Pariser Traumfinal: Titelverteidiger gegen Weltnummer eins
Nur Alcaraz kennt das Rezept gegen «Roboter Sinner»

Wehtun konnte Jannik Sinner in jüngster Vergangenheit nur einer – und der wartet nun im Endspiel der French Open auf ihn. Carlos Alcaraz hat schon so manche vermeintliche Sinner-Party gecrasht.
Publiziert: 07.06.2025 um 20:24 Uhr
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Aktualisiert: 07.06.2025 um 21:53 Uhr
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Achtung, es kracht gleich: Jannik Sinner holt in Paris zu einer Rückhand aus.
Foto: Getty Images

Darum gehts

  • Jannik Sinner und Carlos Alcaraz treffen im French Open-Final aufeinander
  • Alcaraz führt im direkten Vergleich mit 7:4 Siegen gegen Sinner
  • Sinner hat seit letztem August nur zweimal verloren
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Marco PescioReporter Sport

Jannik Sinner (23) ist durch die French Open gedüst wie die Videospielfigur «Luigi», der er gleicht. Der Vergleich, den er wegen seines grün-blauen Outfits im Übrigen selbst angestellt hat und den er bei jeder Erwähnung mit einem Schmunzeln quittiert, hat ihn das gesamte Turnier über begleitet. Genauso wie das Staunen der Beobachter über die Power, Präzision und Explosivität, die er in seinen Matches an den Tag legt. Keinen einzigen Satz hat Sinner auf dem Weg in den Traumfinal gegen Rivale Carlos Alcaraz (22) abgegeben. Für die Konkurrenz war er unerreichbar. Schlicht zu gut. Selbst für einen wiedererstarkten Novak Djokovic, der im Halbfinal wirklich alles aus seinem 38-jährigen Körper herausholte. 

Sinner fegt seine Gegner mit Bällen von wahnsinniger Kraft vom Platz. Gleichzeitig zeigt er sich in Paris physisch noch stärker, als er ohnehin schon war. Von der abgesessenen, dreimonatigen Dopingsperre im Frühjahr ist er fitter, muskulöser und geschmeidiger denn je zurückgekehrt. Bei ihm wirkt es, als würde er auf dem Platz von Ecke zu Ecke carven, als gäbe es nichts Einfacheres. Wie ein Riesenslalom-Ass, das er als kleines «Biabl» im Südtirol ja auch tatsächlich war. Jeden Richtungswechsel nimmt er mit spielerischer Leichtigkeit hin, genauso wie er für Geschosse seiner Widersacher jeweils eine noch wuchtigere Antwort parat hat.

«Schaute nicht gerade gut für mich aus»

Sinner wirkt an den French Open unantastbar. Und schon früh fragte man sich: Wer soll den Weltranglistenersten auf dem Weg zu seinem ersten Roland-Garros-Titel stoppen? Nun, die Antwort konnte die ganze Zeit eigentlich nur Alcaraz heissen. Der Spanier, Paris-Titelverteidiger und aktuell die Nummer zwei der Welt, beweist übers Jahr gesehen zwar ein kleines bisschen weniger Konstanz. Doch er zeigt sich bislang als Einziger unbeeindruckt von Sinners Machtdemonstrationen. «In den Direktduellen mit Carlos schaute es zuletzt nicht gerade gut für mich aus», sagt der Italiener mit einem Lachen, «es wird ganz schön hart.»

Was die bisherigen Begegnungen anbelangt, führt Alcaraz mit 7:4 Siegen. Und noch brisanter: Die letzten vier Duelle – zwischen März 2024 und Mai dieses Jahres – gingen alle zugunsten des Mannes aus Murcia aus. Erst Mitte Mai gab er im Final von Rom den Spielverderber bei der in der italienischen Hauptstadt riesig inszenierten Rückkehr von Sinner. Es war dessen erster grosser Auftritt nach dem Dopingwirbel, der sich mittlerweile etwas gelegt hat. Viele in der Szene glauben an die Unschuld des seriösen, netten Kerls aus den Bergen, der im Vorjahr positiv auf eine minimale Menge des Steroids Clostebol getestet wurde, die laut eigenen Aussagen über eine Massage in seinen Körper gelangt sein soll. Bei einer breit angelegten Untersuchung der Welt-Anti-Doping-Agentur (Wada), bei der weitere ältere Proben unter die Lupe genommen wurden, fanden die Ermittler nichts. Doch nicht wenige auf der Tennis-Tour monieren, Sinner habe eine Vorzugsbehandlung beim Strafmass erhalten.

«Roboter» gegen Künstler

Während andere polterten, verzichtete Alcaraz auf die grosse Wada-Schelte und auch gegenüber Sinner persönlich äusserte er keine öffentliche Kritik. Es passt zur stets respektvollen Rivalität zwischen den beiden Youngsters, die das Männertennis seit eineinhalb Jahren dominieren.

Alcaraz bringt nicht weniger Wucht als Sinner auf den Platz, doch er versteht es besser als Sinner, den Showman zu geben. Er liebt es, zwischendurch künstlerische Einlagen einzustreuen. Wirkt Sinner manchmal wie eine Maschine oder ein «Roboter», wie Alexander Bublik (27) meinte, ist Alcaraz eine Mischung aus brutalem Tempo und einem Jungen, der einfach nur spielen möchte.

Sowohl Alcaraz (vier Major-Siege) als auch Sinner (drei) haben jeweils noch keinen Grand-Slam-Final verloren – auf dem Court Philippe-Chatrier wird heute Nachmittag (nicht vor 15 Uhr) also eine Superstar-Serie reissen. Das Momentum spricht für einen Sieg von Sinner, weil Alcaraz in Paris mit vier Viersätzern mehr Höhen und Tiefen hatte. Doch in seinem Hinterkopf wird der Fakt sein, dass bei seiner irrwitzigen Statistik von 48:2 Siegen seit letztem August die beiden einzigen Niederlagen nur gegen einen erfolgten: Carlos Alcaraz.

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