versprechen einhalten, dass der Preiskampf nicht auf dem Rücken der Bauern ausgetragen werde, fordert der Bauernverband deshalb.
Die Einkommen der Bauern sind gemäss Dachverband mit 17 Franken pro Stunde bereits heute zu tief. Es sei daher dringend notwendig, diesen Abwärtstrend zu stoppen. Die Konsumentinnen und Konsumenten in der Schweiz geben heute im Schnitt nur 6,2 Prozent ihres Einkommens für Lebensmittel aus. «Dieses Preisdumping gefährdet die nachhaltige Produktion und damit das Tierwohl und die Ökologie in den Schweizer Landwirtschaftsbetrieben», sagt Bauerndirektor Rufer.
Das sagen die Detailhändler
Doch was sagen die Detailhändler zu den Vorwürfen? Bei Aldi betont man auf Anfrage, «dass günstige Preise für Konsumentinnen und Konsumenten sowie verantwortungsvolle Bedingungen für Produzenten kein Widerspruch sind». Der Schweizer Markteintritt von Aldi habe die Situation für die Landwirte verbessert, da diese eine Alternative zum Duopol von Migros und Coop hätten.
«Wir können die Befürchtungen seitens des SBV nicht nachvollziehen, da wir uns an Abmachungen halten und ein gutes Verhältnis zur Schweizer Landwirtschaft pflegen», schreibt ein Migros-Sprecher. Die Tiefpreisstrategie werde durch Effizienzsteigerungen ermöglicht, «ohne die Produzentenpreise zu drücken». Bei Coop heisst es, dass man die Produzenten fair und marktgerecht bezahle.
Lidl spielt den Ball in der Antwort zurück zu Aldi. Man stosse keine Preiskämpfe in Segmenten wie Fleisch oder Brot an, da dies langfristig negative Auswirkungen auf die vor- und nachgelagerten Wertschöpfungsprozesse haben könnte. Man differenziere sich klar von Mitbewerbern, «die den Druck auf die Landwirtschaft unnötig erhöhen», wird Nicholas Pennanen (39), Chef von Lidl Schweiz, in einer Medienmitteilung zitiert.