Darum gehts
- Hohe Zuwanderung prägt Schweizer Immobilienmarkt
- Zugewanderte bleiben zum Grossteil Mieter
- Sie sind jünger, kinderreicher und bevorzugen Städte
In den letzten drei Jahren ist die Schweizer Bevölkerung rasant gewachsen. Grund dafür ist nicht etwa eine hohe Geburtenrate, sondern die ausserordentlich hohe Zuwanderung. Diese kam nicht von ungefähr. Die Schweiz brauchte dringend Arbeitskräfte.
Der Beschäftigungsboom von 2022 bis 2024 sorgte für einen akuten Fachkräftemangel. Die Schweiz holte in dieser Zeit durchschnittlich 75'000 zusätzliche Arbeitskräfte pro Jahr ins Land. Das schreibt der Immobilienberater Wüest Partner in seiner neuen Studie. Zudem suchten fast 63'000 Geflüchtete aus der Ukraine hierzulande Zuflucht.
Zuzüger bevorzugen die Stadt
Die Zuwanderung ist wichtig für die Schweizer Wirtschaft – auch wenn sie viele als Bedrohung sehen. Doch die Migration birgt auch Risiken. Das jährliche Immo-Monitoring von Wüest Partner zeigt erstmals, wie stark die Zuwanderung der letzten Jahre den Schweizer Immobilienmarkt geprägt hat. Sie führt zu einer höheren Nachfrage nach Mietwohnungen, aber auch indirekt nach Wohneigentum.
«Ausländische Haushalte bevorzugen bei der Wohnungssuche urbane Räume», sagt Robert Weinert (45) von Wüest Partner. Rund zwei Drittel möchten in Städten oder Agglomerationen wohnen. Bei den Wohnpräferenzen gibt es Unterschiede: Zuzüger wollen in der Nähe ihres Arbeitsplatzes wohnen. Ihnen sind gute Verkehrsanbindung und Schulen im Quartier wichtig. Schweizer Haushalte legen mehr Wert auf Nachhaltigkeit und Kulturangebot.
Die meisten bleiben Mieter
Den höchsten Wanderungssaldo im Verhältnis zur Bevölkerungszahl verzeichnete 2024 der Kanton Genf mit 1,9 Prozent. Beim Wanderungssaldo handelt es sich um die Differenz zwischen Zuwanderern und Wegzügern. Auch die Kantone Wallis, Basel-Stadt, Schaffhausen, Neuenburg und Zürich lagen über dem Schweizer Durchschnitt.
Die meisten Ausländer leben in Mietwohnungen. Die Wohneigentumsquote bleibt bei Zuzügern niedrig: Gerade mal 12,3 Prozent besassen laut der Studie 2023 Wohneigentum. Bei Schweizer Haushalten sind es im Vergleich dazu 44,1 Prozent. Ausländische Haushalte beanspruchen mit 1,4 Zimmern pro Kopf zudem weniger Wohnfläche. Schweizer beanspruchen im Schnitt 1,9 Zimmer pro Kopf.
Die Analyse von Wüest Partner zeigt, dass die Zuwanderung den Schweizer Immobilienmarkt stark prägt. Zugewanderte sind jünger, kinderreicher, wohnen meist zur Miete und ziehen häufiger um. Dies erhöht die Nachfrage und den Preisdruck, insbesondere in den Städten sowie deren Agglomerationen.
Darum steigen auch die Häuserpreise
Die Migration führt zu einer höheren Nachfrage nach Mietwohnungen. Aber sie hat auch Auswirkungen auf den Eigenheimmarkt. Denn obwohl Zuzüger vorwiegend mieten, kaufen gut verdienende Haushalte nach einigen Jahren Wohneigentum oder auch Ferienwohnungen. Der steigende Druck auf den Mietmarkt führt zudem dazu, dass ein Teil der Bevölkerung kauft statt mietet. So kurbelt die Migration die Nachfrage nach Eigentumswohnungen und Einfamilienhäusern indirekt an.
Laut Wüest Partner verteuert ein Bevölkerungsplus von einem Prozent Einfamilienhäuser um 0,88 Prozent und Stockwerkeigentum um 1,37 Prozent. Bei den Mieten führt ein Bevölkerungswachstum von einem Prozent zu einem Anstieg der Angebotsmieten um etwa ein Prozent.
Migration ist nicht das Problem
Weinert betont jedoch, dass die Einwanderung nur ein Preistreiber unter vielen ist. «Für Wohneigentum sind unter anderem Hypothekarzinsen und Wirtschaftswachstum ausschlaggebender», sagt der Immobilienexperte. Im Mietsegment hätten der Referenzzinssatz und die Leerwohnungsziffer einen grösseren Einfluss auf die Preise.
«Die Migration beeinflusse zwar die Preisbildung, sie ist aber nicht die Ursache dafür», sagt der Experte. Denn der Grossteil der Zuwanderung ist eine Folge der florierenden Wirtschaft. «Letztendlich ist die Wohnungsnot ein Wohlstandsproblem», sagt er. Das zeige auch ein Blick ins Ausland. Andere Länder mit Wohnungsnot – wie Luxemburg, Norwegen oder Irland – haben dasselbe Problem. Auch sie haben eine florierende Wirtschaft, auch bei ihnen ist der Platz begrenzt.