Darum gehts
Zum 1. Juli wird der Titel von Martin Hoffmann um zwei Buchstaben kürzer: Der Co-CEO des Sportartikelherstellers On wird dann alleiniger CEO, weil der langjährige Mitstreiter Marc Maurer die Firma verlässt. Gemeinsam hatten die beiden On im letzten Jahrzehnt vom kleinen Start-up zu einem an der New Yorker Börse kotierten Milliardenkonzern mit über 3700 Mitarbeitern aufgebaut, Tendenz stark wachsend, und der Schweiz 40 Jahre nach Lancierung der Swatch wieder eine Lifestylemarke mit globaler Strahlkraft verschafft.
Mit dem Abgang Maurers normalisiert sich das bisher äusserst ungewöhnliche Führungsmodell von On (zwei CEOs, drei Executive Chairmen) wenigstens ein kleines bisschen. Bisher hat sich der 46-jährige Hoffmann primär um Finanzen und Firmenkultur gekümmert, jetzt kommen Beschaffung und Verkauf hinzu – Themen, die ihm eigentlich bisher weniger lagen. Hauptaufgabe wird sein, die Organisation auf die neue Grösse auszurichten, die gegenwärtigen Wachstumsschmerzen zu kurieren und bei all dem den Firmenspirit beizubehalten. Einen neuen Finanzchef muss er natürlich auch noch finden.
Das darüberliegende Ziel bleibt für Hoffmann unverändert: On zur grössten Premium-Sportmarke der Welt aufzubauen. Derzeit belegt man Platz neun.
Die Mitstreiter
Die drei Firmengründer David Allemann, Caspar Coppetti und Olivier Bernhard sprechen als Executive Chairmen operativ noch immer ein gewichtiges Wörtchen mit: Allemann, in einem früheren Leben Werber, kümmert sich um Design, Marketing und Produktreviews, Coppetti, diplomierter Sportmarketingexperte, ist stark im Thema Nachhaltigkeit engagiert, Bernhard, ehemaliger Triathlet, stösst viele Produktinnovationen an. Einer der ersten Investoren war Marc Lemann, Sohn von Bierkönig Jorge Lemann – der in Rapperswil SG Nachbar von Tennislegende Roger Federer ist. Dieser ist ebenfalls ein früher Investor, hilft bis heute bei der Kollektionsentwicklung mit und amtet als Markenbotschafter. Ebenfalls Ambassadoren, allerdings für eine jüngere Zielgruppe, sind die US-Schauspielerin Zendaya sowie die britische Musikerin FKA Twigs. Auch Iga Swiatek, die ehemalige Nummer 1 der Tennis-Weltrangliste (derzeit belegt sie Platz 5), tritt in On-Schuhen an. Hellen Obiri gewann in On-Schuhen zweimal den Boston Marathon und holte bei den Olympischen Spielen in Paris die Bronzemedaille über die 42,195 Kilometer.
Die Familie
Martin Hoffmann stammt aus Thüringen in der damaligen DDR, beim Mauerfall war er zehn Jahre alt. Seine Mutter war Lehrerin für Kunst und Mathematik, der Vater als Mathematiker tätig. Bruder Heiner Hoffmann arbeitet als Korrespondent für das Nachrichtenmagazin «Der Spiegel» in Nairobi. Seine Ehefrau Kathrin lernte Hoffmann bereits in jungen Jahren kennen, später arbeiteten sie gemeinsam bei Valora und On. Heute haben die beiden zwei Töchter im Primarschulalter. Sie wohnen im Kanton Zug, zusätzlich hat die Familie eine Wohnung im Engadin. Dort geht Hoffmann seiner Leidenschaft, dem Langlauf, nach. Ausserdem hat er mehrere Ironmen und Marathons sowie mit Co-Gründer Caspar Coppetti und zwei weiteren Kollegen von On das achttägige Mountainbike-Rennen Cape Epic in Südafrika absolviert.
Die Karriere
Hoffmann hat in Kaiserslautern Wirtschaftsingenieurwesen mit Schwerpunkt Informatik studiert – nicht der klassische Weg für einen CFO bzw. CEO. Danach war er rund sieben Jahre bei der Beratungsfirma C-Tcon Management Consultants tätig, davon mehr als die Hälfte der Zeit auf Projekten in Asien und Amerika. Dabei spezialisierte er sich auf Finanzzahlen und Firmenkultur. 2009 unternahm er eine dreimonatige Fahrradreise durch Südamerika, danach wechselte er zu Valora als Finanzchef der Retailsparte. Schon dort fiel er als zielstrebig, pragmatisch und gut organisiert auf. Er bildete mit Marc Maurer, seinem späteren Co-CEO bei On, und VR-Präsident Franz Julen eine Arbeitsgruppe, welche die Franchiseverträge für Avec, K-Kiosk etc. ausarbeitete. Mit dem damaligen CEO Thomas Vollmoeller und dem heutigen CEO Michael Mueller verbindet Hoffmann bis heute ein freundschaftliches Verhältnis. 2012 wechselte Maurer als COO zu On und holte Hoffmann rund ein Jahr später als Finanzchef und Mitarbeiter Nummer 22 nach. Von 2015 bis 2017 lebte Hofmann mit der Familie in Portland, um den US-Markt aufzubauen. Ab 2021 teilte er sich mit Maurer den CEO-Posten, nun übernimmt er ihn alleine. Zudem sitzt Hoffmann im VR des Kinderkleiderherstellers Namuk, zusammen mit Werberin Regula Bührer Fecker.
Die Gegenspieler
Die wichtigsten Gegenspieler Hoffmanns auf dem Markt sind Arthur Höld, der zum 1. Juli beim krisengeschüttelten deutschen Konkurrenten Puma anfängt, Elliott Hill, der den US-Konzern Nike aus der Krise zu steuern versucht, sowie Bjørn Gulden, der Adidas langsam aus der Krise führt. Wenig Freude macht Hoffmann US-Präsident Donald Trump: Dessen am «Liberation Day» auferlegte – und zwischenzeitlich ausgesetzte – Einfuhrzölle treffen On hart. Lässt die Firma doch, wie die ganze Branche, seit 2013 in Vietnam produzieren, das zusätzlich zum Basiszoll von 10 Prozent mit weiteren Strafzöllen von 46 Prozent belegt wird. Inzwischen wird zudem ein kleinerer Teil des Sortiments in Indonesien hergestellt. Das ist mit 32 Prozent Strafzoll nur wenig besser dran.
Die Denker
Dass ein Finanzchef einen so starken Fokus auf Unternehmenskultur und Leadership setzt, ist eher ungewöhnlich und findet auch international Anerkennung. Für sein Wirken in diesen Bereichen wurde Martin Hoffmann – zusammen mit Marc Maurer – kürzlich ausgezeichnet mit der Aufnahme in die Liste der «Thinkers50», auch bekannt als «The Oscars of Management Thinking» («Financial Times»). Dort trifft Hoffmann auf internationale Grössen wie Microsoft-Chef Satya Nadella, Hermès-CEO Axel Dumas, Timotheus Höttges, CEO der Deutschen Telekom, Jane Fraser, CEO Citigroup, Hyundai-Lenker Jay Chang, Accenture-Chefin Julie Sweet oder Mary Barra, CEO des Autoriesen General Motors. Wobei das «trifft auf» durchaus wörtlich zu nehmen ist: Die Zusammenkunft – ein zweitägiger Event inklusive Gala-Nacht – ist für Anfang November in London angesetzt.