Darum gehts
- UBS erwägt Umzug in die USA wegen neuer Vorschriften
- Analyst Stalmann hält Wegzug für riskant und komplex
- Übernahme von Bank of New York oder PNC Financial Services ist unwahrscheinlich
Der Artikel löste einen Riesenwirbel aus. Vergangene Woche schrieb die «New York Post», die UBS erwäge den Umzug in die USA, um «lästige neue Vorschriften zu umgehen». Bestens bekannt ist, dass sich der Schweizer Bankenriese gegen ein neues Eigenkapital-Regime des Bundes wehrt. Manager der Bank bezeichneten die vorgeschlagene Neuregelung wiederholt als «extrem». Seitdem geistern immer wieder Wegzugszenarien durch die Medien.
Autonomous Research, ein Analyseunternehmen aus London, publizierte dazu eine brisante Einschätzung. Verfasst hat sie Stefan Stalmann, ein ebenso bekannter wie gefürchteter Finanzanalyst. Er war es, der als einer der Ersten auf das zu geringe Eigenkapital der Credit Suisse hingewiesen hatte. Dieses Loch war verantwortlich dafür, dass die CS ihre Tochtergesellschaften in den USA nicht abstossen konnte, weil im Stammhaus zu wenig Kapital zur Verfügung stand. Dieser Mangel wurde zu einem Hauptgrund für die Pleite der Bank.
Plan B oder Plan C
Die Berichte von Autonomous sind nicht öffentlich, zirkulieren aber in Investorenkreisen. Auf eine Zeile zusammengefasst lautet Stalmanns Urteil über das Wegzugszenario: «Not buying it» – das glauben wir nicht. «Die UBS könnte durchaus Optionen für einen Umzug in die USA prüfen, (...) aber wir glauben, dass dies ein Plan B oder C als Reaktion auf die sich ändernden Schweizer Kapitalanforderungen wäre», schreibt der Analyst. «Wir halten auch an unserer Ansicht fest, dass ein Umzug riskant und komplex wäre.»
Die «New York Post», nicht gerade für Recherchen aus der Welt der Wall-Street-Banken bekannt, nannte zwei mögliche Übernahmekandidaten, mit denen die UBS im Gespräch sein soll: die Bank of New York und PNC Financial Services. Autonomous hält deren Kauf durch die Schweizer Grossbank allerdings für sehr unwahrscheinlich, da diese Banken die Finanzkraft der UBS «einfach überstrapazieren» würden.
Gemäss Autonomous würde ein Umzug in die USA viele neue Probleme schaffen. Stalmann geht in seiner Darstellung auf komplexe technische Finessen ein, die eine Standortverlagerung nicht sehr attraktiv erscheinen lassen. So könne die UBS nicht einfach ihren Holdingsitz nach New York verlegen. Sie müsste eine umfassende Umstrukturierung vornehmen und sogar Teile ihres Stammhauses sowie ihrer Tochtergesellschaften und Niederlassungen in die USA verlagern. Am Schluss wäre nichts gewonnen: «Leider könnte dies zu Kapitalfolgen führen, die den in den vorgesehenen Massnahmen ähneln – nämlich dem vollständigen Abzug ausländischer Tochtergesellschaften ins Stammhaus.»
Neue Vorschriften akzeptieren
Analyst Stalmann ist der Ansicht, dass es für ihre Aktionäre besser wäre, wenn die UBS die vorgeschlagenen Vorschriften «akzeptiert und konsequent in den Modus der Risikobegrenzung übergeht» – anstatt die bislang verfolgte Strategie des «Ablehnens und Hinauszögerns» fortzuführen. Dies gelte umso mehr, wenn man die Risiken und Nebenwirkungen einer Verlagerung des Hauptsitzes oder teure und strategisch fragwürdige Übernahmetransaktionen hinzurechne.
Ein Sprecher der Bank verwies auf frühere Aussagen von Sergio Ermotti (65) in einem Bloomberg-TV-Interview: «Wir wollen weiterhin als erfolgreiche globale Bank mit Sitz in der Schweiz tätig sein.» Noch will die UBS nicht in den Modus der Risikobegrenzung schalten: «Es ist definitiv zu früh, um zu möglichen Szenarien und zu Reaktionen Stellung zu nehmen», sagte Ermotti im Interview. Die Bank bleibe optimistisch, dass sich eine «vernünftige Lösung» finden lasse.